Hessischer Rechnungshof prangert Steuerverschwendung an

Haushalte werden oft in guten Jahren ruiniert – nicht nur in Krisenzeiten!

Wiesbaden. Präsident Dr. Walter Wallmann stellte den jährlichen Bericht des Hessischen Rechnungshofs, die Bemerkungen 2016, vor. Präsident Wallmann betonte: „In diesem Jahr ist es uns gemeinsam mit dem Finanzministerium gelungen, das Aufstellungs- und Prüfungsverfahren der Landesfinanzen entscheidend zu beschleunigen (Fast-Close). Ziel war es, früher über das abgelaufene Haushaltsjahr zu berichten.“ Präsident Wallmann erläutert dazu: „Frühzeitiger zu berichten ist kein Selbstzweck! Durch die Beschleunigung liegen den Abgeordneten und der Öffentlichkeit geprüfte und kommentierte Daten über den Haushalt des vergangenen Jahres vor – und zwar noch während der laufenden Haushaltsberatungen für 2018 und 2019!“ Präsident Wallmann betont: „Transparenz zu schaffen – gerade über so komplexe Sachverhalte wie den Landeshaushalt – ist eine unserer Hauptaufgaben. Dank gilt an dieser Stelle den Kollegen des Finanzministeriums und meinen eigenen Mitarbeitern, ohne deren hohes Engagement und Fachkenntnis die Beschleunigung nicht möglich gewesen wäre. Das Verfahren hat sich bewährt und soll auch in Zukunft beibehalten werden.“

Wie lässt sich die aktuelle Finanzlage des Landes bewerten?

Ein ganz wesentliches Ergebnis der vergangenen beiden Haushaltsjahre ist, dass das Land 2015 erstmals seit 1969 wieder mehr Einnahmen als Ausgaben erzielen konnte (positiver Finanzierungssaldo von 32 Mio. Euro). Im Jahr 2016 überstiegen die Einnahmen die Ausgaben sogar um 752 Mio. Euro. Trotz des Überschusses stieg die Verschuldung 2015 noch um 360 Mio. Euro an, da Rücklagen weiter aufgebaut wurden. Positiv ist: das Land hält den Abbaupfad der Schuldenbremse ein. Und 2016 wurden erstmals seit 1969 Schulden in Höhe von 200 Mio. Euro abgebaut. Dadurch sank die Pro-Kopf-Verschuldung von 7.058 Euro in 2015 auf 7.022 Euro in 2016. Präsident Wallmann betont: „Mit rund 7.000 Euro Schulden je Einwohner muss jeder Bürger die Kosten eines Kleinwagens tragen. Die Rückführung der Schulden um 200 Mio. Euro entspricht einer Pro-Kopf-Entlastung von rund 36 Euro, also in etwa einer halben Tankfüllung für den Kleinwagen!“ Präsident Wallmann betont: „Das ist der erste und ein sehr wichtiger Schritt auf dem richtigen Weg! Allerdings ist es noch ein sehr langer und – vor allem in wirtschaftlich schlechteren Zeiten – auch sehr steiniger Weg!“

Wichtige zusätzliche Informationen für diesen steinigen Weg liefert die Doppik. Diese ermöglicht ein umfassendes Bild über die wirtschaftliche Situation. Und danach wird erkennbar, dass zusätzliche gewaltige Belastungen in der Zukunft schlummern. Alleine die Pensions- und Beihilferückstellungen machen einen Betrag von 78 Mrd. Euro aus. Unter Einbezug dieser Lasten ergibt sich ein Jahresergebnis nach doppischer Lesart von -1,2 Mrd. Euro. Es gibt also keinen Grund sich zurückzulehnen, auch wenn die hessischen Landesfinanzen aufgrund der Finanzierungsüberschüsse insgesamt derzeit auf einem guten Weg zu sein scheinen. Nur die Doppik ermöglicht den Blick auf die Generationengerechtigkeit. Das Ziel, den Nachfolgenden die gleichen Werte an Straßen, Gebäuden und Kunstwerken ohne zusätzliche Schulden zu vererben, wurde bisher noch nicht erreicht! Dies verdeutlicht die Bilanz des Landes. Diese weist auch weiterhin einen deutlichen Wertverlust aus: das Eigenkapital des Landes hat sich auf -105,8 Mrd. Euro verschlechtert. Wallmann: „Unsere Kinder und Enkelkinder verdienen dieselben Handlungsspielräume wie wir! Diese erhalten sie aber nur, wenn wir es schaffen, nachhaltig zu wirtschaften.“

