In zwei Stunden knapp 40 Barrieren im Kernort Eichenzell entdeckt

Barriere-Check der „AG Herrenhaus“ des Eichenzeller Inklusionsnetzwerk

Die Teilnehmer des Barrie-Check im Kernort Eichenzell v.l.n.r. Leopold Eismann, Udo Bauch, Gerhard Dehler, André Müller, Lisa Eschenbacher, Felix Beusch mit Bewohnerin Jennifer Trottier und Roman Hein.

Eine erfolgreiche Inklusion funktioniert nicht ohne Barrierefreiheit. Denn wo Orte, Räume oder Kommunikationsmittel nicht barrierefrei sind, bleibt Teilhabe am kulturellen und politischen Leben, an der Arbeitswelt und in der Freizeit verwehrt. Inklusion ist in Deutschland ein gesellschaftliches und politisches Ziel. Daher steht seit 1994 in unserem Grundgesetz: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Damit darf der Staat Menschen mit Behinderung nicht anders behandeln als alle anderen Mitbürger unserer Gesellschaft.

Zahlreiche Barrieren im Kernort Eichenzell bei zweistündiger Ortsbegehung entdeckt

Um die Barrierefreiheit im Kernort Eichenzell zu untersuchen, veranstaltete die „AG Herrenhaus“ des Eichenzeller Inklusionsnetzwerk einen Barriere-Check, wo bei einer zweistündigen Ortsbegehung knapp 40 Barrieren ermittelt werden konnten, die ein Hindernis für Rollstuhlfahrer, Nutzer von Rollatoren, Nutzer von Kinderwagen, gehbehinderte Menschen und Personen mit anderweitigen Behinderungen darstellen. Vom Eichenzeller Herrenhaus beteiligten sich die Bewohner Jennifer Trottier und Roman Hein, Projektleiter Felix Beusch und Lisa Eschenbacher (pädagogische Fachkraft) am Barriere-Check. Leopold Eismann (AG Herrenhaus), Udo Bauch als ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter, Ortsbeiratsmitglied André Müller und Gemeindevorstandsmitglied Gerhard Dehler beteiligten sich ebenfalls an der Ortsbegehung. Gerhard Dehler ist bedauerlicherweise durch eine schwere Krankheit selbst auf einen elektrischen Rollstuhl und konnte bei der Ortsbegehung aus eigener Erfahrung und Praxis zahlreiche Hinweise geben, wo Barrieren für Rollstuhlfahrer bestehen. Felix Beusch begrüßte die Teilnehmer der Ortsbegehung und dankte für die Unterstützung. Udo Bauch hob die Wichtigkeit der Barrierefreiheit deutlich hervor und appellierte daran, dass Inklusion nicht nur propagiert, sondern auch intensiv gelebt wird. Die Teilnehmer starteten mit ihrem Barriere-Check vom Herrenhaus und endeten beim Schlossgarten des Eichenzeller Schlösschen. Auf der Strecke wurden die Gehwege und Gegebenheiten entlang der Gersfelder Straße Richtung Bahnhof, über den alten Friedhof, Bereich rund um die katholische Kirche bis hin zum Eichenzeller Rathaus kritisch auf Barrierefreiheit/Barrierefreundlichkeit geprüft. Gerhard Dehler konnte während der zweistündigen Begehung in zahlreichen Praxisfällen eindrucksvoll dokumentieren, wie schwer es ist, sich mit einem Rollstuhl zu bewegen und mit welchen Barrieren sich Rollstuhlfahrer tagtäglich konfrontieren müssen.

Barrieren erschweren das Leben und stellen oft auch ein Sicherheitsrisiko dar

Hierbei wurde es ganz deutlich, dass durch hohe Bordsteinkanten, enge und schadhafte Gehwege (starke Unebenheiten, Löcher u.s.w.) ein hohes Sicherheitsrisiko für Rollstuhlfahrer und auch für gehbehinderte Menschen besteht. Die Teilnehmer ermittelten bei ihrer Rundfahrt/Rundgang in nur 2 Stunden knapp 40 Barrieren, die insbesondere für Menschen mit Beeinträchtigungen eine uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben deutlich erschwert. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Bordsteinkanten an Zebrastreifen zu hoch sind, die Fußgängerampel an der Gersfelderstrasse nicht mit notwendigen Licht- und Akustiksignalen für blinde und sehbehinderte Menschen ausgestattet ist. Des Weiteren wurde von den Teilnehmern festgestellt, dass an Treppenstufen in öffentlichen Bereichen ein Handlauf fehlt oder zusätzliche Handläufe wünschenswert wären. Mehrere schadhafte Gehwege (Löcher, starke Unebenheiten, herausstehende Pflastersteine u.s.w.) wurden ebenfalls festgestellt und eindeutig als Barrieren beurteilt. Beim Barriere-Check passierte sogar ein Beinaheunfall, weil ein behinderter Teilnehmer über einen herausstehenden Pflasterstein stolperte und sich gerade noch einigermaßen ausbalancieren konnte. Dies dokumentierte eindrucksvoll, welche Schwierigkeiten Menschen mit Beeinträchtigungen im Alltag haben. Gerhard Dehler dokumentierte mit seinem Rollstuhl, dass Gehwege oft wegen hohen Straßenkanten/Gehwegkanten nicht zu befahren sind und dass aufgrund von Unebenheiten ein Rollstuhl auch schnell mal kippen kann. Solche Gefahren bestehen auch für Nutzer von Rollatoren oder beim Gehen mit einem Kinderwagen. In vielen Bereichen können die Gehwege nicht problemlos genutzt werden und in einigen Straßenabschnitten sind überhaupt keine Gehwege vorhanden, die ein sicheres Befahren für Rollstuhlfahrer ermöglicht. Oft bleibt deshalb Rollstuhlfahrern nur die Benutzung von Straßen, was auch ein gewisses Sicherheitsrisiko durch den fließenden Straßenverkehr darstellt. Die Teilnehmer waren selbst verwundert, wie in kurzer Zeit so viele Barrieren ermittelt wurden. Die Hinweise auf die einzelnen Barrieren sollen nun schriftlich dem Eichenzeller Gemeindevorstand mit entsprechenden Vorschlägen zur Abhilfe vorgetragen werden.

Teilnehmer hoffen auf Unterstützung bei zeitnaher Beseitigung von Barrieren

Alle Teilnehmer wünschen sich, dass im Kernort zunächst diejenigen Barrieren abgebaut werden, die ohne großen Aufwand beseitigt werden können (Absenkung von Bordsteinkanten an neuralgischen Stellen, Beseitigung von Stolperstellen und Löchern auf Gehwegen, Anbringung von Treppenhandläufen ….). Eine Grundsanierung aller Gehwege, damit Rollstuhlfahrer, Nutzer von Rollatoren und Nutzer von Kinderwagen sich sicher fortbewegen können, bleibt sicherlich ein Wunschgedanke. Das sind sich alle Teilnehmer des Barriere-Check bewusst. Die Teilnehmer hoffen aber, dass durch ihre berechtigten Hinweise einige Barrieren abgebaut werden können. In regelmäßigen Zeitabständen sollen weitere Barriere-Checks durchgeführt werden, um Schwachstellen zu ermitteln und dauerhaft zu erreichen, dass wirklich alle Menschen in Eichenzell am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und dass kein Mensch wegen seiner Behinderung benachteiligt wird. +++ ub