Justizbeamter wegen Haftbefehl-Veröffentlichung suspendiert

Der Haftbefehl war unter anderem von rechten Gruppen in den sozialen Medien verbreitet worden

Nach der illegalen Veröffentlichung eines Haftbefehls zum Chemnitzer Tötungsdelikt ist ein Dresdner Justizvollzugsbeamter mit sofortiger Wirkung suspendiert worden. „Die Weitergabe von vertraulichen Dokumenten eines Strafverfahrens ist verantwortungslos und stellt einen schwerwiegenden Vorwurf dar“, sagte Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft Dresden habe umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt, sodass er davon ausgehe, dass der Fahndungsdruck auf den betroffenen Bediensteten derart hoch gewesen sei, dass er sich jetzt gestellt habe. „Die Veröffentlichung des Haftbefehls ist geeignet, die laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren zu erschweren, und steht daher zu Recht unter Strafe“, so Gemkow. Im schlimmsten Fall werde dadurch der Erfolg eines Ermittlungsverfahrens gefährdet und die Verfolgung der Täter erschwert, weil beispielsweise Zeugen beeinflusst werden könnten. Über weitere Maßnahmen gegen den Bediensteten werde nach Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen entschieden, so das sächsische Justizministerium. Der Haftbefehl war unter anderem von rechten Gruppen in den sozialen Medien verbreitet worden. Darin werden Einzelheiten zu Opfern, Richterin und mutmaßlichen Tätern genannt.

Tatverdächtiger hat Asylantrag in Bulgarien gestellt

Der Tatverdächtige Iraker im Fall Chemnitz hat vor seiner Einreise nach Deutschland bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt. Das teilte das Verwaltungsgericht Chemnitz der „Welt“ und den „Nürnberger Nachrichten“ mit. Eine Rückführung von Yousif A. wurde aber nicht vollzogen. Der Sprecher des Gerichts erklärte, dass eine Abschiebung nach Bulgarien am 13. Mai 2016 als zulässig betrachtet wurde: „Vollzogen wurde die Abschiebung in der Folgezeit jedoch nicht, weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten ablief und das Bundesamt verpflichtet war, erneut über den Asylantrag zu entscheiden.“ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entscheidet über Asylanträge und ist bei sogenannten Dublin-Fällen auch für die Rückführung zuständig. Die Dublin-Vereinbarung sieht vor, dass in der Regel jenes EU-Land für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist, in dem der Asylsuchende zuerst registriert wurde. Dafür ist ein Zuständigkeitsverfahren notwendig. Wenn eine Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten stattfindet, geht die Zuständigkeit für das Verfahren an den Mitgliedsstaat über, der um Übernahme übersucht hat – in diesem Fall also an Deutschland. Insgesamt klappen nur wenige Dublin-Überstellungen in Europa. 2016 stellten die deutschen Behörden 4.899 sogenannte Übernameersuchen an Bulgarien, das dortige Migrationsamt bestätigte in 2.643 Fällen seine Zuständigkeit. Tatsächlich wurden aber nur 95 weitergereiste Asylbewerber dorthin zurückgebracht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Fall äußern. Ein Sprecher erklärte, dass man sich grundsätzlich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu Einzelfällen im Asylverfahren äußere. +++