Die Doppik sorgt für Transparenz. Deren Folgen sind nicht immer politisch angenehm. Dem Bund und allen anderen Ländern außer Hamburg fehlt momentan noch diese Transparenz. Präsident Wallmann: „Auch in außerordentlich ertragreichen Haushaltsjahren wie 2015 und 2016 bedarf es noch weiterer Anstrengungen! Stellschrauben hierfür sind unter anderem bedarfsgerechter Personaleinsatz, wirksame Förderungen und wirtschaftliche Investitionen.“ Präsident Wallmann weiter: „Haushaltsdisziplin muss man auch in wirtschaftlich guten Zeiten wahren! Es gilt die viel zitierte Weisheit, dass Haushalte vor allem in guten Jahren – und nicht nur in Krisenzeiten – ruiniert werden! Deshalb müssen wir gerade jetzt die langfristigen Folgen von aktuellen Entscheidungen im Blick behalten!“

Aktuell werden politische Schwerpunkte wie beispielsweise die vollständige Freistellung der Kita-Gebühren, zusätzlicher Wohnungsbau oder das Bäder-Investitionsprogramm diskutiert. Das Land will mehr als 2.000 Stellen neue Stellen schaffen. Alle diese Maßnahmen und Programme wirken langfristig. Hinsichtlich der vom Land aufgelegten Investitionsprogramme warnt Wallmann: „Auch wenn ich die Motivation, die guten Jahre für Gestaltung und damit neue Ausgaben zu nutzen, nachvollziehen kann, ist jetzt auch Vorsicht geboten. Das gilt auch für kommunale Investitionsprogramme. Das Land sollte keine Fehlanreize setzen und dadurch Investitionen am Bedarf vorbei initiieren. Dies würde – wie auch schon in der Vergangenheit – zu einem langfristigen „Zubetonieren“ der Haushalte und damit zu einem langfristigen Verlust der gerade zurückerlangten Handlungsspielräume führen!“

Im Folgenden stellt Präsident Dr. Wallmann ausgewählte Beispiele aus den diesjährigen Bemerkungen vor: „Mit unseren Prüfungen und Beratungen wollen wir einen Beitrag leisten, die Wirtschaftlichkeit der Landesverwaltung zu erhöhen und auf Fehlentwicklungen und Risiken hinzuweisen. Unsere Bemerkungen zeigen anhand von ausgewählten Einzelfällen beispielhaft einige Stellschrauben zur Haushaltskonsolidierung auf. Zu nennen ist hier insbesondere das Förderwesen, bei dessen Prüfung wir regelmäßig auf zu kritisierende Fälle stoßen. Zudem gibt es auch in diesem Jahr wieder Beispiele, in denen investiert wurde, ohne dass vorher Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen angestellt wurden. Auch fordern wir einmal mehr das Land dazu auf, kritisch zu hinterfragen, ob bestimmte Aufgaben noch notwendig und zeitgemäß sind und ob diese nicht wirtschaftlicher erbracht werden könnten.“

Warum erhält Hessen-Forst Soforthilfen für Milchbauern?

Dies ist ein klassisches Beispiel für Förderung, die nicht beim richtigen Empfänger angekommen ist. Die Landesregierung wollte 2016 den Milchbauern in der sogenannten Milchmarktkrise helfen. Allerdings wurde dazu kein eigenständiges neues Förderprogramm eingerichtet. Stattdessen stellte das Land Soforthilfen über das Förderprogramm „Ausgleichszahlungen in benachteiligten Gebieten“ in Höhe von 5 Mio. Euro bereit. Förderkriterium in diesem Programm war aber nicht die Zahl der Milchkühe, sondern der Grünlandanteil. In der Folge wurden rund 1,5 Mio. Euro der Soforthilfen an Empfänger in benachteiligten Gebieten gezahlt, die keine Milchbauern waren und deshalb von der Krise nicht betroffen waren: So erhielten auch Schäfereibetriebe, Reiterhöfe, Pensionspferdehalter und auch der Landesbetrieb Hessen-Forst Soforthilfen für Milchbauern. Hingegen erhielten Milchbetriebe, die außerhalb benachteiligter Gebiete lagen, keine Förderung. Insgesamt sind 30 Prozent der Mittel nicht bei denen angekommen, die gefördert werden sollten. 60 Prozent der Empfänger waren nicht von der Milchmarktkrise betroffen. Der Rechnungshof nimmt keine politische Bewertung der Förderung vor; aber er stellt fest: Wenn es politischer Wille war, den Milchbauern in der sogenannten Milchmarktkrise zu helfen, dann hätte man direkt die Milchbauern fördern und die Förderung nicht an ein anderes Förderprodukt koppeln sollen. So profitierten automatisch alle Antragsteller für Dauergrünland von der Soforthilfe für Milchbauern. Wallmann moniert: „Die Soforthilfe für Milchbauern führte zu Streuverlusten: Manche Betroffene erhielten nichts; manche Nichtbetroffene erhielten Förderung!“ Aus Sicht des Rechnungshofs ist es zudem fraglich, inwieweit die an einzelne Empfänger ausgereichten geringen Fördergelder, teilweise unter 500 €uro je Empfänger, überhaupt wirksam waren. Wallmann betont: „Bagatellförderungen erzeugen nach unserer Erfahrung keine Förderwirkung, sondern führen eher zu Mitnahmeeffekten!“

