Von außen wirkt das Fliegende Künstlerzimmer viel kleiner als es im Inneren tatsächlich ist. Der mit goldbraunen Holzschindeln verkleidete Kubus aus Holz steht seit vergangenem Herbst auf dem Schulhof der Stadtschule in Schlüchtern. Die beiden freischaffenden Künstlerinnen Lena Skrabs und Paloma Sanchez-Palencia leben und arbeiten direkt in der Haupt- und Realschule, inmitten des Schulbetriebs. Kreisbeigeordneter und Schuldezernent Winfried Ottmann besuchte die beiden Frauen zusammen mit Schulleiter Andreas Leibold und sprach mit ihnen über deren Kunstprojekte und die Idee, die hinter dem Fliegenden Künstlerzimmer steht: Es geht darum, Kindern und Jugendlichen auch in ländlichen Gegenden in Hessen die unmittelbare Begegnung mit Kunstschaffenden zu ermöglichen. Solche Wohn-Ateliers auf Schulhöfen gibt es aktuell in sechs Schulen, die Stadtschule ist der einzige Standort im Main-Kinzig-Kreis.
Die beiden Frauen sind „Artists in Residence“ und erproben gemeinsam mit der Schulgemeinschaft der Stadtschule kreative Arbeitsprozesse. „Und das mit großem Erfolg, wir sind alle begeistert und finden das Projekt sehr spannend. Die Kinder und Jugendlichen haben das Angebot sehr schnell angenommen und schauen auch außerhalb der Projektarbeit regelmäßig bei den beiden Künstlerinnen vorbei. Diese haben einen ganz eigenen Zugang zu den jungen Leuten und kommen schnell mit ihnen in Kontakt“, erklärte Schulleiter Andreas Leibold. Angestoßen wurde das Projekt 2018 von der Crespo Foundation als Programm zur kulturellen Schulentwicklung in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Das Programm wurde mittlerweile auch auf Stadteilarbeit ausgeweitet.
„Der Ansatz ist überraschend und passt hervorragend zum Schulprofil der Stadtschule, denn sie hat den Schwerpunkt Musik und wurde auch in das Programm der Kulturschulen in Hessen aufgenommen“, sagte Winfried Ottmann. Deshalb habe der Kreis das Projekt gerne unterstützt. „Es ist erfreulich zu hören, wie gut das Angebot von Kindern, Jugendlichen und den Lehrkräften angenommen wird“, sagte Winfried Ottmann. Um das kleine Miniaturhaus auf dem Schulgelände errichten zu können, mussten Anschlüsse wie für ein großes Gebäude gelegt werden. Schließlich ist es dazu gedacht, dass darin gelebt und gearbeitet wird. Daher verfügt das kleine Atelier über eine voll ausgestattete Küchennische, zwei Betten und ein kleines Bad. Die Staumöglichkeiten sind reichlich vorhanden, fallen aber nicht ins Auge, da sich die Einbauschränke fast nahtlos in die hellen Holzwände einpassen. Alles duftet nach dem verwendeten Baumaterial Holz. Der Raum ist hoch, das Licht kommt vor allem durch Deckenluken, denn in den Seitenwänden gibt es lediglich ein Fenster. Das bietet den dort lebenden Menschen einen lichtdurchfluteten Raum und schafft zugleich Privatheit inmitten eines vielbesuchten Ortes, der Schule. Denn dort werden rund 750 Schülerinnen und Schülern von rund 60 Lehrkräften unterrichtet. Zum Schulhof hin lässt sich der Raum mit zwei großen Flügeltüren in eine Bühne verwandeln.
„Multifunktionale Räume sind ein wichtiges Thema für unsere heutige Zeit, das gilt erst recht für Schulen und wie wir hier sehen, auch für Künstlerräume. So ist das Fliegende Künstlerzimmer ein willkommener Raum der Möglichkeiten, in dem junge Leute Ideen entwickeln und ausprobieren können“, sagte Winfried Ottmann. Das Projekt in der Stadtschule wurde von zunächst einem auf zwei Jahre erweitert – zur Freude aller Beteiligten. „Wir würden auch gerne länger hier mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten“, sagte Lena Skrabs. Beide Frauen haben an der Bauhaus-Universität in Weimar studiert und arbeiten seit 2016 als Künstler-Duo „g.a.d.o“. Bei ihrer Arbeit geht es mehr um das Schaffen von Erfahrungen als um die Erstellung einzelner Kunstobjekte. +++ pm