Giegold sieht in abgesagter Bankenfusion Niederlage für Scholz

Fusion wäre "irrsinnig" gewesen

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz (SPD)

Der Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl im Mai, Sven Giegold, begrüßt die abgesagte Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank und sieht darin eine klare Niederlage für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). „Das ist eine Klatsche für Olaf Scholz und seinen Größenwahn“, sagte Giegold den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. Es sei von Anfang an „unverständlich“ gewesen, dass „Scholz als Sozialdemokrat diese Megafusion gegen den Willen der Belegschaft durchziehen wollte“, so der Grünen-Europaabgeordnete weiter. „Finanzminister Scholz sollte jetzt die akuten Herausforderungen wie mehr Investitionen in Europa und die klimafreundliche Modernisierung unserer Wirtschaft anpacken, anstatt sich selbst mit absurden Projekten Denkmäler setzen zu wollen“, so Giegold. Ihm zufolge wäre die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank „irrsinnig“ gewesen. Es sei gut, dass darunter nun ein Schlussstrich gezogen wurde. „Die Comm erzbank hätte sich unkalkulierbare Risiken ins Haus geholt. Mit einer Fusion hätte ein Bayer der Bankenwelt gedroht“, sagte Giegold den Zeitungen.

Theurer begrüßt geplatzte Fusion

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, hat den Abbruch der Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank begrüßt. „Der Abbruch der Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank ist ein Sieg der Vernunft und eine Niederlage für Finanzminister Olaf Scholz“, sagte Theurer dem „Handelsblatt“. Die Bundesregierung hätte gut daran getan, sich von vornherein aus den Fusionsgesprächen herauszuhalten. Für den FDP-Politiker waren die Gespräche von Beginn an zum Scheitern verurteilt: „Wenn zwei Schwache zusammengehen, kommt dabei nicht automatisch ein Starker heraus. Diese Erkenntnis hat sich auch in den Chefetagen der beiden Banken herumgesprochen. Man muss sagen: Gott sei Dank“, so Theurer weiter. Er erhob gleichzeitig schwere Vorwürfe gegen den Finanzminister. „Wenn hier nach den Wünschen von Herrn Scholz ein schwächelnder Riese entstanden wäre, hätte dies fatale Auswirkungen auf d ie deutsche Wirtschaft haben können“, sagte der FDP-Fraktionsvize dem „Handelsblatt“. Die Absage an die Fusion eröffne gleichzeitig neue Chancen. „Für die deutsche Bank könnte eine Lösung mit einem europäischen Partner eine echte Zukunftsperspektive darstellen“, so Theurer weiter.

Jeder Zweite findet Abbruch der Gespräche gut

Rund 55 Prozent der Deutschen halten es für richtig, dass die Gespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank über eine Fusion abgebrochen worden sind. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des „Handelsblatts“ vom Donnerstag. Nur 12 Prozent der Befragten halten die Entscheidung für falsch, 33 Prozent haben sich enthalten. Deutsche Bank und Commerzbank hatten am Donnerstagvormittag in einer gemeinsamen Pressemitteilung das Aus der Fusionsgespräche verkündet. Die Vorstandsvorsitzenden beider Häuser, Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke, gaben an, ein Zusammenschluss biete keinen ausreichenden Mehrwert. Die Umsetzungsrisiken, Restrukturierungskosten und Kapitalanforderungen seine zu groß gewesen. Für die Erhebung waren 574 Personen am 25. April via Online-Panel befragt worden.

