Nach dem Tod eines afghanischen Flüchtlings – „Welcome In“ unterstützt Wiederaufnahme des Verfahrens

Rund zwei Jahre sind inzwischen vergangen, als in Fulda ein 19-jähriger Flüchtling aus Afghanistan bei einem Polizeieinsatz durch einen Polizeibeamten tödlich verletzt wurde. Jetzt hat sich der Verein „Welcome In! Fulda“ zu den Entwicklungen nach dem Tod des Afghanen via Stellungnahme zu Wort gemeldet. „Wir sind froh, in einem Land und in einem vereinigten Europa zu leben, in dem allgemein verbindliche Menschenrechte, Grundrechte und Grundfreiheiten verfassungsgemäß garantiert werden. Die Teilnahme an und die Organisation von Demonstrationen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen rund um das Thema Flucht, Asyl und Integration ist Teil des Grundverständnisses unseres Vereins. Viele unserer Mitglieder stammen aus Regionen, aus denen sie fliehen mussten, auch weil dort eben diese Grundrechte und -Freiheiten wie die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit, nicht galten. Deshalb ist es im elementaren Interesse des Welcome In! Fulda e.V., sich für den Erhalt und die Einhaltung der Menschen- und Grundrechte sowie der Grundfreiheiten einzusetzen“, heißt es in der Stellungnahme.

Wir waren und sind schockiert und traurig darüber, dass der 19-jährige, aus Afghanistan geflohene Matiullah J. am 13. April 2018 ums Leben kam. Wir können nicht sagen, wie der Polizeieinsatz in eben jener Nacht, an dessen Ende Matiullah durch zwei tödliche Schüsse eines Polizeibeamten starb, exakt ablief und wem dabei welche Schuld zukommt. Alles was wir wissen, ist in der regionalen und überregionalen Presse zu lesen. Was uns derzeit Sorgen bereitet, sind Berichte über die (strafrechtliche) Verfolgung von Menschen, die sich kritisch gegenüber dem Vorgehen der Polizei geäußert haben. Auch in unserem Verein fragen sich viele, wie es sein kann, dass ein zunächst unbewaffneter, randalierender Mann nicht anders gestoppt werden konnte als mit tödlichen Schüssen. Diese Frage zu stellen und für eine unabhängige Untersuchung der Geschehnisse zu demonstrieren, ist unserer Auffassung nach völlig gerechtfertigt.

Durch Medienberichte wurde kürzlich bekannt, dass es im Rahmen solcher Demonstrationen und der Berichterstattung zu (strafrechtlichen) Verfolgungen von Demonstrationsteilnehmern und Organisatoren sowie Journalisten kam. Auch wenn wir nicht alle getätigten Äußerungen der betroffenen Personen teilen, erscheinen uns die in diesem Zusammenhang angewandten Praktiken vor dem Hintergrund der uns bekannten Fakten als unverhältnismäßig. Es entsteht der Eindruck, dass hier ungerechtfertigter Druck auf Kritiker – sowohl mit als auch ohne Fluchterfahrung – ausgeübt wird, die ihre verfassungsmäßig garantierten Rechte wahrnehmen. Staatliche Institutionen sind nicht über jeden Fehler erhaben. Sie zu kritisieren, ist nicht antidemokratisch, im Gegenteil. Gerade im Hinblick auf die aufgedeckten rechtsextremen Strukturen in der Hessischen Polizei und der immer noch gängigen Praxis des Racial Profiling ist konstruktive Kritik sogar zwingend notwendig. Wir solidarisieren uns hiermit mit dem Afghan Refugees Movement und allen Aktivisten, die sich für die Aufnahme des Verfahrens einsetzen. Wir rufen dazu auf, die von Matiullahs Bruder initiierte Wiederaufnahme des Verfahrens zu unterstützen und die Geschehnisse am 13. April 2018 besonnen, unabhängig und sorgfältig zu untersuchen. Auch in der teilweise aggressiv geführten öffentlichen Debatte rund um den Tod Matiullahs möchten wir zu Besonnenheit und Fairness gegenüber allen Beteiligten aufrufen“, heißt es in der Stellungnahme abschließend. +++ pm/ja

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