Kirchenrechtler rechnet nicht mit Reformen bei Weltsynode

Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke knüpft an die gerade begonnene Weltsynode der katholischen Kirche in Rom keinerlei Reform-Hoffnungen. Die Synode sei das "Großformat eines Vertröstungs- und Beruhigungsevents", sagte er der "Rheinischen Post". "Wenn der Papst sich zu ihm genehmen Themen und nach seiner Tagesordnung beraten, das heißt sich Vorschläge machen lassen möchte, über deren Brauchbarkeit er danach souverän entscheidet, dann beruft er eine Bischofssynode ein", sagte Lüdecke.

Deren "institutionalisierte Unverbindlichkeit" versuche der Papst aktuell etwas zu kaschieren. "Unter einigen wenigen Nicht-Bischöfen lässt er noch weniger Laien und ein paar Frauen teilnehmen. Und er verleiht ihnen auch das Recht, mit abzustimmen, was ihm ratend ans Herz gelegt werden soll", so Lüdecke. "Angesichts der unangreifbaren Bischofsmehrheit ist das politisch belanglos und rein symbolisch." Darüber hinaus helfe die "liturgische  Rahmung des Ganzen als geistliches Ereignis" den Beteiligten, sich gebetsweise in das Vertrauen auf den gütigen Papst einzuschwingen. "Vertrösten, beruhigen, erschöpfen und mit weichem Stil den strukturellen Beton verdecken - das ist die Kurzformel für diese Bischofssynode. Das weiß übrigens jeder deutsche Bischof", sagte der Kirchenrechtler. An den Beratungen der Synode nehmen bis zum 29. Oktober 365 stimmberechtigte Mitglieder teil. Neben vielen Bischöfen sind darunter auch Laien sowie 54 Frauen. Auf den Reformprozess in Deutschland würden nach Einschätzung Lüdeckes die Beratungen der Weltsynode keinen Einfluss nehmen, da der Synodale Weg "nie ein Reformweg gewesen ist, sondern eine Bittprozession". Selbst wenn manche Anregungen des Synodalen Wegs nicht komplett verklingen würden, blieben sie nach Lüdeckes Worten das, "was sie immer waren und nach dem Schreiben der Präsidenten des Synodalen Weges vom Juni ausdrücklich sind: herzliche Bitten an den Heiligen Vater, um eine wohlwollende Betrachtung und Prüfung". Dass die katholische Kirche in Deutschland mit dem Synodalen Ausschuss dennoch weiter am Reformprojekt festhalte, zeige, dass man offenbar "die Fassaden des potemkinschen Synodaldorfes nicht einfach abreißen, sondern lieber langsam verwittern lassen" wolle, sagte Lüdecke.

Schavan beklagt Konflikt zwischen Papst und deutschen Katholiken

Die ehemalige Vatikan-Botschafterin Annette Schavan sieht das Verhältnis zwischen Papst Franziskus und den deutschen Katholiken als belastet an. "Jetzt ist die Lage verkorkst", sagte die CDU-Politikerin der "Zeit". Zum Start der Weltsynode diese Woche im Vatikan äußerte sich Schavan über den Widerspruch zwischen den deutschen Reformwünschen und denen von Franziskus sowie über Mentalitätsunterschiede zwischen beiden Seiten, sie rät den Deutschen: "Wir müssen uns damit abfinden, dass dieser Papst nicht tut, was wir erwarten, sondern eigene Schwerpunkte setzt." Es gehe ihm nicht nur um das Innenleben der Kirche. Weder die Deutschen noch die Europäer stünden im Zentrum seines Denkens. "Er will weg von der regionalen, nationalen Perspektive hin zur globalen. Das demonstriert er mit seiner Flüchtlingspolitik ebenso wie mit seinem Reiseprogramm." Für die Weltsynode prophezeit Schavan harte Auseinandersetzungen. Den deutschen Teilnehmern empfiehlt sie Zurückhaltung: "In Deutschland meinen einige, niemand könne so toll Theologie wie sie." Sie sollten nun den Vertretern anderer Kontinente zuhören. Wer bei Franziskus Gehör finden wolle, dem rät sie zur Offenheit. "Selbstbewusstsein und Loyalität helfen. Üblich sind leider oft Unterwürfigkeit und Illoyalität." Der Vatikan sei die perfekte Theaterkulisse für Intriganten, aber Franziskus weigere sich, eine Rolle zu spielen. "Er mag keinen ehrerbietigen Small Talk und schätzt Ehrlichkeit." Vom 4. bis 29. Oktober tagt in Rom die Weltsynode der Katholiken. Bischöfe und Laien treffen sich mit dem Papst, um über Kirchenreformen zu beraten. Die deutschen Synodenteilnehmer haben im Vorfeld eine Reformagenda erarbeitet, die unter anderem auf Frauenordination zielt, auf die Segnung Homosexueller und die Abschaffung des Pflichtzölibats. Der Papst hingegen will, dass alle internationalen Teilnehmer zunächst ergebnisoffen diskutieren. +++


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