„Geschenk der Schöpfung“: 12 Nistkästen für den Bischofsgarten

"Die Welt ist uns als Gabe Gottes gegeben, damit wir sie in Verantwortung weitergeben.“

Seit gestern Abend hängen im Bischofsgarten in Fulda zwischen Bischöflichem Generalvikariat des Bistums Fulda und Bischofshaus gelegen 12 Nistkästen. Angebracht wurden sie von Vertretern der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. und Vertretern des Nabu Fulda und Künzell e.V. Die Idee dazu, auch im Obstgarten der großflächigen Bischofsresidenz des Bistums Fulda etwas für den Artenerhalt zu tun, entstammt keinem geringeren als dem 1. Vorsitzenden der NABU-Gruppe Eichenzell, Reinhard Kolb. Der Eichenzeller engagiert sich seit vielen Jahren hingebungsvoll für den Naturschutz. Wie es zu seiner jüngsten Idee kam, erzählte Kolb, der in diesem Jahr 78 Jahre wird, gestern Abend im Beisein seiner Ehefrau, Schwiegertochter, seines jüngsten Enkels Samuel und mit seinem Pflegesohn, Stadtpfarrer Stefan Buß von der Katholischen Innenstadtpfarrei Fulda „Sankt Simplicius, Faustinus und Beatrix.“

Es war der erste Gottesdienst, dem nach dem Lockdown 2020 zu Christi Himmelfahrt als Freiluft-Gottesdienst im Obstgarten der Bischofsresidenz des Fuldaer Bischofs, Dr. Michael Gerber, stattgegeben wurde, als Reinhard Kolb erstmalig diesen in Augenschein nahm und ihm sofort auffielen, dass in diesem an den vielen Apfelbäumen noch gar keine Nistkästen angebracht waren. Dies veranlasste den engagierten Artenschützer dazu, mit Frank Post vom Bischöflichen Generalvikariat, der sich im Laufe der nächsten Wochen und Monate aus verantwortlicher Organisationsleiter entpuppen sollte, direkt in Kontakt zu treten. „Ich habe hier einen Nistkasten-losen Obstgarten vorgefunden“, sagte Kolb zu dem Repräsentanten des Bischöflichen Generalvikariates. „Das kann so nicht bleiben!“ In Folge trat Frank Post an den Bischof des Bistum Fulda, Dr. Michael Gerber, heran, der die Idee, einige Bäume des Bischofsgartens mit Nistkästen zu versehen, für gut und sinnstiftend befand und erteilte Kolb durch Frank Post seine Zustimmung.

Also wurde sein Freund Peter Hess, Mitglied im NABU Fulda und Eichenzell e.V., mit der Aufgabe betraut, bei der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Fulda 12 Nistkästen aus Holzbeton mit der entsprechenden Ausstattung zum Schutz vor Marder, Eichhörnchen und Waschbär zu bestellen, die die Stadt bezahlte, und entsprechend zu präparieren und zu beschriften. Besondere Dankesworte vonseiten Reinhard Kolb gebührten an dieser Stelle Madeleine Bosold, der Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde. Peter Hess trägt Verantwortung für 700 Nistkästen im Landkreis Fulda u.a. für den Steinkauz und den Wendehals. Reinhard Kolb begrüßte gestern im Bischofsgarten auch den 1. Vorsitzenden des NABU Fulda und Künzell e.V., Hans-Ulrich Sprenger, sowie Sprecher Georg Klaus von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie (HGON). Besonders freute sich der Vorsitzende der NABU-Gruppe Eichenzell mit Stadtpfarrer Stefan Buß auch seinen Pflegesohn zu begrüßen. 1986 war Buß in der Gemeinde Eichenzell im Diakonat. Da seine Eltern im nordhessischen Bad Hersfeld lebten, sagte er zu Reinhard Kolb und seiner Frau: „Ihr seid meine Pflegeeltern.“ Und Kolb ergänzte gestern in Fulda: „Meine Frau und Ich haben dann das Diakonat und auch die Priesterweihe begleitet, daraus ist eine, bis heute 35-jährige Freundschaft entstanden. Oft wohnen die Kolbs auch dem Gottesdienst von Stefan Buß bei.

Da die Nistkästen nach dem Verständnis des 1. Vorsitzenden der NABU-Gruppe Eichenzell, Naturschützer Reinhard Kolb, dazu gläubiger Christ, auch ein „Geschenk von Gottes Schöpfung“ sind, wurden diese vor ihrem Anbringen an die Obstbäume und wie es darüber hinaus in Fulda nun einmal üblich ist, durch den Bischof des Bistums Fulda, Dr. Michael Gerber, der seitdem er in Fulda ist, die Schönheiten der hessischen, bayerischen und thüringischen Rhön schätzen und lieben gelernt hat und daher wann immer es ihm möglich ist, in der Natur unterwegs ist, gesegnet. Potenziell können in den Nistkästen acht Vogelarten und vier Säugetierarten Einzug halten. Reinhard Kolb verlas gestern die möglichen Vogel- und Säugetierarten: Kohlmeise, Blaumeise, Sumpfmeise, Kleiber, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper, Feldsperling, Star, Gartenschläfer, Siebenschläfer, Haselmaus und Gelbhalsmaus. Und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: „Genau wie die Apostel.“ Damit die Nistkästen nicht einfach anonym in die Bäume gehängt werden, wurde an jeden Nistkasten noch ein Namensschild angebracht, das beispielsweise mit der Aufschrift „Michael“, dem Fuldaer Bischof Dr. Michael Gerber, mit „Karlheinz“, dem Fuldaer Weihbischof Karlheinz Diez oder mit „Stefan“, Stadtpfarrer Stefan Buß nachempfunden wurde. „Aus der irdischen Sphäre haben wir ein Nistkasten dem Heiko nachempfunden“, sagte Reinhard Kolb dabei den Blick in Richtung des anwesenden Fuldaer Oberbürgermeisters, Dr. Heiko Wingenfeld, gerichtet.

