Hessen verklagt VW auf Schadenersatz

Verluste müssen Anleger hinnehmen. Verstöße gegen Mitteilungspflichten nicht

Wiesbaden. Hessen verklagt die Volkswagen AG (VW) auf Schadenersatz. Die Klage wurde vom Kabinett beschlossen und wird in den kommenden Tagen beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Das gab Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer heute in Wiesbaden bekannt. „Wer sein Geld in Aktien anlegt, muss auch Verluste hinnehmen. Nicht hinnehmen müssen wir jedoch, wenn Verluste dadurch entstehen, dass eine Aktiengesellschaft gegen Mitteilungspflichten verstoßen hat. VW hat dies getan. Dem Land Hessen ist dadurch Schaden entstanden. Auf dessen Ersatz klagen wir nun“, so der Finanzminister.

Hessen hat bis zum Bekanntwerden der sogenannten Abgasaffäre VW-Aktien gehalten. Sie waren Teil der Anlagen der Versorgungsrücklage des Landes und machten rund 2 Prozent des Aktienanteils aus. Das hessische Anlagemanagement verfolgt dabei eine passive Strategie, d.h. die Vermögensanlage bildet als Vergleichsindex einen Nachhaltigkeitsindex (EURO STOXX ESG Leaders 50) ab. Dieser Index umfasst 50 der größten nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen des Euroraums, die innerhalb ihrer Branche unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten sowie guter Unternehmensführung zu den Besten zählen. Die Unternehmen müssen sich unter anderem an den Nachhaltigkeitskriterien der sogenannten UN Global Compact Compliance Principles messen lassen. Mit der Verwaltung dieser Mittel des Sondervermögens „Versorgungsrücklage des Landes Hessen“ ist die Deutsche Bundesbank betraut.

Nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe wurde die VW-Aktie vom Indexbetreiber Euro Stoxx aus dem Nachhaltigkeitsindex genommen. Dies führte konsequenterweise zu einem unverzüglichen Verkauf der VW-Aktien durch die Deutsche Bundesbank. Dies entsprach den Vorgaben der besonderen Anlagerichtlinien, welche vorsehen, dass Änderungen der Indexzusammensetzung zeitnah nachvollzogen werden. Der Verlust aus der Veräußerung der VW-Aktien für das Land Hessen belief sich auf rund 3,9 Millionen Euro.

Nach Auffassung des Landes ist VW seiner im Wertpapierhandelsgesetz festgeschriebenen Verpflichtung, seine Anleger frühzeitig über dem Konzern bekannte Umstände zu informieren, die im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis erheblich beeinflussen werden, nicht nachgekommen. „Wir sind zu einer sicheren und renditeorientierten Anlage des Vermögens der Versorgungsrücklage verpflichtet und haben für dessen Erhalt Sorge zu tragen“, so Finanzminister Schäfer. „Wir müssen daher aussichtsreiche Ansprüche, die durch schlechtes Krisenmanagement und fehlende Anlegerinformation der VW-Unternehmensführung entstanden sind, auch geltend machen.“

Hessen hatte zunächst VW die Möglichkeit eingeräumt, von sich aus auf die Geltendmachung der Verjährung zu verzichten, um den Ausgang einer bereits dem Oberlandesgericht Brauschweig vorliegenden Anleger-Musterklage abzuwarten. Wesentliche Fragen der Informationspolitik von VW werden Gegenstand dieses Verfahrens sein. Eine so genannte Verjährungsverzichtserklärung wollte der Konzern aber nicht abgeben. „Um einer möglichen Verjährung von Ansprüchen zuvor zu kommen, sieht sich das Land deshalb nach sorgfältiger Prüfung gehalten, jetzt Klage einzureichen“, stellt der Finanzminister abschließend fest. +++