Lauterbach erwartet ab Mai breite Impf-Beteiligung der Hausärzte

Genug Kapazitäten für moderate dritte Welle

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht davon aus, dass es erst im Mai zu einer flächendeckenden Beteiligung der Hausärzte an den Corona-Impfungen kommen wird. Er rechne zwar damit, dass die Impfungen in den Arztpraxen „ab Mitte April langsam anlaufen“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es wird aber bis Mai dauern, bevor das in vollem Umfang in allen Ländern laufen kann.“

Erst dann werde genug Impfstoff zu Verfügung stehen. Lauterbach verteidigte zugleich die spätere Einbeziehung der Hausärzte in die Corona-Impfkampagne. „Hätten wir jetzt schon die niedergelassenen Ärzte eingebunden, hätte das zu Enttäuschungen geführt“, sagte Lauterbach. „Wenn ein Arzt am Tag gerade mal ein paar Leute impfen kann, aber 1000 bei ihm darauf warten, sorgt das nur für Ärger“, verdeutlichte er. Die Amtsärzte in Deutschland kritisieren hingegen eine mangelnde Flexibilität bei der Ausweitung der Impfungen. „In Deutschland wollen wir immer alles ganz besonders ordentlich und gründlich machen“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, den Funke-Zeitungen. Das sehe man jetzt bei den Impfungen: Priorisieren, Einladen, Registrieren und Dokumentieren nehme viel zu viel Zeit und Energie in Anspruch. „Beim Impfen stehen uns Gründlichkeit und Perfektionismus im Moment im Weg“, so Teichert. „Wir müssen unkomplizierte Lösungen finden“, forderte sie. Ziel müsse es sein, „den vorhandenen Impfstoff so schnell wie möglich zu verimpfen“. Jeder, der impfen könne, „sollte jetzt impfen“. Dazu müssen die niedergelassen Ärzte und die Betriebsärzte schnell eingebunden werden. Zudem könnten die Gesundheitsämter Impfsprechstunden anbieten.

Intensivmediziner sehen genug Kapazitäten für moderate dritte Welle

Der wissenschaftliche Leiter des Intensivregisters der Fachgesellschaft Divi, Christian Karagiannidis, sieht genug Kapazitäten, um eine leichte dritte Corona-Infektionswelle zu verkraften. „Die deutschen Intensivstationen können eine moderate dritte Welle auffangen“, sagte er der „Rheinischen Post“. Eine starke dritte Welle wäre hingegen eine Katastrophe, weil die Zahl der freien Betten derzeit nicht rasch genug steige und das Personal erschöpft sei. „Entscheidend ist, dass die Ansteckungsrate nicht über den sogenannten R-Wert von etwa 1,2 steigt“, sagte Karagiannidis. „Das ist etwa die Grenze, danach wird es kritisch, sofern es mit dem Impfen jetzt zügig vorangeht.“ Um das Impftempo zu erhöhen, forderte Karagiannidis ein Aufweichen der Impfreihenfolge in Hausarztpraxen. „Um die Welle abzuschwächen, helfen am besten viele Impfungen“, sagte er. Die Hausärzte müssten jetzt schnell eingebunden werden. „Ich plädiere dafür, dass den niedergelassenen Ärzten bei der Auswahl der Patienten mehr Spielraum jenseits der Prioritätsgruppen gelassen wird“, sagte der Intensivmediziner. „Nichts ist schlimmer, als dass Impfdosen am Ende eines Arbeitstages übrig bleiben oder im Müll landen. Dann wäre es besser, wenn der Arzt ihm bekannte Patienten anruft, ob sie spontan zur Impfung kommen wollen“, forderte Karagiannidis. Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Mittwochabend bei 0,96, am Vortag waren es 0,97.

CDU-Gesundheitsexperte für frühere Impf-Beteiligung der Arztpraxen

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel (CDU), hält es für zwingend notwendig, die Artzpraxen so schnell wie möglich in die Impfkampagne einzubinden. „Wir müssen jetzt alles verimpfen, was geht. Das klappt nur in Verbindung mit den Arztpraxen“, sagte er der „Bild“. Zuvor hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen, den Impfstart in den Arztpraxen um zwei Wochen auf Mitte April hinauszuzögern. Rüddel sagte dem Blatt, manche Länder hätten sich in der Vergangenheit „mit der Terminvergabe und der Steuerung des Impfprozesses nicht mit Ruhm bekleckert“. Bei ihm gingen „sehr viele Klagen über Terminvergaben und Verzögerungen an“. Er erhoffe sich durch das Zusammenspiel von Hausärzten und Apotheken-Großhandel eine deutlich höhere Impfdynamik, als sie bisher von den Impfzentren ausgehe. +++

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