Neues Konzept von Stadt und Landkreis zur Hilfe bei psychischen Belastungen

„Unterstützung, wenn manchmal die Kraft fehlt“

Vize-Landrat Frederik Schmitt (links) und Fuldas Bürgermeister Dag Wehner werben dafür, das Projekt FAEHRE zu nutzen. Foto: Sebastian Mannert

FAEHRE heißt ein neues Konzept, das Stadt und Landkreis Fulda gemeinsam mit dem Gesundheitsnetz Osthessen (GNO) ins Leben gerufen haben. Damit sollen Familien angesprochen werden, die sich aufgrund einer psychischen Belastung oder Erkrankung der Eltern Unterstützung für ihre Kinder wünschen. „Wir wollen damit die Kinder in den Blick nehmen, die im Alltag phasenweise stark gefordert sind, und dabei helfen, den gesamten Familienverbund zu entlasten“, sagen die beiden Sozialdezernenten, Bürgermeister Dag Wehner und Vize-Landrat Frederik Schmitt.

Der Begriff FAEHRE hat einen vielbuchstabigen Hintergrund (Fuldaer Anlaufstelle für Eltern mit psychischen Belastungen zur Vermittlung von Hilfen für ihre Kinder in der Region) und eine klare Bedeutung – nämlich im Wortsinn eine Fähre zu sein, die zwei Hilfesysteme verbindet wie zwei Ufer eines Flusses. Das bedeutet im Kern: Die psychiatrische Versorgung von Vätern oder Müttern soll auch deren Familien und insbesondere deren Kinder unterstützen. Das geschieht bei Bedarf und auf Wunsch der Eltern. „Wir wissen aus Erfahrung, dass sich Väter und Mütter, die sich in psychiatrischer Behandlung befinden, nicht selten Vorwürfe machen, weil ihnen manchmal die Kraft fehlt, für ihre Kinder so da zu sein, wie sie es sich selbst wünschen“, sagt Stefan Mölleney, Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Senioren der Stadt Fulda. In einer solchen Situation außerdem den Überblick über die zahlreichen Hilfsangebote zu behalten, sei ebenfalls nicht leicht. Genau dort setzt das Konzept FAEHRE an, verbindet die Hilfe für Eltern mit der Hilfe für Kinder und ist damit Anlegestelle für ratsuchende Familien.

Etwa anderthalb Jahre hat eine Arbeitsgruppe mit Akteuren aus Stadt und Landkreis das Konzept entwickelt, das auf der Fragestellung basiert: Wie kann es gelingen, dass Familien, in denen ein Erwachsener psychisch erkrankt ist, auch von den Angeboten der Jugendhilfe profitieren? Der Hintergrund ist die Beobachtung, dass die Zahl der Familien steigt, die die Herausforderungen einer psychischen Erkrankung meistern müssen – und ihnen dabei ganz unterschiedliche innerfamiliäre Hilfen zur Verfügung stehen. Oder eben auch keine. Nicht jeder kann auf Großeltern, Geschwister oder andere nahestehende Personen zurückgreifen, die im Alltag unterstützend zupacken oder begleiten.

Daraus entstand schließlich die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsnetz Osthessen (GNO) und dem Fuldaer Bündnis gegen Depression, bei der Dr. Ulrich Walter, Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut, auch Erfahrungen des von ihm initiierten Programms kids2day einbrachte. Am Ende stand die Idee FAEHRE: Ärzte, Berater oder Therapeuten informieren Patienten bei Bedarf über diese Hilfe, die sie freiwillig annehmen können. In diesem Fall erhalten die Ratsuchenden durch ihren Arzt den Kontakt zum Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) des Kreisgesundheitsamtes. Dieser meldet sich zunächst telefonisch, spätere Treffen können je nach Wunsch der Patienten mit oder ohne Arzt in dessen Praxis oder auch bei der Familie zu Hause stattfinden. „Unsere Fachkräfte im SpDi sind erfahren in der Beratung von Familien mit unterschiedlichen Belastungen“, sagt Petra Sander, Psychiatriekoordinatorin des Landkreises, und ergänzt: „Wir loten dann aus, welche Unterstützung die Familie benötigt und wo sie diese am besten am Wohnort finden kann.“ In der Stadt Fulda gibt es sechs Familienlotsen, die mit Familien eruieren, wo diese mit ihren speziellen Herausforderungen am besten andocken kann. Manchmal entlastet bereits eine Hausaufgabenbetreuung die Familie, manchmal hilft ein Gespräch in der Erziehungsberatungsstelle oder die Kontaktaufnahme mit einem Verein.

„Wir möchten Familien in ihren besonderen Lebenslagen unterstützen. Wer psychisch belastet ist, depressive Phasen hat oder Angstzustände bewältigen muss und darüber hinaus Schuldgefühle hat, weil zeitweise die Kraft für die Erziehungsaufgabe ausgeht, der soll sich darauf verlassen können, dass er Hilfe erhält“, sagt Frederik Schmitt. +++ pm

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