Heimische Zeitung verstößt wiederholt gegen Pressekodex

Vorwurf diskriminierende Berichterstattung

In drei neuen Fällen hat die heimische Tageszeitung gegen den Pressekodex verstoßen, weil sie ohne öffentliches Interesse die Nationalität von mutmaßlichen Straftätern genannt hat. In ihren Erklärungen verheddert sich das Blatt zudem in Widersprüche.

„In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte“, heißt es im seit Ende Mai 2017 geltenden Praxisleitfaden des deutschen Presserats. Nach dessen Ansicht hat die Zeitung in drei weiteren Fällen gegen diese Prinzipien verstoßen.

Daher sprach er mit einer Missbilligung die zweithöchste Sanktion und einen Hinweis aus. In einem Fall wurde der Verstoß gegen den Pressekodex festgestellt, aber auf eine Maßnahme verzichtet. Die Redaktion hatte den entsprechenden Artikel auf der Internetseite aktualisiert und die Nationalität entfernt. In den beiden anderen Fällen ist der Verstoß weiterhin zu lesen. Brisant: Einer davon findet sich auch in den Beiträgen zum gleichen Vorfall bei zwei Online-Medien. Da die beiden zu keinem Verlagshaus gehören, ist der Presserat nicht zuständig.

Widersprüche bei der Zeitung

In ihren Stellungnahmen macht die Rechtsvertretung der Mediengruppe Parzeller widersprüchliche Angaben. In einem Fall war ein Streit eskaliert, ein Mann wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Die Veröffentlichung sei eilig gewesen, was es erforderlich gemacht habe ohne redaktionell zu prüfen die reine Darstellung der polizeilichen Pressemeldung zu nutzen, in der die Nationalität genannt wurde. Übersetzt: Dieses Ereignis war nach Ansicht der Redaktion für die Region dermaßen wichtig und bewegend, dass nicht die Zeit blieb vor dem Veröffentlichen zwei Worte aus dem Pressetext der Polizei wegzulassen. Erst etwas über zwei Wochen später wurde der Beitrag entsprechend korrigiert und die Herkunft entfernt – mutmaßlich weil sich der Presserat des Falls angenommen und die Zeitung kontaktiert hatte. Auch wenn in Pressemitteilungen die Nationalitäten genannt sind, ist letzten Endes das veröffentlichende Medium verantwortlich, den Pressekodex einzuhalten.

In den zwei anderen Stellungnahmen heißt es wiederum, das Nennen von Nationalitäten erfolge stets nach sorgfältiger Rücksprache innerhalb der Redaktion. Auch die genannten Gründe überzeugten die Beschwerdeausschüsse nicht. In einem Fall waren Männer in einen Streit geraten, der im Verlauf handgreiflich ausgetragen wurde, am Ende gab es drei Verletzte. Man habe die Herkunft des mutmaßlichen Täters genannt um zu verdeutlichen, dass es sich um eine vermeintliche Straftat gegen drei Männer mit einer anderen nicht deutschen Nationalität handele. Doch davon ist im Beitrag allerdings nicht die Rede. „Als nicht nachvollziehbar bewertete der Ausschuss mehrheitlich die Argumentation, es habe sich möglicherweise um einen Nationalstreit gehandelt, da dieses Thema in dem beschwerdegegenständlichen Artikel nicht angesprochen und nicht belegt wurde“, heißt es im Schreiben des Presserats, welches fuldainfo.de zugespielt wurde.

In einem anderen Fall hatte ein Mann eine Frau sexuell belästigt. Die Herkunft des Mannes sei genannt, da es in dessen religiösem Kulturkreis erhebliche Probleme mit dem Umsetzen von Frauenrechten gäbe. Die Leser hätten in diesem Zusammenhang ein begründetes Informationsinteresse daran, dass Asylbewerber mit dieser Herkunft Schwierigkeiten hätten, sich im hier heimischen Kulturkreis zurechtzufinden. Tatsächlich ist die Berichterstattung in diesem Bereich sensibel, denn die angesprochen Probleme sind zum Teil vorhanden. Auf der anderen Seite gilt es diskriminierendes Verallgemeinern individuellen Fehlverhaltens zu vermeiden. „Es bestand kein Anlass, seine Herkunft zu nennen, da die ihm zur Last gelegten Taten nicht von den in den Praxisleitsätzen zu Richtlinie 12.1 beschriebenen Ausnahmesachverhalten erfasst sind. Auch ohne die Angabe der Herkunft des Verdächtigen hätte der Leser in vollem Umfang über den Vorgang unterrichtet werden können“, schreibt der Presserat. Gründe für das Nennen können Terrorismus, organisierte Kriminalität, eine aus einer größeren Gruppe, von der ein nicht unbeachtlicher Anteil durch gemeinsame Merkmale wie ethnische, religiöse, soziale oder nationale Herkunft verbunden ist, heraus begangene Straftat.

Wiederholungstäter

Im vergangen Jahr hatte die Zeitung für den gleichen Sachverhalt zwei Hinweise vom Presserat kassiert. Einer der beanstandeten Beiträge ist auf der Internetseite erschienen und nicht aktualisiert, so dass der Verstoß weiterhin zu lesen ist. Insgesamt hat der Presserat seit letztem Sommer sechs Verstöße gegen den Pressekodex festgestellt. Fünfmal wegen Nennen der Nationalität ohne öffentliches Interesse, eine nicht ordnungsgemäß kenntlich gemachte Werbeveröffentlichung von Engelbert Strauss zog eine öffentliche Rüge nach sich, fuldainfo.de berichtete. +++