Etwas sentimental brachte Reinhard Kolb am Montag im Bischofsgarten die Broschüre der Deutschen Bischöfe aus dem Jahr 1980 zu dem Thema „Bewahrung der Schöpfung“ zur Sprache. Das, was darin geschrieben steht, fuhr Kolb fort, hat heute immer noch Gültigkeit. „Die Welt ist uns als Gabe Gottes gegeben, damit wir sie in Verantwortung weitergeben“, zitierte Kolb daraus, der fortfuhr: „Ein bisschen was von dieser Verantwortung wollen wir heute auch mit den Nistkästen als Vorbildfunktion übernehmen.“ Weiter ging der 1. Vorsitzender der NABU-Gruppe Eichenzell auf einen, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen Gastbeitrag vom vergangenen Sonntag ein, der von der Erfahrung eines Autors aus Regensburg erzählt, der im Lockdown vor seiner Haustür ganz hautnah die Natur an einem alten Donauarm entdeckte. Wie der Autor weiter schrieb, fürchte er sich selbst vor dem Ende der Ruhe, die die weltweite Pandemie mit sich brachte. Zum Abschluss schrieb der Autor: „Wir kriegen unser Leben zurück sagen alle. Aber ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue. Wenn wir unser Leben zurückkriegen, wenn unsere Welt wieder Fahrt aufnimmt, wenn das Riesenrad sich wieder dreht mit den tausend bunten Lichtern, für die wir alle die Starkstromleitungen und die Wasserwerke brauchen, heißt das auch, dass wir einer anderen Welt etwas wegnehmen.“ Dieses Wegnehmen der anderen Welt, so Reinhard Kolb, das sollte auch uns immer wieder Motivation und Antrieb sein, dass wir dieser anderen Welt der Schöpfung nicht so viel wegnehmen.

Bischof Dr. Michael Gerber dankte gestern in Fulda allen Verantwortlichen für die Initiative. „Das Stichwort ‚Gabe Gottes für die Schöpfung‘ ist für mich auch ganz persönlich ein wichtiges Stichwort“, sagte Bischof Dr. Gerber. „Mir ist die Natur sehr wichtig. Ich bin mitten in der Natur, in Gottes Schöpfung, aufgewachsen – in einer Gegend, die sehr stark vom Obst- und Weinbau geprägt ist. Mich erinnert dieser Obstgarten daher auch sehr stark an meine Heimat.“ Weiter sagte der Fuldaer Bischof: „Eine Erfahrung, die wir auch im Lockdown machen durften, die uns auch darüber hinaus begleitet, dass wir diesen Obstgarten auch nutzen für Begegnungen und Gottesdienste. Wir entdecken nochmal die Möglichkeiten, die wir haben. Gerade auch die Verbindung zwischen Spiritualität und Schöpfung, wie man sie an diesem Ort erfährt. Das kann auch eine Perspektive für die Zukunft sein. Ich sehe es daher als meine persönliche Aufgabe, den Bischofsgarten, soweit es geht, auch zugänglich zu machen den Menschen und jetzt auch den Vögeln. Im Garten nebenan haben wir kürzlich Bienenvölker angesiedelt und jetzt hier schon bald Vögel, das passt gut.“

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sagte der Fuldaer Bischof: „Der Lockdown hat uns auf vieles aufmerksam gemacht. So habe auch ich immer wieder die Stille sehr genossen. Wir gönnen es aber auch den Menschen, gerade den jungen Menschen, dass sie jetzt wieder feiern können.“ Nach Bischof Gerber brauche es aber auch eine Sensibilität, die uns den Blick nach der Frage „Wie gehen wir mit der Schöpfung um?“ eröffnet. Dr. Heiko Wingenfeld bedankte sich als Oberbürgermeister der Stadt Fulda für die Initiative. Er sei nach dem Pfingstgottesdienst von Reinhard Kolb angesprochen worden, dass doch Nistkästen vonseiten der Stadt im Bischofsgarten angebracht werden mögen. „Diesen Wunsch konnte ich ihm natürlich nicht abschlagen“, so gestern Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld, der auch Grüße von Madeleine Bosold überbrachte. „Die Initiative scheint so naheliegend und doch braucht es Menschen, die Ideen dafür entwickeln, diese mit Engagement in Angriff nehmen und vorantreiben“, so der OB weiter. „Auf den ersten Blick scheinen diese 12 Nistkästen nicht von großer Dimension zu sein, aber sie stehen symbolisch dafür, wie wir mit unserem ‚Lebensraum Umwelt‘ umgehen und wie es uns gelingen kann, vor allem innerstädtische Biotope als solche für die Tierwelt überhaupt zu ermöglichen und zu erhalten.“ Hierfür sei der Apfelbaumgarten wunderbar geeignet. „Wir können alle etwas zum Naturschutz und zum Artenerhalt – Insektenschutz, Bienenschutz und den Vogelschutz – beitragen. Alles steht mit der Natur wunderbar im Einklang“, so Wingenfeld abschließend, der allen Nistkästen einen guten Zuspruch wünschte. Welche Vogelart und / oder vielleicht auch Säugetierart es sich in den angebrachten Nistkästen bequem gemacht hat, soll im Herbst durch entsprechendes Fachpersonal begutachtet werden. +++ jessica auth