Neuer KMK-Präsident will Kampf gegen Analphabetismus verstärken

Lorz will höhere Azubi-Löhne

Der Hessische Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz

Der neue Präsident der Kultusministerkonferenz, der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU), hat angekündigt, den Kampf gegen den Analphabetismus zu verstärken: „In der Schule muss die Diagnosefähigkeit der Lehrer in der Aus- und Weiterbildung massiv ausgebaut werden – deshalb wird die Förderung der Bildungssprache Deutsch auch Schwerpunkt meiner KMK-Präsidentschaft“, sagte Lorz dem „Handelsblatt“.

In Hessen habe die neue schwarz-grüne Koalition deshalb gerade vereinbart, „dass wir pro Woche eine Stunde Deutsch in den Grundschulen mehr unterrichten wollen“. Es gehe aber nicht nur um die Grundschulen: „Auch die Lehrer in der Sekundarstufe I müssen besser geschult werden“, um massive Leseschwächen zu erkennen. Hintergrund ist, dass es nach der einzig dazu existierenden Studie in Deutschland sieben Millionen „funktionale Analphabeten“ gibt, die so schlecht lesen, dass sie massive Probleme im Beruf und im Privatleben haben. „Das hat auch mich erschüttert“, so Lorz. Generell hätten diese funktionale Analphabeten in der Regel aber „alle einmal lesen und schreiben gelernt, nur eben schlecht“. Im Beruf entstehe dann „ein Teufelskreis aus Vermeidung und fehlender Übung“. Das Problem seien aber „weniger fehlende Alphabetisierungskurse als vielmehr das Tabu und die Scham der Betroffenen“. Hessen habe daher „einen motivierenden Kinospot produziert, für den wir sogar den Turn-Olympiasieger Fabian Hambüchen gewonnen haben“. Weil massive Leseschwäche im Beruf am ehesten auffällt, appellierte Lorz an die Wirtschaft, sich am Kampf gegen den Analphabetismus zu beteiligen: „Angesichts der Furcht vor Fachkräftemangel ist das Interesse in den Betrieben, solche Leute zu qualifizieren, heute hoffentlich größer.“ Für ausländische Azubis habe Hessen probehalber einen zweiten Berufsschultag für die Deutschförderung eingeführt. „Da waren nicht alle Unternehmen begeistert. Hier brauchen wir also noch einen Bewusstseinswandel.“

Schüler sollen nicht ständig mit Tablets arbeiten

Alexander Lorz (CDU), hat klargestellt, dass Laptops und Tablets in den Schulen auch künftig nur zusätzlich, aber keineswegs dauerhaft eingesetzt werden sollen: „Das Arbeiten mit Tablets muss ein Add-on bleiben, Schüler sollen nicht ständig damit arbeiten, sondern auch die klassischen Kulturtechniken wie die Handschrift weiterhin erlernen“, sagte Lorz dem Handelsblatt weiter. Außerdem sollten auch die Geräte der Schüler eingesetzt werden. Lorz gab sich zugleich optimistisch, dass Bund und Länder ihren Streit über den fünf Milliarden Euro schweren Digitalpakt beenden, sodass „ab dem Sommer“ Geld fließen könne. Dann gehe es jedoch zunächst „um den Aufbau einer passenden Infrastruktur wie Breitband, WLAN oder Whiteboards in den Klassen“, so Lorz. „Erst dann können wir uns um die Endgeräte kümmern.“ Es sei dann „durchaus sinnvoll, einen Satz anzuschaffen, mit dem Schüler abwechselnd arbeiten können“. Neben der Ausstattung räumte Lorz Defizite der Lehrer ein, mit der IT umzugehen: „Wir müssen natürlich an beiden Baustellen arbeiten“, sagte er. „Aber das braucht seine Zeit bei 800.000 Lehrern, die teils seit 30 Jahren unterrichten.“ Insgesamt hätten die Schulen die größten Aufgaben hier noch vor sich: „Auf einer Strecke von 100 Metern haben wir vielleicht 20 hinter uns. Die KMK hat sich vorgenommen, den Rest der Strecke bis Ende 2021 zu schaffen.“

Lorz will höhere Azubi-Löhne

Der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, Lehrlingen mehr zu bezahlen, wenn Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. „Die Unternehmen müssen sicherlich auch mehr Anreize wie eine bessere Vergütung bieten“, sagte der neue Präsident der Kultusministerkonferenz der Zeitung weiter. Die entsprechenden Informationen gebe man dann in der Schule gerne weiter. Die Kosten müssten an die Kunden weitergegeben werden. „Wenn man mehr Nachwuchs im Bäckerhandwerk braucht, müssen die Brötchen dann eben ein paar Cent mehr kosten dürfen“, so Lorz. Generell gelte es, am Ausbildungsmarkt „die Vermittlung zwischen Schule und Berufswelt zu verbessern“. Das könne jedoch die Schule nicht alleine leisten: „Die Wirtschaft muss konkreter deutlich machen, was sie mittelfristig braucht. Nur so können wir die passende Berufsorientierung organisieren.“ Um Bewerber und Betriebe geografisch zusammenzubringen, plädiert Lorz für billigere Transportm öglichkeiten. „So haben wir das in Hessen beispielsweise mit dem Landesticket für Schüler, Azubis und Studierende gemacht haben.“ Allerdings müsse die Politik dann dafür sorgen, „dass auch mehr Busse fahren“. +++