Lokführer-Streik: Lex Lokomotive ist keine Lösung

Berlin. Zehntausende Fahrgäste kamen mal wieder zu spät. Nicht zur Arbeit, aber in den Feierabend. Was vielleicht nicht so schlimm, aber natürlich auch nicht schön ist. Die Wut auf die streikenden Lokführer wächst. Das kann doch nicht sein, da muss man doch etwas machen können, heißt es. Ja, es ist schlimm, dass seit einigen Jahren kleine Spartengewerkschaften – für beispielsweise Piloten und Lokomotivführer – ihre Interessen rücksichtslos durchsetzen. Die Frage der Tarifeinheit erscheint aktueller denn je.

Die Forderung „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft“ kommt schon seit langem von den Arbeitgebern. Es ist verständlich, dass sie mit einem einzigen Partner verhandeln wollen, dass sie sich wehren, wenn Mini-Gewerkschaften große Betriebe lahmlegen können. Dass sie klagen, wenn sie – wie aktuell im Fall der konkurrierenden Lokführergewerkschaften – nicht einmal wissen, mit wem sie verhandeln sollen.

Deshalb sieht der Vertrag der Großen Koalition eine Regelung zur Tarifeinheit vor. Die sollte mit Arbeitgebern und Gewerkschaften zusammen entwickelt werden – ein vernünftiger Ansatz. Doch die zuständige Ministerin Andrea Nahles, und mit ihr der Innen- und der Justizminister, mühen sich seitdem, eine grundgesetzkonforme Lösung zu finden. Die anfängliche Zustimmung der Gewerkschaften ist längst gewichen. Sie haben kalte Füße bekommen. Schließlich könnte ein solches Gesetz bedeuten, kleinen Gewerkschaften ihr Streikrecht zu nehmen und sie damit langfristig überflüssig zu machen.

Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die zwar der größeren Gewerkschaft im Betrieb Vorfahrt einräumt, der kleinen aber nicht das Streikrecht nimmt. Das ist gut. Denn alles andere wäre ein zu hoher Preis. Deutschland braucht keine Lex Lokomotivführer. So ärgerlich die Streiks sind, von unablässigen Streikwellen kleiner Gewerkschaften kann zum Glück nicht die Rede sein. Die meisten Gewerkschaften agieren vernünftig. Über die anderen kann man sich kräftig aufregen. Entmachten sollte man sie aber nicht, so die Schwäbische Zeitung. +++ fuldainfo