HDP-Chefin ruft Merkel zu Sanktionen gegen Erdogan auf

Union sieht langfristig Nato-Mitgliedschaft der Türkei gefährdet

Fahnen in der Türkei

Berlin/Ankara. Die Co-Vorsitzende der türkischen Oppositionspartei HDP, Figen Yüksekdag, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Sanktionen gegen den türkischen Präsidenten Erdogan aufgefordert. „Die deutsche Kanzlerin und alle europäischen Regierungschefs müssen eine klare Position beziehen gegen die Beseitigung der Opposition durch Erdogan“, sagte Yüksekdag der „Bild“. „Es reichen nicht mehr nur diplomatische Gespräche, es muss eine echte Reaktion geben. Ich denke da zum Beispiel an Sanktionen, insbesondere was Waffenlieferungen an die Türkei betrifft. Gleichzeitig sollte Merkel ihre Beziehung zu Erdogan nutzen, um ihm deutlich zu machen, dass diese Politik von der EU nicht akzeptiert wird.“

Yüksekdag warnte vor der Gefahr eines Bürgerkriegs in der Türkei. „Wir sind sehr besorgt! In der Türkei gibt es schon länger ein großes Risiko, aber wir standen noch nie so nahe an einem Bürgerkrieg wie jetzt“, betonte sie. „Wir als Politiker haben die Verantwortung dafür, dass es nicht dazu kommt. Aber mit Blick auf die europäische Verantwortung sage ich auch noch einmal ganz deutlich: Ein eskalierender Konflikt in der Türkei kann ganz schnell auch in andere Länder übertreten.“ Yüksekdag warnte, dass das „Erdogan-Regime die Opposition verfolgen“ wolle. „Die Situation in der Türkei ist dramatisch, wir könnten jederzeit verhaftet werden! Es ist ein Coup gegen die Opposition, der jetzt passiert.“

Kritik an Milliarden-Zahlungen der EU an die Türkei

Die Türkei erhält trotz der aktuellen Entwicklungen von der Europäischen Union eine „Heranführungshilfe“ an die EU in Milliardenhöhe. Dies sorgt in den Unionsparteien für erhebliche Kritik. Mit der Heranführungshilfe werden Länder unterstützt, deren Beitrittsverfahren läuft. Damit soll die Anpassung an die Standards der EU erleichtert werden. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ hat die Türkei zwischen dem Start der Hilfe 2007 und dem Jahr 2013 von der EU 4,8 Milliarden Euro erhalten, der deutsche Anteil daran betrug fast eine Milliarde Euro.

Für den Zeitraum 2014-2020 hat die EU weitere 4,45 Milliarden Euro für die Türkei eingeplant. „Förderschwerpunkte“ sollen dabei laut EU unter anderen „Demokratie, Zivilgesellschaft, Rechtsstaatlichkeit“ sein. Für Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) ist das ein Hohn. Er forderte das „sofortige Einfrieren“ dieser Zahlungen. Schließlich beweise die Entwicklung in der Türkei hin zu einem autoritären Regime, dass die Hilfe „nachweislich völlig wirkungslos“ sei, sagte Singhammer der Zeitung.

Union sieht langfristig Nato-Mitgliedschaft der Türkei gefährdet

Die Union sieht langfristig die Nato-Mitgliedschaft der Türkei gefährdet. „Auf Dauer wäre es nicht akzeptabel, einen Partner im Verteidigungs- und Wertebündnis Nato zu haben, der nicht demokratisch verfasst ist“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, der „Rheinischen Post“. Bündnistreue und Bündnisfähigkeit der Türkei seien derzeit zwar gegeben, fraglich sei jedoch die Treue des Präsidenten zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, erklärte Hardt. Die Massenverhaftungen in Militär und Justiz und die Machtkonzentration in den Händen des Staatspräsidenten nannte der CDU-Politiker alarmierend. Die Union setze darauf, dass die Mehrheit der Türken eine starke Nation im demokratischen Lager bleiben wolle. +++ fuldainfo