Wiesbaden/Hofbieber – „Wir sind dabei, die letzten großen, dicken Bretter durchzubohren“, sagte Volker Bouffier. Im Blick auf die angekündigte „Hessenkasse“ hat der Ministerpräsident mit 60 parteilosen Bürgermeistern in der Staatskanzlei ausgiebig und weitergehend gesprochen über Finanzen, Forderungen und Förderungen, vor allem aber über gemeinsame Fortschritte. Das war die bislang größte Gruppe, die zu diesem Gespräch zwischen Regierung und Rathäusern nach Wiesbaden gekommen war.
Die Parteiunabhängigen Bürgermeister (PuB) stellen nach Worten des Regierungs-Chefs mittlerweile im Lande Hessen die größte Gruppe der Rathaus-Chefs. „Wir sind und bleiben eine Arbeitsgruppe“, sagte Harald Semler, Bürgermeister in Wetzlar und Vorsitzender der „Freien“. Für die Landesregierung gab es vorneweg „Trüffel statt Rüffel“, so Semler, als er zu Beginn des zweistündigen Gesprächs Süßes aus Dillenburg überreichte. Mit ihren Aussagen und Antworten trafen indes Ministerpräsident Bouffier sowie Innenminister Peter Beuth, Finanzminister Dr. Thomas Schäfer und hochrangige Beamte der Staatskanzlei oft den Geschmack der Bürgermeister, auch wenn sie oft um Geduld für ausstehende Lösungen bitten mussten.
Bürgermeister Klaus Temmen hätte beispielsweise schon jetzt gerne eine Aussage gehabt, wie das aus dem Land fließende Geld der Kommunen ab 2019 besser verteilt wird. „Wir hätten das Geld gerne selbst, um weiter konsolidieren zu können“, sagte der Rathaus-Chef aus Kronberg. „Wir hätten auch gerne eine bundeseinheitliche Lösung, kommen im Moment aber nicht weiter“, sagte Bouffier. Auf die Fragen von Markus Röder (Hofbieber), Danny Sutor (Grebenstein), Brigitte Bannenberg (Glashütten) und Burkhard Scheld (Herleshausen) antworteten die Minister detailreich. Es gehe darum, „Zinsrisiken aus den Haushalten herausholen und den Kommunen zu ermöglichen, bei Null anzufangen“, sagte Beuth. Dabei dürfe man aber weder Ressourcenverbrauch verschleiern, noch die Höhe des Kassenkredites als Maßstab nehmen oder gar die anderen Kommunen zu benachteiligen, die bislang auch ohne „Dispo“ ausgekommen seien. Der Rechnungshof suche derweil noch nach einer Möglichkeit, die speziellen Kosten von Flächengemeinden – Herleshausen hat beispielsweise rund 2.900 Einwohner in elf Ortsteilen – zu erkennen und im Finanzausgleich zu berücksichtigen, antwortete Dr. Schäfer.
Auf den vorgetragenen Wunsch nach einem höheren Landeszuschuss für das Vorschuljahr (100 Euro pro Platz und Monat seit zehn Jahren) oder auf die derzeit vielfach gegebenen Versprechen völliger Kostenfreiheit, wollte von der Regierungsbank niemand Summen nennen, sondern nur eine Jahreszahl: „Alle, die derzeit die Debatte führen, zahlen nicht. Wir arbeiten für Hessen darauf hin, dass ab 2020 in der Kinderbetreuung die Eltern, die Träger und auch die Kommunen entlastet werden“, sagte Ministerpräsident Bouffier. Für die Praxis wünschte sich Bürgermeister Uwe Scharf (Hasselroth), dass wieder mehr „artverwandte Berufe“ in der Betreuung und Bildung eingesetzt werden dürfen.
Um Standards, die im ländlichen Raum nur schwer und meist mit hohem Aufwand zu schaffen sind, ging es Bürgermeister Heiko Stock (Lautertal), wenn er die Probleme mit Vorschriften für Phosphat-Werte im Abwasser, Klärschlammverwertung und Kanaluntersuchungen schilderte. Um den Abbau teurer und aus der praktischen Sicht vieler Bürgermeister unnötiger Standards ging es Götz Konrad (Eschenburg). Über ihre Internetseite www.pub-hessen.de wollen die Parteiunabhängigen deshalb auch in diesem Jahr wieder eine „TOP 10 sinnloser Standards“ präsentieren. Auch dafür zeigte sich Hessens Regierung zum Gespräch mit den Rathaus-Chefs weiterhin bereit. „Wir müssen am Ende Maß und Mitte finden“, sagte Bouffier abschließend. +++
Info: Mit 174 Rathaus-Chefs und Wahlbeamten, darunter Frank Kilian als Landrat im Rheingau-Taunus-Kreis, stellen die Parteiunabhängigen Bürgermeister (PuB) in Hessen die größte Gruppe. Vorsitzender ist Harald Semler, Bürgermeister in Wetzlar. Mehr Informationen gibt es unter www.pub-hessen.de im Internet.
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