Görig „verwundert“ über juristische Einschätzung bevorstehender VGH-Klage

Lauterbach. Landrat Manfred Görig (SPD) ist sehr verwundert über die Meinungsäußerung der Landtagsabgeordneten Eva Goldbach (Bündnis 90/Die Grünen) zum Thema Kostenerstattung der staatlichen Aufgabe Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen. Goldbach hatte öffentlich – unter anderem im Hessen-Fernsehen – erklärt, die Klage des Vogelsbergkreises beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel werde keinen Erfolg haben. Damit stelle sich die Kreistagsabgeordnete Goldbach gegen das einstimmige Votum im Kreistag am 30. September, gegen den Landrat und gegen ihre eigene Kreistagsfraktion. „Ich empfehle der Kreistags- und Landtagsabgeordneten Goldbach dringend, sich für die Belange ihres Landkreises einzusetzen“, hebt Landrat Görig hervor.

Der Landrat sieht eine breite Unterstützung der 21 hessischen Landkreise und fünf kreisfreien Städte für den juristischen Vorstoß des Vogelsbergkreises voraus. Er schätzt die Chance des Gelingens als gut ein. Denn erkennbar erstatte das Land die staatliche Aufgabe nicht vollständig. Auch die Ausweitung des Landesbudgets, die für 2015 angekündigt sei, hänge entscheidend mit der stark steigenden Zahl der Asylsuchenden zusammen und sei nicht Ausdruck einer „juristisch und systematisch korrekten Kostenübernahme“ durch das Land. Der Vogelsbergkreis möchte erreichen, dass die staatliche Aufgabe der Betreuung und Unterbringung der Asylbewerber komplett vom Staat, sprich vom Land Hessen, bezahlt wird. Deswegen wird er in Kürze eine Klage beim Verwaltungsgerichtshof einreichen (wir berichteten).

Der Kreisausschuss hat am 10. November einstimmig beschlossen, ein Normenkontrollverfahren beim VGH in Kassel einzuleiten, berichtet der Landrat. So hatte es der Kreistag am 30. September in einer Resolution aller Fraktionen einstimmig beschlossen, einschließlich der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen. Manfred Görig ist verwundert: Die Landtagsabgeordnete sei von den Vogelsberger Bürgerinnen und Bürgern nach Wiesbaden geschickt worden, um die Interessen des Landkreises und des ländlichen Raumes insgesamt zu vertreten – in Wiesbaden sei sie nun vor laufenden Kameras in der Rolle als „Sprecherin der Landesregierung“ aufgetreten und „fällt den Interessen ihrer Heimatregion in den Rücken“. Die Tatsache, dass sie „kommunalpolitische Sprecherin“ ihrer Fraktion sei, verschlimmere ihren Auftritt noch. „Diese wichtige Funktion müsste eigentlich genutzt werden, die Vogelsberg-Interessen noch deutlicher zu vertreten“, so Görig.

Der Landrat hebt hervor, dass der Vogelsbergkreis nicht klage, weil es in Bayern in Sachsen eine 100-Prozent-Erstattung gibt und es gehe auch nicht um Übernahme möglicherweise anderer Standards. Die Standards der Unterbringung, Versorgung und Betreuung seien hier im Vogelsbergkreis in Ordnung, und die Einbindung ehrenamtlicher Bürgerinnen und Bürger sei sehr gut – und das solle und werde auch so bleiben. Der Vogelsbergkreis klage gegen das Land, weil es seine Hausaufgaben nicht mache. Bei staatlichen Aufgaben, die der Landkreis weisungsgemäß erledige, müsse auch das Geld mitgeliefert werden.

HINTERGRUND

Der Vogelsbergkreis wird bis spätestens 24. Dezember beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel ein Normenkontrollverfahren einleiten. Der Landkreis strebt an, dass die Kosten voll erstattet werden, die durch die Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen entstehen. Bisher ist dies nur zu etwa 50 Prozent der Fall. Die angestrengte Überprüfung durch den Vogelsbergkreis hat für Hessen insgesamt eine hohe Bedeutung. Über diese Überprüfung hinaus sei es aber auch wichtig, Landes- und Bundesgesetze den Vorgaben der Verfassung anzupassen, unterstreicht Landrat Manfred Görig. Der einstimmige Beschluss des Kreisausschusses lautet: Der Kreisausschuss wird ein Normenkontrollverfahren beim VGH in Kassel einleiten, um die Anpassungsverordnung vom 12.12.2013, die die Erstattung nach § 7 des Landesaufnahmegesetzes (LAG) ergänzt, überprüfen zu lassen.

Für 2014 rechnet der Vogelsbergkreis mit Kosten in Höhe von knapp vier Millionen Euro. Hierin sind die Personalkosten enthalten. Das Land Hessen erstattet hiervon lediglich zwei Millionen Euro. Der Kreis muss also zwei Millionen Euro aus eigenen Mitteln – die er nicht hat – „drauflegen“. Das Land beabsichtigt zwar, ab 2015 den Zuschuss für die Landkreise zu erhöhen – es bleibt aber immer noch bei einem Defizit für den Kreis in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro. Der Landrat setzt sich über den Hessischen Landkreistag (HLT) auch dafür ein, dass das Land durch Änderung von § 7 Landesaufnahmegesetz zur Vollerstattung bei der Unterbringung der Flüchtlinge – die es bis Juni 1997 gegeben hat – zurückkehrt. Auch der Bundestag beschäftigt sich zurzeit mit einer Gesetzesnovelle zu diesem Thema. Der Hessische Landtag und die Landesregierung wollen – wie der Vogelsbergkreis auch – dass sich der Bund bei der Asylpolitik an der Koordinierung und an den Kosten beteiligt. +++ fuldainfo