Innenminister warnen vor Extremisten bei Corona-Protesten

Terrorismus-Experte warnt vor Terror-Gefahren durch Corona-Kritiker

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herber Reul (CDU) und sein thüringischer Amtskollege Georg Maier (SPD) haben sich nach den Ausschreitungen bei Protesten gegen die Corona-Politik am Wochenende tief besorgt über die Radikalisierung und Gewaltbereitschaft der Szene geäußert. „Die sind brandgefährlich, weil sie mittlerweile nicht nur reden, schwätzen, sich gegenseitig hochstacheln, sondern auch zu Taten schreiten“, sagte Reul mit Verweis auf den extremistischen Teil der Bewegung zu „Bild“.

Nach den Worten Reuls missbrauchen zunehmend Rechtsextremisten diese Bewegung für ihre Zwecke: „Das kann nicht so weitergehen, das darf sich nicht weiter eskalieren.“ Häufig gehe es gar nicht mehr um das Impfen. Es seien zunehmend „demokratiefeindliche Töne, verfassungswidrige Töne“ dabei. „Das macht mir große Sorgen“, sagte Reul. Manchmal habe er den Eindruck: „Egal, was der Anlass ist, die gehen zusammen auf die Straße, um ihrem Missmut gegen den Staat zu artikulieren.“ Deshalb könne er allen Demokraten nur raten, „dass wir gemeinsam sagen: Jetzt ist Schluss, hier gibt es eine Grenze“. Mit Blick auf die Reform des Versammlungsrechts in NRW forderte Reul: „Wir brauchen Instrumente, um eingreifen zu können.“ Ähnlich äußerte sich Innenminister Maier aus Thüringen. „Da müssen wir als Gesellschaft eine ganz klare Sprache finden“, sagte er. Eine kleine Minderheit werde „immer lauter, immer radikaler“ und „Rechtsextremen nutzen das natürlich für sich“. Als „perfide und unerträglich“ kritisierte der Minister Aufrufe, die Adressen von Politikern zu veröffentlichen, „damit die kein schönes Leben mehr haben“. Bei den gewalttätigen Protestierern am Wochenende in Greiz handelte es sich nach Erkenntnissen des Ministers um eine Mischung aus Rechtsextremisten aus der Region, aber auch aus Sachsen, aus Querdenkern und radikalisierte Impfgegner. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) äußerte sich ebenfalls besorgt über die Entwicklung in Deutschland: „Ich sehe ein Kluft zwischen denen, die sich jetzt von der Politik abwenden, sich gegen den Staat richten, und denen, die wirklich in großer Mehrheit Verantwortung für sich und andere übernehmen, indem sie sich eben impfen lassen.“ Die beiden Gruppen werde man „nicht so leicht zusammenbringen“. Es gelte, diese Gräben durch Kommunikation zu überwinden.

Terrorismus-Experte warnt vor Terror-Gefahren durch Corona-Kritiker

Der Terrorismus-Forscher Peter Neumann hält es für möglich, dass von der Protestbewegung gegen die Corona-Politik und gegen das Impfen schon in naher Zukunft terroristische Gefahren ausgehen. „Was wir vereinzelt bereits gesehen haben, sind komplexere Anschläge auf das RKI z.B. oder auf Kliniken und auf Impfstellen“, sagte Neumann zu „Bild“. Deshalb könne er sich vorstellen, „dass wir in einigen Monaten tatsächlich möglicherweise von einer terroristischen Kampagne sprechen müssen.“ Beunruhigt zeigte sich Neumann über Hinweise, „dass sich innerhalb der Szene schon Leute konkret darauf vorbereiten, Gewalt nicht nur zu rechtfertigen, sondern sie auch zu ergreifen“. Für ihn sei es „ein ziemlich deutliches Warnsignal“, wenn „Rechtfertigungen für Gewalt geschaffen“ würden und wenn konkret formuliert werde: „Wir sind die unterdrückte Minderheit und wir haben ein Recht auf Widerstand Artikel 20 Grundgesetz und wir können im Prinzip machen, was wir wollen“. Bereits heute gebe es „eine Art enthemmte, affektgeladene Gewalt“, wenn Journalisten oder Leute in Geschäften angegriffen würden, weil jemand die Maske nicht richtig trage. Das sei aber noch kein Terrorismus. Neumann, der dem Wahlkampfteam von Kanzlerkandidat Armin Laschet angehört hatte, ist davon überzeugt, dass die Diskussion über die Impfpflicht und über das Impfen von Kindern zu einer weiteren Radikalisierung der Szene führen werde. „Das sind zwei hochemotionale Themen, die von der Szene als Signal gewertet werden und die als Trigger dienen können, als Auslöser von extremen Handlungen.“ Die Szene habe schon vor anderthalb Jahren gesagt: „Die Impfpflicht kommt, glaubt den Politikern nicht.“ Die fühlten sich jetzt „alle total bestätigt“. Und das zweite große Signal sei für die Szene das Impfen von Kindern nach dem Motto: „Jetzt wollen sie uns auch noch unsere Kinder wegnehmen.“ Neumann befürchtet, dass die Bewegung insgesamt zwar kleiner werde, „dass sich Leute von dieser Bewegung absetzen werden, aber dass die, die übrig bleiben, sich weiter radikalisieren und auch eben für Gewalt eintreten wollen.“ +++

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