Gabriel will entschlosseneres Vorgehen gegen Steuertricks

Experten warnen vor hartem Vorgehen gegen US-Konzernen

Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert ein härteres Vorgehen gegen die Steuertricks großer Unternehmen. „Globale Konzerne schaffen es durch legale und illegale Tricks noch viel zu oft, sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen – auch in der Europäischen Union“, sagte Gabriel der „Welt am Sonntag“. Sie scheffelten riesige Gewinne und profitierten vom Gemeinwohl, ohne sich an der Finanzierung zu beteiligen. „Es ist Zeit, dass wir diesen Tricksereien einen Riegel vorschieben, gerade auch auf europäischer Ebene“, sagte Gabriel.

Experten warnen vor hartem Vorgehen gegen US-Konzernen in Europa warnen Experten vor einem harten Vorgehen. „Wenn wir damit beginnen, Firmen wie Google oder Apple anders besteuern zu wollen, machen wir ein steuerpolitisches Fass auf“, sagte Berthold Welling, Steuerexperte des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der „Welt am Sonntag“. „Unterm Strich würde sich das für den deutschen Haushalt nicht rechnen, denn dann werden andere aufstrebende Staaten wie China oder Indien mehr Ansprüche stellen und einen deutlich größeren Steueranteil von deutschen Konzernen haben wollen.“ Zahlen des BDI, über die die Zeitung berichtet, belegen, dass auch deutsche Unternehmen im Verhältnis zum Umsatz einen eher unterproportionalen Steueranteil im Ausland zahlen. Ein DAX-Unternehmen mit knapp 117.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von gut 46 Milliarden Euro etwa beschäftigt knapp ein Drittel seiner Leute im Inland. Der Umsatzanteil Deutschlands beläuft sich nur auf elf Prozent. Dennoch wird den Zahlen zufolge gut die Hälfte aller Ertragsteuern hierzulande gezahlt.

Noch auffälliger sei es bei großen familiengeführten Firmen: Dort macht ein typisches Unternehmen nur sieben Prozent des Umsatzes in Deutschland. Der Steueranteil in Deutschland liege dagegen bei 60 Prozent. Änderungen in der internationalen Besteuerung könnten daher kostspielig für die deutsche Staatskasse werden. Dennoch gibt es auch in der deutschen Politik Bestrebungen, den US-Hightechfirmen steuerrechtlich zu Leibe zu rücken. „1.000 legale Steuertricks für Google, Starbucks und Co. dürfen keine Option mehr sein“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Multinationale Unternehmen entziehen sich in Milliardenhöhe ihrer Steuerverantwortung.“ Angesichts des „Schneckentempos“ von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei diesem Thema müsse man davon ausgehen, dass die Bundesregierung kein echtes Interesse habe, ernsthaft gegen die Steuervermeidung vorzugehen.

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) forderte: „Der Steuertourismus internationaler Großkonzerne muss endlich beendet werden.“ Diese Steuerpraxis untergrabe massiv die Steuergerechtigkeit. Und auch Katja Suding, Fraktionsvorsitzende der FDP in Hamburg – dem Ort, an dem Google in Deutschland seinen Sitz hat -, fordert Steuergerechtigkeit: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Software-Startups vor Ort brav ihre Steuern zahlen sollen und Unternehmen wie Google sich dem entziehen können.“ Renommierte Steuerexperten weisen auf die Probleme hin: „Zwischen der EU und den USA schwelt ein Steuerkrieg. Und Deutschland befindet sich dabei in einer Art Zwangspartnerschaft mit den USA“, sagte der Steuerrechtler Reimar Pinkernell von der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg. +++ fuldainfo