Green Pioneers hat Insolvenz beantragt

Geschäftsbetrieb beim Fuldaer Bio-Hanf-Startup ist eingestellt

Philipp Gärtner, Green Pioneers. Foto: Jens Brehl

Mit einem Freispruch konnte Green Pioneers vergangenen Februar am Amtsgericht Fulda zwar einen Etappensieg verbuchen, allerdings sind die finanziellen Ressourcen mittlerweile erschöpft. Am 19. März hat das Unternehmen Insolvenz beantragt, der Geschäftsbetrieb ist eingestellt. „Das ganze Projekt ist aus der Philosophie entstanden, mit dem Anbau von Bio-Nutzhanf für die Region etwas innovatives und ökologisch nachhaltiges auf die Beine zu stellen“, sagt Geschäftsführer Philipp Gärtner, der gemeinsam mit Marc Graf und Kerim Viebrock Green Pioneers 2018 gegründet hat. Der Fokus lag auf der Produktion von Naturkosmetik, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmitteln. Das Unternehmen ist zahlungsunfähig, das Insolvenzverfahren wird demnächst eröffnet, strafrechtlich ist noch einiges im Unklaren.

Keine wirtschaftlichen Optionen mehr

Die Green Pioneers stellten ihr Unternehmen zum Anbau und zur Verwertung von Hanfpflanzen im Oktober 2019 vor – von links: Philipp Gärtner, Marc Graf und Kerim Viebrock. Foto: Archiv

Im vergangenen Februar mussten sich die Unternehmer vor dem hiesigen Amtsgericht verantworten, da laut Staatsanwaltschaft Fulda einzelne Produkte insbesondere die Krafttropfen durch einen erhöhten THC-Anteil geeignet gewesen seien, einen Rauschzustand hervorzurufen. Vorwurf: fahrlässiger Handel mit Betäubungsmitteln. Am Ende kam der Freispruch. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat. Somit steht eine weitere juristische Auseinandersetzung am hiesigen Landgericht an – Datum ungewiss. „So lange der Freispruch noch nicht rechtskräftig ist, sind auch nicht alle Zweifel ausgeräumt“, betont Gärtner. Dadurch sei es schwer gewesen, weitere Handelspartnerschaften zu schließen und Neuprodukte auf den Markt zu bringen. „Das Verfahren ist nach über einem Jahr nicht neu angesetzt, immer noch besteht keine direkte Aussicht auf Schadensersatz. Ab einem gewissen Punkt waren uns alle Optionen genommen, um wirtschaftlich auf einen grünen Zweig zu kommen.“ Rückblick: Im April 2021 ließ die Staatsanwaltschaft nach Unternehmensangaben fast das komplette Warenlager beschlagnahmen und leitete gegen Green Pioneers und deren Handelspartner Verfahren ein. Nahezu der komplette Umsatz im Einzelhandel fiel weg, auch im eigenen Onlineshop brach nach eigenen Angaben der Umsatz um fast ein Drittel ein. Auf der Herbsttagung des Green Food Clusters im November 2022 bezifferte Gärtner den bis dato entstandenen Schaden der Strafverfolgung auf 619.000 Euro: beschlagnahmte oder verdorbene Lagerware, Umsatzeinbußen, entgangener Gewinn durch abgesagte Projekte. Ein Schlag, von dem sich das Unternehmen nicht erholen konnte.

Die Auswirkungen des Cannabisgesetzes auf den Nutzhanfanbau und das laufende Verfahren der Green Pioneers

Die jüngst am 1. April 2024 in Kraft getretene Teillegalisierung von Cannabis durch das Cannabisgesetz (CanG) beeinflusst die rechtliche Bewertung im laufenden Strafverfahren gegen die Green Pioneers beim Landgericht Fulda. Kurz nach dem Freispruch im Vorjahr waren verschiedene Entwürfe des CanG im Umlauf. Das nun final beschlossene Gesetz definiert Nutzhanf, Konsum-Cannabis sowie Medizinal-Cannabis unterschiedlich. Nutzhanf, wie von den Green Pioneers verwendet, wird zur Herstellung von Produkten wie CBD-Tropfen, Hanfseilen oder Hanftees angebaut und enthält nur minimale THC-Spuren. Das Gesetz hebt den THC-Grenzwert dieser Spurenelemente in Nutzhanf von 0,2 Prozent auf 0,3 Prozent an und präzisiert die Anforderungen an landwirtschaftliche Betriebe, die Nutzhanf anbauen dürfen. Dabei bleibt die Vorgabe bestehen, dass der Anbau ausschließlich zu gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken erlaubt ist und das Gras nicht zu Rauschzwecken missbraucht werden darf.

Fuldaer Staatsanwaltschaft hält an Berufung gegen den Freispruch der Green Pioneers fest

Die Staatsanwaltschaft Fulda sieht ihre Position durch die Gesetzesänderung allerdings nicht beeinflusst und hält an der Berufung gegen den Freispruch fest. Die Begründung bleibt die gleiche: Es besteht der Verdacht des fahrlässigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durch die Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft äußert sich zurückhaltend zum weiteren Verfahrensverlauf, betont jedoch ihre Absicht, das Rechtsmittel der Berufung weiter zu verfolgen. Die Entscheidung, ob die Angeklagten erneut freigesprochen oder dieses Mal verurteilt werden, steht noch aus. Die Verhandlung und das Urteil dürften mit Spannung erwartet werden. +++ robert brimberry, jens brehl