Weiteres Beispiel für fehlgeleitete Förderungen

Der Rechnungshof stellt in seinem vorliegenden Bericht ein weiteres Beispiel für eine Fehlförderung vor: Das vom Sozialministerium über 10 Jahre mit einem Budget von 10 Mio. Euro aufgelegte Modellprojekt „Familienstadt“ sollte die Lebenssituation in zwei geförderten Gemeinden (Frankenberg, Büdingen) verbessern und so dem demographischen Trend entgegenwirken, d. h. eine höhere Geburtenrate war das Ziel. Mit dem Geld haben die Kommunen viele Einzelmaßnahmen wie eine Kunsteisbahn oder ein Brunnenfeld mit Tanzglockenspiel, aber auch Stadtfeste, Ferienbetreuung und Netzwerkbildung finanziert. Hierzu wurde in beiden Kommunen jeweils ein Familienbüro eingerichtet. Nach Auslaufen der Förderung wurden die Familienbüros in beiden geförderten Städten aufgelöst bzw. personell reduziert. Damit ist die Nachhaltigkeit der Maßnahmen nicht gesichert. Zudem war die durch die HessenAgentur durchgeführte, 900.000 Euro teure, wissenschaftliche Begleitung des Modells nicht geeignet, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu erlangen und Rückschlüsse für andere Kommunen zu gewinnen. Somit war die Wirksamkeit und vor allem Nachhaltigkeit der Förderung sehr fraglich.

Arbeitet das Landwirtschaftszentrum Eichhof wirtschaftlich?

Das Landwirtschaftszentrum Eichhof bei Bad Hersfeld ist eine Informations- und Bildungseinrichtung des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen. Als überbetriebliche Ausbildungsstätte trägt es zur Ausbildung des landwirtschaftlichen Berufsnachwuchses bei. Zudem finden hier Versuche zu den Bereichen Acker- und Pflanzenbau, Grünlandwirtschaft, Futterbau und Biomasseproduktion statt. Auf seinem Areal befinden sich mehrere Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie auch ein Internat und ein Gästehaus. Besonders hervorzuheben ist, dass keine angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei Investitionen von rund 1,5 Mio. Euro durchgeführt wurden. Beispielsweise wurde ein Internatsgebäude für 250.000 Euro saniert und in ein Gästehaus mit 14 Einzelzimmern umgebaut, ohne vorherige Analyse von Ziel, Nutzen, Kosten und Folgekosten. Die geringe Auslastung mit insgesamt nur 346 Übernachtungen in 2014 spricht für den geringen Bedarf. Der Betrieb des Gästehauses erzielte bei Übernachtungspreisen von 25 Euro Erlöse von ca. 8.000 Euro – was in etwa den Kosten für seine Unterhaltsreinigung entsprach. Auch bei der Sanierung der Wohnhäuser für eine halbe Million Euro wurde vorher keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt. Präsident Wallmann dazu: „Dies widerspricht dem Haushaltsrecht! Wenn sich eine Lösung dennoch als wirtschaftlich herausstellen sollte, dann wäre das reiner Zufall!“

