Kurz verteidigt Öffnungskurs in Österreich

CSU-Generalsekretär rügt Österreich und Tschechien für Lockerungen

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigt die trotz relativ hoher Infektionszahlen für diesen Montag geplanten Öffnungen von Geschäften, Schulen und körpernahen Dienstleistungen. „Die Bevölkerung hat gerade einen sechswöchigen Lockdown durchgehalten. In den letzten beiden Wochen sind unsere Ansteckungszahlen nicht mehr gesunken, weil sich immer weniger Leute an die Vorschriften halten und sich wieder nach mehr Freiheit sehnen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Es mache keinen Sinn, in einem strikten Lockdown zu verharren bei gleichzeitig sinkender Bereitschaft der Bevölkerung mitzumachen.

Sollten die Zahlen demnächst wieder stark ansteigen, müssten erneut „schärfere Maßnahmen“ eingeführt werden. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. „Wir setzen nicht nur vorsichtige Schritte der Öffnung, sondern haben parallel dazu auch einige massive Verschärfungen vorgenommen, etwa bei der Einreise“, so Kurz. Wer beispielsweise zum Frisör oder in die Schule gehe, müsse zuvor einen Test machen. „Aber wir sind uns vollkommen bewusst, dass es infolge unserer Politik der vorsichtigen Öffnung auch wieder zu einem Anstieg der Ansteckungszahlen kommen kann.“ Insgesamt erwartet Österreichs Kanzler, dass die kommenden Monate „noch extrem heftig werden“. Als Gründe nannte er die schleppenden Impfstofflieferungen und die ansteckenderen neuen Virus-Mutationen. Österreichs Bundesregierung hatte zunächst erklärt, sie strebe eine Zahl der täglichen Neuinfektionen von 700 an. Die Zahl liegt derzeit aber noch deutlich höher (6.2.: 1.437). Am Mittwoch berät Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs über den weiteren Kurs im Kampf gegen eine Ausbreitung der Corona-Pandemie. Die Fallzahlen hatten sich zuletzt gebessert, die Inzidenz liegt bei etwa 80 (Österreich: 105). Die Regierung in Wien ist nach den Worten von Bundeskanzler Kurz auch bereit, Unternehmen aus Russland und China bei der Produktion eines Corona-Impfstoffs zu unterstützen. „Wenn russische und chinesische Impfstoffhersteller in Europa zugelassen sind, dann würde Österreich ganz bestimmt versuchen, Produktionskapazitäten bei geeigneten einheimischen Unternehmen für russische oder chinesische Impfstoffe zur Verfügung zu stellen. Genauso wie für Hersteller anderer Länder.“ Es gehe doch darum, schnell möglichst viel sicheren Impfstoff zu bekommen – egal, von wem er entwickelt worden ist. Er sei auch bereit, sich jeden Impfstoff spritzen zu lassen, falls dieser zuvor von der EU-Arzneimittelagentur zugelassen worden ist. Es gehe bei den Impfstoffen allein um Wirksamkeit, Sicherheit und um schnelle Verfügbarkeit, „nicht um geopolitische Kämpfe“.

CSU-Generalsekretär rügt Österreich und Tschechien für Lockerungen

CSU-Generalsekretär Markus Blume hat Österreich und Tschechien hart für deren Lockerungs-Politik kritisiert. „Österreich und Tschechien gefährden mit ihrer unverantwortlichen Öffnungspolitik unsere Erfolge in Deutschland“, sagte Blume der „Bild am Sonntag“. Sollte sich herausstellen, dass Tirol Verbreitungsgebiet der Corona-Mutante ist, müsse man handeln. „Die größte Gefahr geht nicht vom Friseur aus, sondern von der Grenze.“ Schon heute fordert Blume verstärkte Grenzkontrollen. „Wir müssen sicherstellen, dass eine besonders gefährliche dritte Welle mit dem mutierten Virus nicht wieder über unsere Grenzen nach Deutschland schwappt“, sagte er. „Deshalb brauchen wir mehr Kontrollen der Bundespolizei an allen Außengrenzen.“ Mit Blick auf die anstehende Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch schloss Blume Lockerungen aus. „Wir müssen beim aktuellen Kurs von Vorsicht und Umsicht bleiben. Wir sind nicht über den Berg.“ Man müsse alles tun, um eine dritte Welle zu vermeiden. „Deshalb kann es keine überstürzten Öffnungen nach dem 14. Februar geben.“ Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) mahnt zur Vorsicht, räumt aber ein, dass die Ministerpräsidenten eine Perspektive bieten müssten, besonders für Kinder und Jugendliche. „Dabei sollten wir schrittweise zur Normalität zurückkehren. Deshalb brauchen wir einen bundesweit einheitlichen Fahrplan, was bei welchem Infektionsgeschehen wieder machbar ist.“ Einen solchen Fahrplan hat der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vorgelegt. Für die kommende MPK erwartet er allerdings kaum Erleichterungen. „Die ganz großen Lockerungen sind am Mittwoch eher unwahrscheinlich“, sagte Weil. Die Infektionen gingen zwar zurück, seien aber noch immer zu hoch. „Außerdem müssen wir diskutieren, was aus den Mutationen folgt, die derzeit etwa sechs Prozent der Infektionen ausmachen, aber erkennbar ansteigen.“ Er hoffe, dass es „zumindest zu Verbesserungen für Kinder und Familien“ kommt, so Weil. +++

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