Künftige Landesregierung muss den Kinderschutz in Hessen stärken und reformieren

Kindswohlgefährdungen auf Höchststand, stationäre Jugendhilfe am Limit

Angesichts stark steigender Zahlen von Kindswohlgefährdungen in Hessen fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen von der künftigen Landeregierung mehr Unterstützung für die stationäre Jugendhilfe und grundlegende Reformen. Im Jahr 2022 haben die Jugendämter in Hessen rund 16 600 Gefährdungseinschätzungen durchgeführt, sieben Prozent mehr als im Vorjahr und mehr als doppelt so viele wie zu Beginn der statistischen Aufzeichnung im Jahr 2012. „Der historische Höchststand bei den Kindeswohlgefährdung ist ein Weckruf, der in den Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl gehört werden muss“, betont Dr. Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Hessen anlässlich des Weltkindertages am morgigen Mittwoch: „Das Land muss beim Kinderschutz künftig mehr Verantwortung übernehmen. Die Kommune und die gemeinnützigen Träger der stationären Jugendhilfe stehen mit dem Rücken zur Wand.“

Hessenweit fehlen Plätze für die Inobhutnahme gefährdeter Kinder und Jugendlicher und der Fachkräftemangel ist in der stationären Jugendhilfe besonders groß, da Mitarbeitende ihre herausfordernde Aufgabe oft unter ungünstigen Rahmenbedingungen erledigen müssen. “Die von den Jugendämtern finanzierten Betreuungsschlüssel entsprechen nicht mehr den wachsenden Bedarfen der jungen Menschen aufgrund zunehmender psychischer Belastungen”, so Eric Gumlich, Referent für Kinder- und Jugendhilfe beim Paritätischen Hessen: „Kinder und Jugendliche seien das Kapital unserer Gesellschaft wird gesagt. Das spiegelt sich aber leider aktuell im politischen Handeln nicht wider, wie die Sparpläne auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene deutlich machen.”

Neben einer stärkeren finanziellen Unterstützung fordert der Paritätische Hessen von der künftigen Landesregierung eine strukturelle Reform, konkret die Wiedereinrichtung des Landesjugendamts als eigenständige Fachbehörde. In der Regierungszeit von Roland Koch wurde das eigenständige Landesjugendamt im Jahr 2000 aufgelöst. „Damit hat sich die Landesregierung weitgehend aus der Verantwortung für das Kindswohl zurückgezogen und sie an die kommunalen Jugendämter übertragen“, erläutert Eric Gumlich. „Dieser hessische Sonderweg hat sich nicht bewährt.“ Ein unabhängiges Landesjugendamt, wie es andere Bundesländer haben, ist notwendig, um zu garantieren, dass gefährdete Kinder- und Jugendliche landesweit die gleiche Hilfe erhalten, unabhängig davon, in welcher Stadt oder Gemeinde sie leben. Derzeit sind in Hessen die Bedingungen in der stationären Jugendhilfe von Kommune zu Kommune unterschiedlich, so die Einschätzung des Paritätischen Hessen. +++

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