Man hätte es kommen sehen müssen

Kommentar von fuldainfo Chefredakteur Norbert Hettler

Das, was wir mit den steigenden Corona-Zahlen jetzt erleben, war nahezu zu erwarten. Hatte man den ganzen Sommer Zeit, um sich auf dieses Szenario vorzubereiten. Was hat man getan? Ist man eingeschritten, als mehr oder weniger Unvernünftige Partys feierten? Hier sind wenige Fälle bekannt, bei denen so verfahren wurde, und falls doch, dann oft zu spät. Es war im Vorfeld absehbar, wohin das führt.

Überall war zu beobachten, dass Ordnungshüter an Versammlungen und Trinkgelage vorbeiliefen, anstatt einzuschreiten – wobei hier nicht den Beamten, die lediglich ihren Dienst verrichten, die Schuld zuzuweisen ist, als vielmehr den politischen Akteuren und Entscheidern der städtischen Gremien. Klar ist aber auch, dass, wenn man lediglich zu zweit Streife läuft, gegen das trunkene Partyvolk wohl kaum etwas ausrichten kann. Da braucht es schon ein Dutzend mehr, um dem feuchtfröhlichen Treiben notgedrungen ein Ende zu bereiten. Wäre man bei Hochzeiten – die oftmals ausgeufert sind – oder Ansammlung konsequenter vorgegangen – dies durchaus auch mit hohen Geldstrafen – hätte man sicher einiges verhindern können.

Jetzt, wo es fünf nach zwölf ist, plant die Politik weitreichende Lockdown-Pläne. Als scheinbaren Feind wurde wie schon im Frühjahr dieses Jahres das Gastgewerbe auserkoren. In dieser Branche, die – aufgrund der verhängten Maßnahmen eh schon nicht auf Rosen gebettet ist – geht es um Existenzen. Der Staat richtet hier einen Schaden an, der finanziell nicht zu beziffern ist. Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Gastgewerbe, in dem übrigens mehr Menschen arbeiten als im Maschinenwesen, sondern ebenso für viele andere Bereiche das öffentliche Leben betreffend.

Wenn die Politik der Menschheit nun weismachen will, dass man vor dem Hintergrund von all dem dennoch gemeinsam Weihnachten begehen kann, so ist dies ein Trugschluss. Bisher haben die Menschen die meisten Entscheidungen der Politik mitgetragen, nun aber kommen Zweifel, ob die Politik noch verhältnismäßig korrekt handelt. Das „Signal für die Einigkeit“, das Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus forderte, kommt vielleicht etwas spät; Vor allem für die Akzeptanz in der Bevölkerung hätte man deutlich früher und entschiedener durchgreifen müssen. +++ norbert hettler / fuldainfo