Krankenkassen fordern Maßnahmen zur Beitragsstabilisierung

Ermäßigter Steuersatz für Medikamente würde helfen

Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Ampel-Verhandler zu Maßnahmen zur Beitragsstabilisierung aufgerufen. Die neue Bundesregierung könne „schon im Laufe des kommenden Jahres den Boden für längerfristig stabile Finanzen bereiten“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Notwendig seien der Beschluss eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Medikamente, ein der Ausgabensteigerung folgender Bundeszuschuss und kostendeckende Beiträge für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Im ersten Halbjahr 2021 hatte sich das Defizit der Kassen auf 1,9 Milliarden Euro erhöht.

Um Beitragserhöhungen schon zum Jahreswechsel zu vermeiden, will die scheidende Bundesregierung am Mittwoch noch einen Sonder-Bundeszuschuss beschließen. Allein ein ermäßigter Steuersatz für Medikamente würde die gesetzliche Krankenversicherung laut Pfeiffer um knapp sechs Milliarden Euro entlasten. „Für Austern, Schnittblumen und Ölgemälde ist lediglich der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent fällig, für Krebsmedikamente und Blutdrucksenker müssen die Krankenkassen dagegen mit 19 Prozent mehr als doppelt so hohe Steuern bezahlen“, sagte die Verbandschefin. „Es ist nicht einzusehen, dass Versicherte und Arbeitgebende in der gesetzlichen Krankenversicherung Jahr für Jahr Milliarden an Mehrwertsteuer für Arzneimittel in den Bundeshaushalt einzahlen, für 2022 schätzungsweise neun Milliarden Euro.“ Durch „deutlich zu niedrige Beiträge“ für Arbeitslosengeld-II-Empfänger entlaste sich der Bund jährlich um mehr als zehn Milliarden Euro, so Pfeiffer weiter. „Wir brauchen kostendeckende Beiträge für diese Gruppe, damit die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen nicht länger den Bundeshaushalt subventionieren.“

Bei der dritten Forderung geht es um den Bundeszuschuss von derzeit knapp 15 Milliarden Euro. Während die Ausgaben für die versicherungsfremden Leistungen schon aufgrund der Kostenentwicklung Jahr für Jahr steigen, ist der reguläre Bundeszuschuss gesetzlich festgeschrieben. „Wir brauchen beim Bundeszuschuss eine Dynamisierung, damit dessen Höhe der Kostenentwicklung folgt“, sagte Pfeiffer der NOZ. „Sonst kommt es zu einer schleichenden Entwertung des Bundeszuschusses.“ Die gesetzliche Krankenversicherung sei „das Rückgrat der gesundheitlichen Versorgung von 73 Millionen Menschen in diesem Land“. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssten zum 1. Januar 2023 in Kraft treten, dann könne die Versorgung für einen längeren Zeitraum finanziell abgesichert werden. „Da 90 Prozent der Bevölkerung gesetzlich versichert sind, wäre das gleichzeitig ein wesentlicher Schritt mit Blick auf die Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge insgesamt“, so die GKV-Chefin. +++