Krankheitstage wegen psychischer Erkrankungen deutlich gestiegen

Immer mehr Beschäftigte in Deutschland werden wegen psychischer Krankheiten und Depressionen krankgeschrieben. Vor allem bei Männern haben im vergangenen Jahr die Ausfalltage im Job deutlich zugenommen. Dies hat eine Auswertung der „KKH Kaufmännische Krankenkasse“ unter den berufstätigen Versicherten ergeben, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) berichten. Die KKH hatte 2022 bundesweit 57.500 Krankschreibungen mit 2,3 Millionen Fehltagen wegen psychischer Leiden registriert – das ist eine Zunahme in Höhe von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Am meisten sind Beschäftigte aus den Bereichen Krankenpflege, Erziehung und Sozialarbeit, Handel und öffentlicher Verwaltung betroffen. Im Schnitt waren psychisch Erkrankte 39,5 Tage im Jahr krankgeschrieben und damit deutlich länger als dies bei allen Erkrankungen mit durchschnittlich 13,1 Fehltagen der Fall war. Am häufigsten fehlten Berufstätige 2022 wegen depressiver Episoden (30 Prozent) am Arbeitsplatz. 28 Prozent wurden wegen Anpassungsstörungen, 15 Prozent wegen wiederkehrender Depressionen, gut zwölf Prozent im Zuge chronischer Erschöpfung und rund acht Prozent aufgrund von Angststörungen krankgeschrieben. Fast sieben Prozent der Ausfalltage gingen auf das Konto sogenannter „somatoformer Störungen“, also psychosomatisch bedingter Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen ohne organische Ursache.

Während bei Frauen die Zahl der psychischen Erkrankungen im vergangenen Jahr um 11,9 Prozent zugelegt haben, betrug der Anstieg unter Männern 24,1 Prozent. Unterm Strich werden zwar immer noch sehr viel häufiger Frauen wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben als Männer, aber der Abstand sinkt: 66 Prozent der Krankschreibungen kamen von Frauen, 33 Prozent von Männern. Im Jahr zuvor lag das Verhältnis noch bei 69 zu 31 Prozent. Besonders stark nahmen bei Männern Angststörungen zu (+40,2 Prozent), während es bei Frauen nur 19,2 Prozent mehr waren. Auch litten 21,8 Prozent mehr Männer unter „somatoformen Störungen“, während diese bei Frauen nur um 6,2 Prozent zulegten. „Es sind vor allem die Folgen der Einschränkungen während der Coronakrise, die sich nun offensichtlich bei den Männern nun psychisch bemerkbar machen“, sagte die KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick.

Viele Männer hätten während der Corona-Pandemie weniger Sport getrieben wie Fußball oder Handball. „Der dadurch entstandene Bewegungsmangel und der fehlende soziale Austausch scheinen sich nachhaltig negativ auf die Psyche, also auf Antrieb und Motivation und die allgemeine Stimmungslage ausgewirkt zu haben“, mutmaßte Judick. Durch den Ukraine-Krieg habe sich die Finanzlage in manchen Haushalten zudem durch die hohe Inflation verschlechtert. „Da sich Männer häufig mehr Sorgen um ihre Perspektiven im Job und die wirtschaftliche Situation ihrer Familie machen als Frauen, leiden sie möglicherweise besonders stark unter Existenzängsten“, so Judick. Dass mehr Frauen psychisch erkranken, liegt ihr zufolge wiederum darin begründet, dass sie oft als multifunktionale Talente unterwegs sind. Viele müssten einen Spagat zwischen Job, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen leisten. Diese Situation bestand bei vielen Frauen oft auch schon vor der Pandemie. Doch die Lage hat sich mit Corona noch verschärft: So mussten sie ihre Kinder oft neben der Arbeit im Homeoffice betreuen, während sie im Job weiter Bestleistungen abliefern sollten. Das hat die Krankenquote auch bei Frauen weiter erhöht. +++