Ex-Unions-Fraktionschef Merz offen für höhere Spitzensteuer

Merz bedauert Wortwahl seiner Regierungskritik

Friedrich Merz (CDU)

Der CDU-Wirtschaftsberater und frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz fordert eine Reform des Unternehmen- und Einkommensteuerrechtes und zeigt sich offen für einen höheren Spitzensteuersatz. „Die Einkommensteuer sollte die Einkommensteuer der privaten Haushalte sein, nicht mehr zugleich die Unternehmensteuer der Personengesellschaften“, sagte Merz dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

„Dann könnte man den gesamten Verlauf des Tarifs auch glätten, wobei ich persönlich nichts dagegen hätte, den Spitzensteuersatz am ganz langen Ende auch leicht zu erhöhen“, so der Christdemokrat weiter. Voraussetzung dafür wäre aber die Abschaffung des „Mittelstandsbauchs“, so Merz. „Einer moderaten Erhöhung des Spitzensteuersatzes für sehr hohe Einkommen würde ich mich nicht widersetzen – wenn im Gegenzug die Mittelschicht entlastet wird“, so Merz. „Viele gut verdienende Leute hätten sicher kein Problem damit, für den letzten verdienten Euro ni cht 46, sondern 48 Cent Steuern zu zahlen, wenn der Tarifverlauf insgesamt vernünftig ist und es keinen – Mittelstandsbauch – mehr gibt.“ Entscheidend sei, den Facharbeiter „aus der steil nach oben steigenden Steuerprogression herauszuholen“, so der CDU-Politiker. Zudem forderte Merz die komplette Streichung des Solidaritätszuschlags. „Die Beibehaltung für einen Teil der Steuerzahler ist unanständig, inakzeptabel und vermutlich auch verfassungswidrig“, sagte der CDU-Politiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Und die Grenzsteuerbelastung für die normale Familie und den gut verdienenden Facharbeiter muss letztlich inklusive der Kirchensteuer sehr deutlich unter 50 Prozent bleiben.“

Merz bedauert Wortwahl seiner Regierungskritik

CDU-Politiker Friedrich Merz hat die Wortwahl seiner scharfen Regierungskritik im Vorfeld des CDU-Parteitages bedauert. „Ich habe gesagt: Es kann so nicht weitergehen. Da ging es vor allem um das Erscheinungsbild der Regierung mit Blick auf die Niederlagen bei Europa- und Landtagswahlen und die quälende Debatte um die Grundrente. Das war nie eine Fundamentalkritik an der Regierung“, sagte Merz dem „RND“ weiter. Auf die Frage, ob das Wort „grottenschlecht“ als Zuschreibung zu hart gewesen sei, antwortete der Christdemokrat: „Es hat den Sachverhalt, den ich ansprechen wollte, nicht genau genug getroffen. Ich würde es heute anders formulieren.“ Die CDU dürfe nie den Eindruck entstehen lassen, untereinander illoyal zu sein, so Merz weiter. „Wenn ein solcher Eindruck von mir ausgehen würde, dann würde ich zu jedem Zeitpunkt alles dafür tun, um dieses Bild wieder geradezurücken.“ Merz gab zu, dass er sich geschmeiche lt fühle, als möglicher Kanzlerkandidat zu gelten. „Ich wäre unehrlich, wenn ich sagen würde, dass mich das nicht freut. Aber es wundert mich auch ein wenig, dass dies über jemanden gesagt wird, der seit zehn Jahren nicht mehr in der Politik aktiv ist. Das zeigt, dass wir in Deutschland offensichtlich einen gewissen Nachholbedarf an politischen Führungspersönlichkeiten haben“, sagte er. „Die Unsicherheiten werden weltweit größer. Die Menschen suchen deshalb nach Personen, denen sie Führung zutrauen.“

NATO „unverzichtbar“

Vor dem NATO-Gipfel an diesem Dienstag und Mittwoch hat der CDU-Politiker Friedrich Merz die Bedeutung des Verteidigungsbündnisses hervorgehoben. „Ich teile die Einschätzung der Bundeskanzlerin, dass die NATO unverzichtbar ist und Europa sich heute noch nicht selbst verteidigen kann“, sagte Merz dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Es sei wichtig, dass auch der europäische NATO-Teil dafür sorgt, dass das Bündnis die Aufgaben erfüllen kann, die es sich vorgenommen habe, so Merz. „Dabei geht es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um strategische und organisatorische Fragen wie die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern.“ Dass Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron die NATO „hirntot“ und US-Präsident Donald Trump das Bündnis „obsolet“ genannt hatten, bezeichnete Merz als „Weckrufe“. Die Skepsis des US-Präsidenten könne für Europa „sogar eine Chance“ sein, so der CDU-Politiker. „Er zwingt uns, diese Fragen zu beantworten. Der große Bruder richtet’s halt nicht mehr.“ Die USA hätten sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert und seien „kriegsmüde“, so Merz. Das Land werde auch unter einem demokratischen Präsidenten nicht zu den alten Mustern zurückkehren, so der frühere Vorsitzende der Atlantik-Brücke: „Wir müssen also unabhängig von der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr unsere Hausaufgaben machen.“ +++