Neue Studie: Kinderarmut steigt in Hessen stark

Jeder fünfte Minderjährige ist betroffen

Kindesmissbrauch

In Hessen sind mehr Kinder arm als im deutschlandweiten Durchschnitt und die Armutsquote unter Minderjährigen steigt zudem deutlich stärker als in anderen Bundesländern. Das ist das Ergebnis einer Studie, die der Paritätische Wohlfahrtsverband heute veröffentlicht hat. Demnach ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen, die Quote lag in Hessen 2019 bei 21,9 Prozent, im Bundesmittel bei 20,5 Prozent. Vor allem der Trend ist in Hessen auffallend negativ: In keinem anderen westdeutschen Flächenland ist die Kinderarmut im vergangenen Jahrzehnt so sehr gewachsen wie in Hessen, nämlich um 6,6 Prozentpunkte seit 2010, deutschlandweit beträgt das Plus für diesen Zeitraum 2,3 Prozentpunkte. Die Studie warnt zudem vor einer aktuellen Verschärfung der Lage, die sich noch nicht aus den bisher vorliegenden Daten ablesen lässt: Die Corona-Pandemie belastet einkommensarme Familien besonders stark.

„Die Entwicklung in Hessen ist alarmierend und muss ein Weckruf für die Landesregierung sein“, sagt Dr. Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hessen. „Sie muss ergründen, warum die Kinderarmut bei uns mehr steigt als in allen unseren sechs Nachbarbundesländern und sofort entschlossen gegensteuern.“ Eine Sofortmaßnahme wäre, in Hessen die Auszahlung der Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu verbessern. Denn auch dabei schneidet Hessen besonders schlecht ab: Der Zuschuss für Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Klassenfahrten oder Kosten für Nachhilfe kommt in Hessen nur bei jedem zehnten Kind an, das Anspruch hat, bundesweit bei jedem siebten. Ferner sollten Mittel aus dem Bundes-Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ vom Land aufgestockt werden und besonders in die offene Jugendarbeit fließen. „Aufgrund der derzeitigen Krise spielen niedrigschwellige Angebote für benachteiligte Kinder und Jugendliche eine wichtige Rolle und müssen jetzt dringend gestärkt werden, da sie leider lange Zeit geschlossen oder auf sehr kleine Gruppen begrenzt waren“, fordert Eric Gumlich, Referent für Kinder- und Jugendhilfe beim Paritätischen Hessen.

Um Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen, ist eine bedarfsgerechte Kindergrundsicherung nötig, für die sich das Land Hessen auf Bundesebene einsetzen sollte. Zusätzlich schlägt der Paritätische Hessen Landesförderprogramme gezielt für Alleinerziehende und ihre Kinder vor, da diese besonders häufig von Armut betroffen sind. Der Paritätische Hessen begrüßt ausdrücklich, dass der nächste Landessozialbericht, der derzeit erstellt und 2022 veröffentlicht wird, die Situation Alleinerziehender in den Fokus nimmt: „Wir erhoffen uns, dass er über eine Problembeschreibung hinaus klare Konzepte für Bekämpfung der Armut in Hessen liefert“, so Annette Wippermann, Referentin für Grundsatzfragen beim Paritätischen Hessen. +++ pm

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