Die baulichen Investitionen wurden auch nicht ihrer Dringlichkeit entsprechend durchgeführt. So wurden weder die für die Schweinehaltung vorgeschriebene Einfriedung (zur Vermeidung der Schweinepest) noch der wegen der Nähe zur Fulda notwendige Havarieschutz bei der Biogasanlage fertiggestellt. Stattdessen wurden Außenanlagen erneuert und ein Wohnhaus zu zwei Appartements umgebaut. Ein weiteres Wohnhaus, das bereits seit 16 Jahren unbewohnt war, wurde für 100.000 Euro im Innenbereich saniert. Teilweise wurden die vertraglichen Ansprüche gegen Dritte nicht geltend gemacht. So wurde auf die Beteiligung eines Kooperationspartners an den Kosten für die Instandsetzung eines Wirtschaftswegs freiwillig verzichtet. Der Rechnungshof hätte eine Beteiligung von 40.000 Euro für gerechtfertigt gehalten. Auch gegenüber dem Betreiber einer Solaranlage wurde auf eine Kostenerstattung von 50.000 Euro verzichtet. Ebenso übernahm der Landesbetrieb Kosten in Höhe von 60.000 Euro für eine Ausstellungshalle, ohne dazu vertraglich verpflichtet gewesen zu sein.

Mit einem Kooperationspartner sollte eine Algenzuchtanlage gebaut werden. Obwohl die Zahlungsschwierigkeiten des Vertragspartners bekannt waren, streckte der Landesbetrieb 70.000 Euro für die Erschließung eines Grundstücks vor. Nachdem keine Zahlung vom Vertragspartner geleistet wurde, reichte der Eichhof Klage ein. Mittlerweile wurde ein Insolvenzverfahren gegen den Kooperationspartner mangels Masse vom Amtsgericht abgelehnt. Präsident Wallmann: „Solide Haushaltsführung sieht anders aus! Ohne angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und ohne sinnvolle Priorisierung von Maßnahmen ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Immobilien und Finanzmitteln des Landes nicht möglich. Das „Gülle-Desaster“ an der Weil vor einigen Wochen hat die Bedeutung eines Havarieschutzes für Biogasanlagen leider gezeigt. Hier und auch bei der Vorbeugung gegen die Schweinepest gilt: Gefahrenabwehr vor Schönheits-Kosmetik!“

Sind die von der Landesstelle für Technologiefortbildung angebotenen Fortbildungen für Fachkräfte aus Entwicklungsländern wirtschaftlich?

Die Landesstelle für Technologiefortbildung wurde in den 60er Jahren gegründet. Ihre originäre Kernaufgabe war es, Fach- und Führungskräfte aus Entwicklungsländern im Rahmen von zweijährigen berufsqualifizierenden Langzeitstipendien und während betrieblicher Praktika aus- und fortzubilden. Seit 2001 hat sich infolge der Neuausrichtung der Entwicklungspolitik der Bundesregierung die Fortbildungsdauer deutlich verkürzt. In den Jahren 2010 bis 2013 lag sie zwischen einer Woche und maximal drei Monaten. Zugleich zeigte sich eine erhöhte Nachfrage nach Exkursionen und Studienreisen. Auch die Besuche ausländischer Delegationen nahmen zu. Die Art der nachgefragten Bildungsangebote hat sich grundlegend verändert: Der schulische Charakter der ursprünglichen Aufgabe ist inzwischen verloren gegangen. Deshalb ist es nicht richtig, wenn weiterhin die Arbeitszeit- und Ferienzeitregelungen für Lehrkräfte auf die Bediensteten der Landesstelle angewendet werden.

Die Teilnehmer an den internationalen Bildungsangeboten wurden in einem eigenen Gästehaus untergebracht. Der Betrieb und die Auslastung des Gästehauses sind nicht wirtschaftlich. Rund 70 Prozent der jährlichen Kosten des Gästehauses von ca. 350.000 Euro waren nicht gedeckt. Diese Unterdeckung kam zustande, obwohl sogar Gäste übernachteten, die weder direkt noch indirekt an Fortbildungsveranstaltungen teilnahmen. Wallmann fordert: „Das Land sollte prüfen, ob rund 50 Jahre nach der ursprünglichen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern die aktuellen entwicklungspolitischen Aufgaben weiterhin mit den bestehenden Personal- und Sachmitteln effektiv erfüllt werden können. Wenn dies der Fall ist, sollte das Kultusministerium zumindest untersuchen, wie die Ziele der Landesstelle wirtschaftlicher erreicht werden können! In jedem Fall ist der Fortbestand des Gästehauses bei der geringen Auslastung und Kostendeckung kritisch zu sehen.“

