Sonntag, der 20. Juli kann für Freunde der Orgelmusik in Osthessen zum Festtag werden. Dann nämlich beginnt mit einem Auftaktkonzert im Dom zu Fulda der diesjährige Internationale Orgelsommer. Erneut gelang es den Organisatoren dieser vierteiligen Konzertreihe, renommierte Interpreten für Auftritte in Fulda zu gewinnen. Im 14-Tage-Takt werden Virtuosen aus Deutschland und Frankreich die große Orgel des 300 Jahre alten Barockdoms zum Klingen bringen.
„Die Orgel ist ohne Zweifel das größte, das kühnste und das herrlichste Instrument aller von menschlichem Geist erschaffener Instrumente. Sie ist ein ganzes Orchester, von dem eine geschickte Hand alles verlangen… kann.“ Mit diesem Zitat des französischen Schriftstellers Honoré de Balzac beginnt Domdechant Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez seine Einführung im Programmheft. Wer Orgelklänge liebt, wird Balzac zustimmen – und die teils von weither nach Fulda anreisenden Organisten beweisen, dass die Hymne auf die Königin der Instrumente berechtigt ist.
Vier hochklassige Interpreten
Den Anfang macht am 20. Juli der aus dem Landkreis Fulda (Rommerz) stammende Niklas Jahn. Seit Ende 2024 ist er Organist an der renommierten Kern-Orgel der Dresdner Frauenkirche. 1996 geboren, zählt er zur jungen Generation aufstrebender Organisten, die mit einer individuellen Kombination von Virtuosität und jugendlicher Kreativität neue Akzente setzen. Sein Programm beginnt Jahn fulminant mit Duruflés Suite op. 5, deren Abschluss die berühmte Toccata bildet. Danach spannt der Gast-Organist einen Bogen über Johann Sebastian Bach mit einer Choralbearbeitung zu dem eher selten an der Orgel zu hörenden Wolfgang Amadeus Mozart mit dem Andante in F-Dur. Es folgt ein Satz aus dem Livres d’orgue von Olivier Messiaen. Den Abschluss des Konzerts bilden zwei Improvisationen.
Das Konzert am 3. August gestaltet Erwan Le Prado. Der Professor für Orgel in Caen und dem britischen Birmingham hat seine Heimat an der Orgel des wohl berühmtesten französischen Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll gefunden, in der ehemaligen Abteikirche St-Étienne in Caen. Klöster waren und sind über Jahrhunderte Hort der Pflege des gregorianischen Chorals gewesen, der in diesem Konzert eine zentrale Stellung einnimmt: Le Prados von gregorianischen Hymnen beeinflusstes Programm führt von Nicolas de Grigny mit seinem Pange Lingua zu Charles Tournemire mit Ave Maris stella hin zu Petr Eben mit der Antiphon Salve Regina. Danach bringt Bach die Konzertbesucher mit den Leipziger Chorälen dem Himmel und der Meditation näher. Ebenso wie Messiaen, der aus seinem tiefen katholischen Glauben heraus komponiert und mit dem Klang der Orgel die Seele berühren will.
Das Konzert am 17. August bestreitet Anna-Victoria Baltrusch. Sie lehrt an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik in Halle (Saale) Kirchenmusik und ist Titularorganistin an der dortigen Konzerthalle Ulrichskirche. Ihre rege Konzerttätigkeit führt sie an die Orgeln großer Kirchen und Konzertsäle im In- und Ausland. Ihr Programm für den Orgelsommer am Dom zu Fulda besticht durch Stil- und Farbreichtum. Zuerst werden die wuchtigen Akkorde von Bachs Präludium und Fuge c-Moll erklingen. Über das fast lautmalerische Christ unser Herr zum Jordan kam, ebenfalls von Bach, bewegt sich das Konzert zu Karg-Elert und einer mystischen Vertonung des bekannten Chorals Schmücke dich, o liebe Seele. Zu derselben Epoche gehörend, jedoch in englischer Klangsprache, erklingt Healey Willans Introduction, Passacaglia and Fugue, bevor Baltrusch das Konzert dann mit dem Finale aus Viernes 6. Orgelsinfonie beschließt.
Der Franzose Christophe Mantoux, ehemals Titularorganist in Chartres und Professor für Orgel am Konservatorium in Strasbourg, gestaltet das Abschlusskonzert am 31. August. Er nimmt das Publikum im Dom mit in die Klangwelt der französischen Romantik, die als eine besonders fruchtbare Epoche der Orgelmusik gilt. Zu hören ist zu Beginn César Francks Choral II in h-Moll, der als erster versuchte, mit der Orgel ein Symphonieorchester zu imitieren. Sein Schüler Louis Vierne greift diese neuartige Nutzung der Klangwelt einer Orgel auf und schließt mit seinen Orgelsymphonien an die Arbeit des Meisters an – ohne den zu kopieren. Erklingen wird die zweite Symphonie für Orgel von Louis Vierne.
Würdiger barocker Rahmen
Der Hohe Dom zu Fulda ist für seine exzellente Akustik bekannt. Die große Orgel gilt als meisterliches Instrument. Sie hat 72 Register auf vier Manualen, 2014 ergänzt um ein Röhrenglockenspiel. Das Gehäuse stammt aus der Zeit 1712/13, als die Barockkathedrale fertiggestellt wurde. Ob Kenner oder Laie ohne Vorkenntnisse, alle Besucher können sich am großen Klangspektrum der Fuldaer Domorgel erfreuen.
Die Konzerte beginnen an den genannten Sonntagen jeweils um 16:30 Uhr. Der Kostenbeitrag ist mit jeweils 10 Euro (ermäßigt 7 Euro) gemessen am Niveau der Interpreten sehr günstig. Ein Programmheft, erhältlich an der Tageskasse, gibt ausführliche Informationen zu den Organisten und deren ausgewählten Werken. Ergänzend zu den großen Sonntagskonzerten des Internationalen Orgelsommers finden über das Jahr an vielen Samstagen halbstündige Orgelmatineen statt. Der Internationale Orgelsommer wird im Rahmen des Kultursommers Main-Kinzig-Fulda veranstaltet, gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, unterstützt von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.
AUF EINEN BLICK
Juli Niklas Jahn, Dresden
August Erwan Le Prado, Caen/Frankreich
August Anna-Victoria Baltrusch, Halle/Saale
August Christophe Mantoux, Strasbourg/Frankreich
Beginn jeweils 16:30 Uhr. +++ pm







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