Brüssel. Angesichts wachsender Spannungen mit Russland will die Nato beim Treffen der Verteidigungsminister Mitte kommender Woche erstmals seit Jahren auch über die Nuklearstrategie Russlands beraten. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf übereinstimmende Informationen hochrangiger Nato-Diplomaten. Grundlage der Gespräche sei ein geheimes Papier, das die Nato-Führung vorbereitet hat. „Wir sind in großer Sorge über die nukleare Strategie Russlands. Atomwaffen spielen in der neuen russischen Strategie der so genannten hybriden Kriegsführung eine wichtige Rolle“, sagte ein hochrangiger Nato-Diplomat der Zeitung.
Das westliche Verteidigungsbündnis wolle nun intensiv analysieren, wie Russlands Präsident Putin Atomwaffen in der neuen Konfrontation mit dem Westen nutzen kann, wie stark die nuklearen Fähigkeiten Moskaus sind und welche Konsequenzen die Nato daraus ziehen soll. Die Beratungen der Verteidigungsminister sollen dafür ein Auftakt sein. Offen ist aber noch, ob die Nato langfristig eine neue kohärente Abschreckungsstrategie entwickeln wird, die neben konventionellen auch nukleare Fähigkeiten einschließt, schreibt die „Welt am Sonntag“. Bei ihrem Treffen werden die Minister demnach zudem beschließen, die neue Eingreiftruppe der Nato noch schneller zu machen, um die Verteidigungsbereitschaft zu verbessern. Damit die so genannte Speerspitze auch wie geplant binnen 48 Stunden an einem Einsatzort sein kann, werde das Tempo, mit dem die politischen Entscheidungen im Vorfeld getroffen, signifikant erhöht. Innerhalb eines Tages soll der Nato-Rat künftig Beschlüsse über einen Krisen-Einsatz fassen können.
Zugleich soll die Vorausplanung verfeinert werden: Die Allianz stellt detaillierte Einsatzpläne für Osteuropa und das Baltikum auf, die im Ernstfall nur aus der Schublade gezogen werden müssen, schreibt die Zeitung weiter. Als weitere wichtige Maßnahmen zur Verbesserung von Abschreckung und Verteidigungsbereitschaft soll die Nato-Eingreiftruppe (Nato Response Force – NRF) auf mindestens 30.000 Mann verdoppelt werden. Der frühere nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, warnte unterdessen im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ vor einem „neuen Kalten Krieg“ und einer „neuen militärisch-politischen Auseinandersetzung“. Er forderte Ost und West zu einem Kompromiss auf. Die Ukraine solle sich künftig „am Status Finnlands“ orientieren. In diesem Fall hätte Kiew seine Bindung an den Westen und Russland die Garantie, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird. +++ fuldainfo