EU-Parlamentspräsident fordert mehr Engagement von Europa

Sassoli zieht rote Linie für Verhandlungen mit Großbritannien

Der Präsident des Europäischen Parlaments, David Sassoli, hat eine größere Rolle der EU in der Welt gefordert. „Angesichts der Abkehr vom Multilateralismus und der regelbasierten Ordnung, die die USA unter Trump vollzogen haben, muss die EU endlich noch stärker als bisher global Verantwortung übernehmen“, sagte Sassoli den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Um in der Außen- und Sicherheitspolitik effektiver zu werden, müssen wir vom Einstimmigkeitsprinzip weg.“

Es gehe aber auch um den Schutz des Klimas oder der Menschenrechte. „Hier haben wir schon lange eine Führungsrolle eingenommen, die wir behaupten und ausbauen müssen“, fügte er hinzu. Große Hoffnungen setzt Sassoli dabei auf die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020. „Der mehrjährige Finanzrahmen wird hoffentlich schon im ersten Halbjahr während der kroatischen Ratspräsidentschaft beschlossen. Dann kann Deutschland darauf aufbauen und wichtige Weichen für die noch junge Legislaturperiode legen, etwa was den Klimaschutz und mögliche institutionelle Reformen angeht“, sagte er. „Auch die Beziehungen mit strategischen Partnern der EU werden eine zentrale Rolle spielen, schließlich fallen die EU-Gipfel mit China und Afrika in den Zeitraum der deutschen Ratspräsidentschaft.“

Sassoli zieht rote Linie für Verhandlungen mit Großbritannien

Der Präsident hat eine harte Haltung der EU in den weiteren Verhandlungen mit Großbritannien angekündigt. Die Europäische Union werde keine Vereinbarung zulassen, bei der „Großbritannien vollen Zugang zum Binnenmarkt hätte, aber zugleich die hohen sozialen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Standards unterwandern könnte“, sagte Sassoli den Zeitungen der Funke-Mediengruppe weiter. Zwar wolle die EU künftig so eng wie möglich mit dem Vereinigten Königreich kooperieren. Doch seien die Vorteile der EU-Mitgliedschaft seien „nicht von außen zu haben“. Sassoli zeigte sich überzeugt, dass nach dem britischen auch das Europäische Parlament dem Austrittsvertrag zustimmt. „Uns ging es vor allem darum, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen und eine harte Grenze in Nordirland zu verhindern und somit den Frieden zu sichern“, sagte er. „Das Austrittsabkommen spiegelt diese Prioritäten des Europaparlaments klar wider, daher bin ich überzeugt, dass es nach dem OK im britischen Unterhaus auch im Januar vom Europaparlament gebilligt wird.“ Sassoli nannte den Brexit „unheimlich schmerzlich“. Für Menschen, die den Fall der Berliner Mauer miterlebt hätten, sei es „tragisch zu sehen, dass nun neue Mauern hochgezogen werden“, so Sassoli weiter. „Wir wollten, dass Großbritannien bleibt, aber die Mehrheit der britischen Wähler hat anders entschieden und das respektieren wir.“ Einen Wiedereintritt Großbritanniens hält der Parlamentspräsident für unwahrscheinlich. „Ich denke, dass sich diese Frage nach der jüngsten Wahl für die absehbare Zukunft erledigt hat“, sagte er. „Damit werden sich vermutlich künftige Generationen befassen.“ +++