Berlin. Die Beteiligung Luxemburgs an den Steuertricksereien großer internationaler Konzerne ist in Deutschland bei Regierung wie Opposition auf massive Kritik gestoßen: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte der „Süddeutschen Zeitung“, Staaten dürften Steuerdumping nicht zum Geschäftsmodell erheben. Wer das dennoch tue, „legt die Axt an die europäische Solidarität“. „Dieser Spuk muss so schnell wie möglich aufhören“, so der Vizekanzler.
Er forderte die neue EU-Kommission auf, die Verhinderung von Steuerdumping zu einer ihrer zentralen Aufgaben zu machen. „Wenn internationale Konzerne EU-Mitgliedsstaaten gegeneinander ausspielen können, steht das Projekt Europa insgesamt in Frage“, so Gabriel. Auch gefährdeten Konzerne, die weniger Steuern zahlten als jeder Handwerker, die Finanzierung des Gemeinwesens in Deutschland. Nach Recherchen mehrerer internationaler Zeitungen, darunter die „Süddeutsche Zeitung“, hat die Regierung des Großherzogtums Konzerne aus Deutschland und anderen Staaten jahrelang tatkräftig dabei unterstützt, Gewinne aus ihren Heimatländern zu verlagern.
In Einzelfällen soll die Steuerlast der Unternehmen dadurch auf weniger als ein Prozent gesunken sein. Initiiert wurden die Praktiken während der Regierungszeit von Premierminister Jean-Claude Juncker, der mittlerweile Präsident der Europäischen Kommission ist. Der Chef der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, sagte der „SZ“, Arbeitnehmer und Mittelständler hätten keine Schlupflöcher wie große Unternehmen, sie zahlten ehrlich ihre Steuern. Aber Banken und andere Konzerne „mit riesigen Gewinnen können sich davor drücken, einen nennenswerten Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten. Das ist ein Skandal und ein schweres Versagen der herrschenden Politik“, erklärte Gysi. +++ fuldainfo
Solche Auswüchse wie in Luxemburg nennt man asoziale Marktwirtschaft. Riesige Anwaltskanzleien leben davon, die Wirtschaft zu beraten, wie sie sich vor den Abgaben für das Gemeinwesen drücken können. Profitieren tun wie immer vor allem die Supergroßen und Superreichen. Der luxemburgische Skandal ist doch schon seit vielen Jahren bekannt. Ich persönlich sah mich deshalb nicht in der Lage, bei der Europawahl jene Parteien zu wählen, die Herrn Juncker unterstützten. Dieser Mann hat mit seiner Politik in Luxemburg auch Deutschland schweren Schaden zugefügt. Nur mit Kopfschütteln konnte ich registrieren, dass Herrn Juncker in Fulda während des Europawahlkampfs ein herzlicher Empfang bereitet wurde. Aber es ist ja nicht der einzige umstrittene Politiker, der in Fulda in den letzten Jahren mit großem Tamtam gefeiert wurde. Offenbar sind wir hier in der Provinz immer völlig aus dem Häuschen, wenn uns überhaupt jemand von außerhalb aufsucht.