Deutsche-Bank-Chef rechtfertigt Gesprächsabbruch

Nach der geplatzten Fusion mit der Commerzbank hat Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing die Gespräche über einen Zusammenschluss als „historische Chance“ bezeichnet, den Abbruch aber auch rechtfertigt. Der „Bild-Zeitung“ sagte er: „Wir als Deutsche Bank hätten mit der Commerzbank besser sein müssen als alleine. Und das ist eben nicht so.“ Was Deutsche Bank und Commerzbank in den vergangenen sechs Wochen während der Fusionsgespräche erarbeitet hätten, „war aber nicht überzeugend genug“, sagte der Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Dies hätten die Vorstände beider Banken „nach sehr fairen Gesprächen ähnlich gesehen“, so Sewing zu „Bild“. Ein solcher Banken-Deal müsse sich „rechnen“. Sewing räumte ein, vom Widerstand von Kunden, Mitarbeitern und einigen Aktionären überrascht worden zu sein. Sewing zu weiter: „Ich weiß heute mehr über die Risiken einer gemeinsamen Bank. Da gibt es viele Interessengruppen: unsere Kunden, unsere Mitarbeiter, unsere Aktionäre. Und wenn Sie dann – neben den harten Zahlen – auch die weichen Faktoren sehen, wie etwa unsere Kunden und unsere Mitarbeiter auf die Gespräche reagieren, dann kommen Sie zu dem Schluss, diese Transaktion nicht zu machen.“ Auf die Frage einer möglichen Übernahme der Deutschen Bank durch ein ausländisches Institut sagte Sewing: „Ich erwarte über die nächsten Jahre in Europa noch eine Banken-Konsolidierung. Und dabei möchte ich nicht nur zusehen, sondern auch Akteur sein.“ Der Deutsche Bank-Chef lobte zudem Rolle der Bundesregierung während der Fusionsgespräche: „Wir haben ein Finanzministerium, das sich positiv für die deutsche Finanzbranche und den Finanzplatz einsetzt“, sagte Sewing. Er habe den Finanzminister „immer konstruktiv erlebt.“

Commerzbank-Chef sieht in Fusionsabbruch keine Niederlage

Im Scheitern der Fusions-Gespräche mit der Deutschen Bank sieht Commerzbank-Chef Martin Zielke keine persönliche Niederlage. „Wieso denn das? Es ist meine Pflicht als Vorstand, verschiedene strategische Optionen zu prüfen“, sagte Zielke der „Bild-Zeitung“. Derartige Gespräche würden „zum Alltag“ gehören. „Das ist ein Dauerauftrag, völlig normal, nichts Aufregendes“, so Zielke zu „Bild“. „Sie verurteilen ja auch den TÜV nicht, wenn er seine Arbeit macht und prüft“, sagte der Commerzbank-Chef weiter. Er widersprach auch dem Vorwurf, vor dem Widerstand der Gewerkschaften wegen eines zu befürchtenden erheblichen Arbeitsplatzabbaus eingeknickt zu sein: „Wir wussten, was auf uns zukommt. Aber hätten wir deshalb die Gespräche nicht führen sollen? Natürlich nicht“, so Zielke weiter. Nach jahrelangen Spekulationen über eine Fusion der beiden Geldhäuser gebe es nun endlich eine Entscheidung: „Diese Klarheit haben wir jetzt, machen einen Haken dran und blicken nach vorne.“ Zielke gab an, dass die Commerzbank „alleine stark genug“ sei. „Wir wachsen aus eigener Kraft und haben eine funktionierende Strategie“, betonte der Commerzbank-Chef in „Bild“.

Bouffier: „Es gilt jetzt, die Zukunftsfähigkeit beider Finanzinstitute zu sichern“

Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier erklärte zur Beendigung der Fusionspläne: „Der Schritt, die Pläne zu einer möglichen Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank nicht weiterzuverfolgen, ist eine unternehmerische Entscheidung, die es zu akzeptieren gilt. Es ist gut, dass die Diskussion jetzt beendet ist. Es gilt nunmehr, die Zukunftsfähigkeit beider Finanzinstitute nachhaltig zu sichern. Dies ist wichtig für die gesamte europäische Finanzwelt und natürlich besonders für den Finanzplatz Frankfurt.“ +++