Lindner warnt vor Vorverurteilung der Mineralölkonzerne

Kritik am SPD-Vorschlag zu Fahrverbot und Tempolimit

Christian Lindner (FDP)

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hat die Mineralölindustrie vor möglicherweise falschen Verdächtigungen in Schutz genommen. Es würden vermutlich sehr wohl Steuerrabatte weitergegeben. Ohne die Senkung der Energiesteuer wären Benzin und Diesel noch teurer, sagte Lindner der „Welt“. „Wir können nicht nur den Rohölpreis sehen. Wir müssen auch den Dollar sehen, wir müssen auch die Raffineriekapazitäten sehen – und dann wirkt der Tankrabatt bei den Autofahrer und bei den Pendlern sehr viel besser, als gegenwärtig öffentlich in der Diskussion dargestellt wird.“ Er sei sich „nicht so sicher“, dass Rabatte beim Autofahrer nicht ankommen, so Lindner. „Das Tanken wäre wesentlich teurer, wenn auch noch eine Steuer obendrauf käme.“

Das Kartellamt müsse ermitteln, ob Marktmachtmissbrauch vorliege – er habe dafür keine Belege. Lindner warnte vor Unterstellungen und einer Vorverurteilung der Ölkonzerne: „Ich finde, man sollte das Kartellamt bei d er Prüfung auch arbeiten lassen und nicht ungeprüfte Hypothesen verwenden. Das ist eine sehr sensible Frage.“ Es sei „gegenwärtig Spekulation, ob und in welcher Weise, in welchem Umfang diese Steuersenkung nicht weitergegeben wird“. Sollte es aber doch eine Form von Marktmachtmissbrauch geben, dann sei er sehr wohl für ein hartes Vorgehen gegen Mineralölkonzerne, so Lindner: „Aber das ist eben eine Aufgabe des Kartellamts, das festzustellen, auch der Markttransparenzstelle dort – das ist nichts, was ich als Finanzminister kann. Da hab ich gar nicht die Befugnisse.“ Grundsätzlich sei die Steuersenkung zwar nur die „zweitbeste Lösung“ – er selbst habe ja auch anderes Modell favorisiert, so Lindner. „Dann hat man eben dann keine endgültige Preis-Transparenz.“ Aber unterm Strich sei die Steuersenkung dennoch ein Erfolg: „Wenn ich mir ansehe, wie die Weltmärkte sich entwickeln, wie die Raffineriekapazitäten sind, dann will ich ganz klar sagen: Das Tanken Benzin und Diesel wären wesentlich teurer, als sie gegenwärtig an der Zapfsäule notieren. Und insofern hat der Tankrabatt bereits ein Ziel erreicht, nämlich Autofahrerinnen und Pendler mit den steigenden Preisen nicht allein zu lassen.“ Forderungen aus der FDP und CDU, der Wirtschaftsminister müsse die Ölkonzerne zum Rapport einbestellen, begrüßte Lindner grundsätzlich. „Das Gespräch ist sicher sinnvoll.“ Gleichzeitig warnte er vor überzogenen Erwartungen und schnellen Urteilen. Das gelte auch für das Instrument der Übergewinnsteuer. Der Zugriff auf sogenannte „Ölmultis“ sei nicht so leicht – auch deshalb nicht, weil es sich dabei gar nicht um deutsche Konzerne handele: „Die haben ihren Sitz gar nicht in Deutschland, sondern im Vereinigten Königreich oder in Italien oder an anderen Orten. Aber wir haben eben keinen Ölmulti in Deutschland. Wir bedienen uns vom Weltmarkt. Was wir in Deutschland haben, sind Vertriebsgesellschaften und Raffinerien, aber eben keine Ölmultis selbst.“

Kritik am SPD-Vorschlag zu Fahrverbot und Tempolimit

Lindner (FDP) hat die Vorschläge von SPD-Chefin Saskia Esken zu befristeten Tempolimits und temporären Fahrverboten als ungeeignet zurückgewiesen. „Wir haben gegenwärtig hohe Preise, aber wir haben keine Versorgungsknappheit“, sagte er dem Fernsehsender „Welt“. Esken schlage Maßnahmen vor, die man ergreifen würde, „wenn es eine reale Knappheit, eine physikalische Knappheit gäbe – aber die haben wir nicht“. Es gebe überall gestiegene Preise. Das sei etwas anderes. „Deshalb scheinen mir die Vorschläge jetzt nicht zu passen auf die Situation beim Tanken.“ Es brauche auch gar keine gesetzlichen Vorgaben, weil die Autofahrer auch so schon ihr Mobilitätsverhalten geändert hätten, so Lindner weiter. „Aufgrund der stark gestiegenen Preise gibt es doch eine Verhaltensänderung. Menschen überlegen doch: Wo können sie eine Fahrt sparen oder ändern ihre Fahrweise oder nutzen das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr. „Insofern passten die Vorschläge Tempolimit und Sonntagsfahrverbot nicht. „Und ich glaube, das verunsichert auch eher die Menschen, wenn so etwas in die Debatte eingebracht wird“, so der FDP-Chef. +++

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen