Klartext mit Radtke - Las Vegas, leere Versprechungen, die Glaubwürdigkeit und das Weiter so

Politikverdrossenheit wird weiter steigen

Klaus-Radtke

Die Wochen nach der Bundestagswahl waren politisch gesehen wirklich außergewöhnlich. Um die Dimension in puncto Schulden einmal klarzumachen, stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Sie sind Inhaber eines mittelständischen Betriebes. Ihr Unternehmen befindet sich in jeglicher Hinsicht in Schieflage. Die Verschuldung liegt bei 60 Prozent des Umsatzes. Darüber hinaus haben Sie festgestellt, dass sich im Verhältnis zum Umsatz zu viele Mitarbeiter an Bord befinden. Strukturen und Abläufe entsprechen nicht den heutigen Anforderungen. Das Rechnungs- und Mahnwesen sowie die Digitalisierung sind nicht mehr zeitgemäß. Zudem sind die Mitarbeiter lange nicht mehr geschult worden und arbeiten äußerst ineffizient. Ihre Maschinen sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. Das Firmengebäude ist in einem renovierungsbedürftigen Zustand und wird den Kundenerwartungen nicht mehr gerecht. Der Absatz ist seit Monaten rückläufig, die Auftragslage verschlechtert sich zunehmend. Sie lassen es sich aber nicht nehmen, einen voll ausgestatteten Porsche als Firmenwagen zu fahren und zum teuersten Friseur der Stadt zu gehen.

Schlimm genug, dass es im Laufe der Zeit schleichend zu einer solchen Situation in Ihrem Unternehmen gekommen ist. Was wäre für Sie als normal denkender Unternehmer, der sich in einer derartigen Lage befindet, wohl nun das Naheliegendste, das Natürlichste der Welt? Selbstredend, die Notbremse zu ziehen. Sie würden sicherlich das gesamte Unternehmen unverzüglich auf den Kopf stellen, einen Businessplan erstellen, der alles, aber auch alles infrage stellt, sämtliche Prozesse und Strukturen überprüft und auf Optimierungsmöglichkeiten untersucht. Sie würden sinnvoll investieren, die Ausgabenseite kritisch analysieren und Umsatzsteigerungen initiieren. Nur durch eine Rosskur, eine Gesundung an Haupt und Gliedern, wäre das Unternehmen überhaupt noch zu retten. Und sicherlich würden Sie das alles unter Einbeziehung Ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter tun. Eventuell würden Sie sich auch externe Hilfe holen. Was Sie in dieser prekären, existenzbedrohenden Situation sicher nicht tun würden: Ihrer Hausbank einen Besuch abstatten und um einen Kredit (ein „Sondervermögen“) bitten. Mit dem Hinweis darauf, dass sich die Marktsituation und die Rahmenbedingungen über Nacht völlig verändert hätten und Sie sich gezwungen sähen, maßgeblich zu investieren. Unabhängig davon, dass sich der Gesprächspartner Ihrer Hausbank wahrscheinlich nicht mehr ganz so höflich nach Ihrem gesundheitlichen Befinden erkundigen würde, wäre die Frage, wie Sie die Chuzpe haben könnten, überhaupt ein solches Ansinnen zu stellen. Und selbstverständlich würde die Bank Ihr Ersuchen auch schroff ablehnen, da sie genau weiß, dass Sie den Kredit nie würden zurückzahlen können. Genau das, was ich hier im Falle eines Unternehmers beschrieben habe, hat sich gerade erst in unserem Land ereignet. Nur, dass es sich hier nicht um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt, sondern um unseren Staat, die Bundesrepublik Deutschland.

Überschuldet, mit hohen und weiter steigenden Zinslasten belegt und ineffizient – ein Sanierungsfall. Die Insolvenzwelle in der Wirtschaft rollt, die Kündigungswelle ebbt nicht ab, Betriebsverlagerungen sind an der Tagesordnung. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr so viele Steuern eingenommen wie noch nie, knapp eine Billion Euro. Das war in den davorliegenden Jahren nicht viel anders. Es gibt somit kein Einnahmeproblem, sondern „nur“ ein Ausgabeproblem. Doch das Geld reicht hinten und vorne nicht aus. Seit Jahren wird nicht investiert, nicht in die Infrastruktur, nicht in die Digitalisierung, nicht in die Bildung, nicht in die Bahn. Da ist die Frage berechtigt: Wo ist das ganze Geld geblieben? Wo ist es versickert? In welchen Projekten, in welchen Kanälen? Der Staat, das heißt die Regierenden, macht genau das, was sie als Unternehmer eben nicht tun könnten: Man verschuldet sich weiter. Es ist Friedrich Merz nicht nur schwer anzulasten, dass er zum einen seine vollmundigen Aussagen zur Schuldenbremse wenig später einkassiert hat. Der eigentliche Skandal dabei ist, dass sich Herr Merz – nur um möglichst schnell Kanzler zu werden – der SPD ergeben hat, und nicht nur das, sogar die Forderungen der Grünen hat die CDU geschluckt. Das ist wirklich einmalig: Ein Mann, der noch gar nicht zum Kanzler gewählt ist, handelt mit Parteien, die die Wahl verloren haben, die größte Schuldenaufnahme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland aus – und das mit einem Bundestag, der längst abgewählt wurde. Die Reaktionen haben nicht lange auf sich warten lassen. Wirtschaftsweise, Wirtschaftsexperten, Verbände und sogar der Wirtschaftsrat der CDU sind schockiert und artikulieren ihre großen Bedenken. Genutzt hat es nichts. Die Liste der renommierten Persönlichkeiten, die diese Entscheidung schärfstens kritisierten, ist so lang, dass ich darauf verzichte, sie hier alle zu nennen. Nur so viel: Die Bosse der größten Wirtschaftsverbände haben nochmals einen Brandbrief an Merz und Klingbeil geschrieben.

In den über 400 Seiten des Sondierungspapiers fanden sich exakt drei Zeilen, die sich mit Sparmaßnahmen befassen. Sehr merkwürdig mutet auch an, dass Hubert Aiwanger von Markus Söder wohl erpresst wurde, im Bundesrat für das astronomische Schuldenpaket zu stimmen. Nach eigener Aussage hat Söder ihn und die Freien Wähler vor die Entscheidung gestellt: Entweder stimmen sie im Bundesrat dafür, oder Söder entlässt Aiwanger und löst die Koalition mit den Freien Wählern auf. Anschließend hätte er dann die SPD eingeladen, in die Koalition mit der CSU einzutreten. Da darf man sich doch fragen, ob das mit einer Demokratie vereinbar ist. Was sind das nur für Methoden? Schade, dass Aiwanger es nicht darauf hat ankommen lassen. Er wäre als „Held“ gefeiert worden, und Deutschland, dem Steuerzahler, wäre viel erspart geblieben. Persönlich glaube ich nicht, dass sich dieser Wählerbetrug oder diese Wählertäuschung auszahlen wird. Austritte aus der CDU hat es bereits in nicht unerheblichem Maße gegeben, und das wird erst der Anfang gewesen sein. Sobald der Letzte gemerkt hat, dass Friedrich Merz mit dieser Hypothek zu einer Angela Merkel 2.0 geworden ist, wird sich der Trend verstärken. Von einer Politikwende war die Rede. Davon ist nichts geblieben. Im Gegenteil wird es – so wie ich es bei diesen Wahlergebnissen und den Konstellationen vorhergesagt habe – ein „Weiter so“ der links-grün orientierten Politik geben. In den Umfragen zeigt sich ebenso das Unbehagen und die Unzufriedenheit der Wähler. Die CDU verliert 1,5 Prozent und fällt auf 27 Prozent. Die AfD gewinnt hinzu und kommt nun auf 23 Prozent.

