Lloyds mahnt rasche Klarheit über Brexit-Zeitplan an

Die Branche wandelt sich, die Technologien verändern sich

London. Der britische Versicherungsgigant Lloyds hat rasche Klarheit über den Fahrplan für einen Brexit gefordert. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es das Beste wäre, wenn wir rasch Sicherheit über die nächsten Schritte gewinnen könnten“, sagte Lloyd`s-Chairman John Nelson dem „Handelsblatt“. Der traditionsreiche Versicherungsmarkt würde es „natürlich bevorzugen, so schnell wie möglich Gewissheit“ zu bekommen.

Allerdings bewege man sich hier im Terrain „der realen Politik“ und „da kann es vielleicht etwas länger brauchen“ als man eigentlich möchte. Lloyd’s setzt für den Fall, dass Großbritannien nicht mehr die sogenannten Passporting Rights behält, also die Rechte, die es Finanzinstituten erlauben, von London aus Geschäfte mit der EU zu machen, auf ein alternatives Standbein in der EU. Nelson betonte zugleich, dass der Versicherungsmarkt Lloyd’s 2015 nur elf Prozent seiner Prämien in der EU einnahm. Die britische Premierministerin Theresa May hatte zuletzt angekündigt, die Austrittsverhandlungen für das Land bis Ende März mit der Aktivierung des Artikels 50 des EU-Vertrages zu starten. Lloyd’s gehört zu einer ganzen Reihe von großen britischen Unternehmen, die sich vor dem Referendum am 23. Juni deutlich gegen einen Austritt aus der EU ausgesprochen hatten. „Es ist kein Geheimnis, dass wir über das Ergebnis des EU-Referendums nicht allzu glücklich sind“, sagte Nelson. „Aber wir leben in einer Demokratie, also müssen wir mit den Folgen der Abstimmung umgehen – und genau das tun wir.“

Der Teil des Geschäfts, der direkt von einem Austritt beeinträchtigt wäre, bezeichnete Nelson als „ziemlich gering“. Dennoch hat der 69-Jährige, der im Sommer nächsten Jahres seine Spitzenposition beim britischen Versicherungsmakler aufgeben will, einen deutlichen Ratschlag für seinen Nachfolger: Er müsse sich darauf einstellen, dass das Unternehmen durch eine „Phase großer Veränderungen“ gehe. „Die Branche wandelt sich, die Technologien verändern sich, die Regulierung, Brexit, was auch immer – ein neuer Chairman muss damit umgehen können“, betonte Nelson, der einer der angesehensten Männer in der Londoner Finanzszene ist. Nelson wollte nicht ausschließen, dass das Traditionsunternehmen künftig komplett von einem Damenduo an der Spitze gelenkt werden könnte. Mit Inga Beale hat Lloyd’s bereits einen weiblichen CEO. Es sei „absolut möglich“, dass auch der Posten des Chairmans künftig von einer Frau besetzt werde, sagte Nelson. Er habe auf diesen Prozess aber keinen Einfluss. +++

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