Geschichtsverein veröffentlicht zum Jubiläum einen Almanach

Keine trockene Vereinschronik, sondern einen spannenden Blick in die Geschichte Fuldas bietet die neueste Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins: Der 550 Mitglieder zählende Verein hat zu seinem 125-jährigen Bestehen einen Almanach für das Jahr 1896 herausgegeben – das Jahr der Gründung. In einem Almanach wird Monat für Monat auf ein bestimmtes Jahr zurückgeblickt. „Der Almanach ist ein sehr ungewöhnlicher und mittlerweile selten gewordener Zugang zur Geschichte“, erklärt Fuldas Kulturamtsleiter und Geschäftsführer des Geschichtsvereins, Dr. Thomas Heiler. „Aber in unserem Fall ist es ein sehr geschickter und gelungener Zugang geworden.“ Der Autor des neuen Buches und langjährige Schriftleiter der „Fuldaer Geschichtsblätter“, Thomas Martin, ergänzt: „Wir wollten für unser Jubiläum keine trockene Chronik schreiben, sondern eine Veröffentlichung herausgeben, mit der jeder Fuldaer etwas anfangen kann.“

Deswegen kommt der Geschichtsverein selbst in dem Buch nur am Rande vor. Stattdessen führt der Almanach auf, was alles im Jahr 1896 in Fulda und Umgebung geschehen ist. „1896 ist eigentlich ein ‚langweiliges‘ Jahr, keines, das sich weltgeschichtlich ins Gedächtnis eingebrannt hat. Aber es ist ein Jahr, in dem für Fulda entscheidende Weichen gestellt werden“, sagt Martin und nennt als Beispiel den Anbau des Stadtsaales an die Orangerie, der auch heute noch für zahlreiche Veranstaltungen genutzt wird. Ebenso beschäftigt das Aussehen der Bahnhofstraße die städtischen Gremien in diesem Jahr – die 1896 getroffenen Entscheidungen prägen das Stadtbild mit Bahnhofsviertel und Universitätsplatz bis heute. Außerdem wird mit der Christuskirche das erste evangelische Gotteshaus eingeweiht, es werden die Grundlagen für den Friedhof am Frauenberg gelegt, und erste Planungen für eine jüdische Schule – das heutige jüdische Gemeindezentrum in der Von-Schildeck-Straße – beginnen, es gibt Straßenpflasterungen, erste Bürgersteige und erste Telefonanschlüsse. „Es ist eine Zeit des Aufbruchs und der Modernisierung, die von großem Wachstum der Stadt gezeichnet ist“, erläutert Martin.

Der Autor hat dazu die Zeitung und die Kreisblätter des Jahres 1896 durchgeblättert, um herauszufinden, was die Öffentlichkeit in dieser Zeit bewegt hat. Dabei schaut Martin nicht nur auf lokale Ereignisse: Alles rund um die deutsche Kaiserfamilie und die russischen Zaren scheint die Fuldaer sehr zu interessieren, die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Griechenland hingegen anscheinend gar nicht. Auch Themen, die heute aktuell sind, beschäftigen die Menschen: Die Zeitung gibt beispielsweise Tipps zum richtigen Lüften, und bei Wetterkapriolen im Sommer 1896 kommt sogar ein Mann ums Leben. Das 200 Seiten dicke Buch ist mit vielen Fotos aus dem Stadtarchiv illustriert, die das Fulda des 19. Jahrhunderts lebendig werden lassen.
Gerhard Möller, Vorsitzender des Geschichtsvereins, dankt dem Autor und Dr. Heiler als Lektor für die viele Arbeit, die in das Werk geflossen ist. Außerdem dankt er dem Verlag Parzeller für die gute Zusammenarbeit. +++ pm