Schlechte Auslastung auch bei anderen Tagungsstätten des Landes

Präsident Wallmann weist darauf hin, dass die Nachschau, also das nochmalige Nachprüfen des Rechnungshofs bei anderen, in der Vergangenheit untersuchten Tagungsstätten ebenfalls Wirtschaftlichkeits- und Auslastungsprobleme zeigte. Nach Ansicht des Rechnungshofs sollte das Land deshalb die eigenen Tagungsstätten generell auf den Prüfstand stellen und deren Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit kritisch hinterfragen. Ziel muss eine ressortübergreifende Lösung für die eigenen Tagungsstätten sein. Wallmann: „Die in den einzelnen Ressorts untersuchten Tagungsstätten weisen ganz überwiegend Auslastungsprobleme und damit einhergehende Wirtschaftlichkeitsdefizite auf. Die Zahlen lassen zumindest den Schluss zu, dass man auf Landesseite überlegen sollte, ob die Anzahl der Tagungsstätten noch benötigt wird. Gegebenenfalls nicht mehr benötigte Standorte sollten veräußert werden. Die dann verbleibenden Tagungsstätten sollten zentral verwaltet werden.“

Wie wirkt der Hessische Rechnungshof? Was wurde eigentlich aus ….?

… der Prüfung des Fuhrparkmanagements der Polizei
Die Polizei setzt aktuell rund 3.700 Fahrzeuge ein. Allerdings hat sie ihren Fahrzeugbedarf letztmalig 1987 festgestellt. Anlässlich einer Prüfung des Rechnungshofs hat das Innenministerium im Jahr 2006 zugesagt, den Fahrzeugbedarf zu ermitteln. Die Kontrollprüfung des Rechnungshofs im Jahr 2015 zeigte, dass das Ministerium zwar eine Projektgruppe im Jahr 2006 eingesetzt hatte, diese ihre Tätigkeit aber bereits im Herbst 2007 wieder einstellte, ohne den Fahrzeugbedarf ermittelt zu haben. Präsident Wallmann betont: „Es wäre purer Zufall, wenn die 30 Jahre alte Bedarfsermittlung noch zutreffend wäre. Es ist unverständlich, warum das Ministerium über zehn Jahre nach Einsetzen einer Projektgruppe zur Behebung dieses dringenden Problems immer noch keine vernünftige Lösung erarbeitet und die Tätigkeit nach nur einem Jahr einfach eingestellt hat. Im Ergebnis werden jährlich rund 19 Mio. Euro für Fahrzeugbeschaffungen ausgegeben, ohne dass eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung oder Bedarfsanalyse vorliegen!“

… der Prüfung der Pauschalen nach dem Landesaufnahmegesetz
Arbeitssuchende Flüchtlinge beziehen SGB II-Leistungen („Hartz IV“) vom Bund. Der Rechnungshof hatte festgestellt, dass gleichzeitig auch die Kommunen für diesen Personenkreis Erstattungen vom Land nach dem Landesaufnahmegesetz erhielten, ohne dass darauf ein Anspruch bestand. Der Rechnungshof hatte im Dezember 2015 dem Landtag über seine Prüfung „Erstattungen an die Kommunen für Flüchtlinge gemäß Landesaufnahmegesetz“ berichtet. Das Land hat die Erkenntnisse des Rechnungshofs bei der Festsetzung der Pauschalen im Landesaufnahmegesetz zum 1. Januar 2016 berücksichtigt. Das hat die Praxis der doppelten Zahlung faktisch beendet. Hierdurch hat das Land im zurückliegenden Jahr Mittel von rund 77,4 Mio. Euro eingespart. Präsident Wallmann: „Es freut mich, dass eine Prüfung des Rechnungshofs zu solchen Einsparungen führt. Wir haben am Rechnungshof für das Flüchtlingswesen einen Sondersenat eingerichtet. Zwar sind die Flüchtlingszahlen aktuell deutlich zurückgegangen, aber wir wollen die Entwicklungen und Entscheidungen aufarbeiten, um daraus zukünftige Empfehlungen ableiten zu können.“