Nun gibt es verschiedene Szenarien. Das Bündnis aus Union und SPD wird die Koalitionsverhandlungen erst gar nicht überstehen. Was dann? Neuwahlen? Minderheitsregierung? Selbst wenn die „Kleine Koalition“ zustande kommt: Wie lange wird das gut gehen? Und dann? Oder: Die Koalition hält. Allerdings sind die Wähler mit den Ergebnissen der Regierungsarbeit nicht zufrieden, denn es gibt keine nennenswerten Reformen. Mit dem „Sondervermögen“ werden nur Löcher gestopft und Wahlversprechen finanziert. Dann wird die CDU bei der nächsten Bundestagswahl gemeinsam mit der SPD abgestraft. Stärkste Kraft wird dann die AfD sein. Was dann? Wir werden es genau beobachten und immer wieder entsprechend kommentieren. Unabhängig von dem finanziellen Husarenstück. Es geht ja munter weiter mit dem Selbstbedienungsladen. Annalena Baerbock will Präsidentin der UN-Generalversammlung in New York werden. Dafür wird eine andere qualifizierte Frau gnadenlos zur Seite geräumt. Und die Flieger aus Afghanistan landen hier immer noch mit Neuzugängen, obwohl in den Maschinen kaum die besagten Ortskräfte sitzen. Und die Skandale beim RBB gehen munter weiter. Gehaltsorgien, Megarenten, Abfindungen und Beraterhonorare in schwindelerregender Höhe auf Kosten der Steuerzahler sind das eine. Darüber hinaus sollen RBB-Chefredakteur David Biesinger und Programmdirektorin Katrin Günther anscheinend neue Jobs im Sender bekommen. Das waren diejenigen, die ihre Ämter zunächst niederlegten, da sie eine größere Rolle in der Berichterstattung über erfundene Vorwürfe der sexuellen Belästigung zuungunsten des Grünen-Politikers Stefan Gelbhaar gespielt hatten. Welcher Politiker äußert sich einmal zu diesen widerlichen Vorgängen in dieser „Anstalt“?

Die Verantwortlichen sollten sich aber nicht wundern, wenn die Politikverdrossenheit weiter steigt und die Glaubwürdigkeit der Politiker noch weiter sinkt. Das ist fatal, doch den Handelnden anscheinend völlig egal. Denn ansonsten hätten sich mehr Bundestagsabgeordnete getraut, gegen diese schicksalshafte Entscheidung zu stimmen. Klaus Hartmut Radtke +++


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7 Kommentare

  1. Herr Radtke for president. Wir haben nur Versager in der Politik und von der globalen Elite gesteuerte Marionetten. Deutschland wird komplett gegen die Wand gefahren und es ist eine Agenda dahinter. Die neuen Schulden werden sinnlos für "Flüchtlinge" und einen korrupten vollgekoksten ukrainischen Präsidenten verballert. Leider unaufhaltsam. Die AfD darf ja nicht....

  2. Die Klartext-Reihe auf fuldainfo.de ist wirklich ein Gewinn für alle, die eine klare Meinung und ehrliche Worte schätzen. Herr Radtke nimmt kein Blatt vor den Mund und trifft oft genau den Punkt – auch wenn es manchmal unbequem ist. Aber genau das macht die Texte so lesenswert. Seit Beginn bin ich dabei und freue mich über jede neue Ausgabe. Eine tolle Reihe, die zum Nachdenken anregt und zeigt, wie wichtig freie Meinungsäußerung im Journalismus ist. Weiter so!

  3. Bei den Beiträgen von K.-H. Radtke erkennt man, daß es noch Bürger in Deutschland gibt, die noch klar bei Verstand sind!

  4. Die Klartextreihe auf fuldainfo.de zeigt, dass kritischer Journalismus in Osthessen möglich ist. Während sich viele Medien auf Hofberichterstattung beschränken, wird hier Klartext gesprochen. Genau das braucht unsere Region – weniger Schönfärberei, mehr ehrliche Worte.

  5. Sehr geehrter Herr Radtke.Herzlichen Dank für Ihre Darstellung der Ereignisse.
    Ich leite Ihren Report an viele Freunde weiter.
    Wir alle sind sehr besorgt.
    Herzliche Grüße
    Ihr
    Erhard Rübsam

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