… der Prüfung der Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge
In seinen Bemerkungen 2011 hatte der Rechnungshof berichtet, dass Versorgungsberechtigte ihre Rentenbezüge in nahezu 500 Fällen nicht angezeigt hatten. Das Land zahlte deshalb überhöhte Versorgungsbezüge aus. Der Rechnungshof hat hier einen Rückforderungsanspruch von über 3 Mio. Euro aufgezeigt. Der Rechnungshof hatte empfohlen, regelmäßig Daten mit Rentenversicherungsträgern abzugleichen. 2015 glich die Verwaltung erneut die Daten ab. Lediglich in 51 Fällen konnten noch zu hohe Auszahlungen in einem Umfang von 200.000 Euro festgestellt werden. Präsident Wallmann: „Zu unseren Aufgaben gehört es auch, solche systematischen Fehler aufzudecken. Diese Prüfung hat das Land unterstützt, Millionen Euro einzusparen.“ Der Rechnungshof beriet bei der Förderung des Breitbandausbaus: Warum treten Bund und Land nebeneinander als Fördermittelgeber beim Breitbandausbau auf? Dies hat sich der Rechnungshof gefragt, als ihm eine Bund-Länder-Vereinbarung über die Zusammenarbeit vorgelegt wurde. Eine Vereinbarung sei erforderlich, erläuterte das Wirtschaftsministerium, weil Land und Bund für dieselbe Maßnahme als Fördermittelgeber auftreten können. Denn es ist vorgesehen, dass Bund und Land getrennte Förderverfahren durchführen, auch dann, wenn beide dieselbe Maßnahme fördern. Dies habe der Bund so vorgegeben. Das bedeutet in der Praxis: Zwei Anträge, zwei Antragsprüfungen, zwei Bescheide und zwei Verwendungsnachweisprüfungen. Die Bund-Länder-Vereinbarung regelt nun im Detail das Miteinander in den getrennten Verfahren. Präsident Wallmann: „Zwei Zuwendungsverfahren für dieselbe Maßnahme bringen mehr Bürokratie und mehr Kosten für Bund, Länder und Fördermittelempfänger. Der Breitbandausbau ist viel zu wichtig, um ihn durch Überbürokratisierung zu behindern!“

Vergabeverfahren Stadtbahn Europaviertel

Sollte das Land Zuwendungsempfängern immer die Auflage machen, große Baumaßnahmen öffentlich auszuschreiben? Nach einschlägigen Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs ist das offene Verfahren am besten geeignet, Wettbewerb zu schaffen und Korruption zu vermeiden. Im Jahr 2012 hatten Wirtschafts- und Finanzministerium zugesagt, künftige Förderentscheidungen an Sektorenauftraggeber (Unternehmen z. B. in den Bereichen Verkehr, Energie oder Flughäfen mit monopolähnlicher Struktur) daran zu binden, dass diese ihre Aufträge grundsätzlich in offenen Verfahren vergeben. Für den Bau der Stadtbahn Europaviertel, den das Land mit rd. 157 Mio. Euro fördert, bat das Wirtschaftsministerium den Rechnungshof, einer Ausnahme zum Vorrang des offenen Verfahrens zuzustimmen und ein Verhandlungsverfahren zuzulassen. Der Rechnungshof hat diese Frage mit den Beteiligten diskutiert. Zwar bietet das Verhandlungsverfahren die Chance, vom technischen Know-how der Unternehmen zu profitieren: Unterbreiten die Bieter überzeugende Vorschläge, die von einem bestehenden Plan abweichen, so kann sich der öffentliche Auftraggeber diese zu Eigen machen und mit den anderen Bietern auf dieser veränderten Grundlage weiter verhandeln. Dem stehen aber erhebliche verfahrensimmanente Risiken gegenüber. Im Gegensatz zum offenen Verfahren bietet das Verhandlungsverfahren beispielsweise einen relativ geringen Schutz gegen Manipulationen. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass Angebote einzelner Bieter verbotenerweise an andere Bieter weitergeleitet werden.

Die Bohrungen durch den Frankfurter Boden in der Nähe des Mains sind technisch anspruchsvoll. Um hier das Know-how der Bauunternehmen einfließen zu lassen, hielt der Rechnungshof die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in diesem Fall für vertretbar, wenn das Ministerium das Vergabeverfahren aktiv begleitet, um einen fairen Wettbewerb und eine wirtschaftliche Verwendung der Zuwendungen zu sichern, mehr als drei Bieter am Verfahren beteiligt werden und für alle anderen Vergaben der Baumaßnahme grundsätzlich das offene Verfahren gewählt wird. Das Ministerium ist dem im Wesentlichen gefolgt. Präsident Wallmann: „Ich freue mich, dass das Ministerium sich bei Fragen zu einer der derzeit größten Baustellen Hessens an uns gewendet hat. Das Beispiel zeigt: Unsere Prüfungen wirken. Gemeinsam haben wir in dieser Sache eine Lösung für diesen Einzelfall gefunden. Grundsätzlich bleibt es natürlich bei unserer Forderung nach einem Vorrang des offenen Verfahrens.“ +++