Fulda. Am Montag fand in der Eduard-Stieler-Schule Fulda eine Podiumsdiskussion mit Politikern der Parteien statt, die in den Kreistag einziehen wollen. Die von dem Fachkonferenzleiter Politik und Wirtschaft eingeladenen Vertreter wurden von Schulleiter Dr. Rudolf Drexler begrüßt, der sich auf eine „informative und spannende Diskussion“ freute.
Markus Meysner (MdL) konstatierte der CDU auf kommunaler Ebene eine erfolgreiche Arbeitsbilanz, verwies auf die Spitzenpositionen des Landkreises in Hessen in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt, zeigte Vorteile der Infrastruktur und bescheinigte eine zielführende und krisentaugliche Vorgehensweise beim Thema Aufnahme von Flüchtlingen im Landkreis. „Gut. Weiter. Machen.“ sei nicht nur ein Slogan, sondern auch Verpflichtung, Fulda auch zukünftig erfolgreich zu führen.
Für die SPD bestätigte Birgit Kömpel (MdB) weitestgehend die Aussagen von Meysner, zeigte aber auch Defizite im Bereich kommunaler Infrastruktur, v.a. auch den Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum und der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, auf. Sie warb auch dafür, dass die absolute Mehrheit der CDU gebrochen werde, damit auch andere Meinungen Gehör in den politischen Entscheidungen finden.
Helmut Schönberger (B.90/Die Grünen) gab sich als „Fundi“ der grünen Parteipolitik zu erkennen und warb als ökologischer Nebenerwerbslandwirt auch für den regionalen Vertrieb von Produkten. Er positionierte sich ebenfalls auf der Seite einer weitestgehend guten kommunalen Kreistagsarbeit, bezog sich aber auch auf den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch der Ausbau der regenerativen Energie und der regionalen Stromversorgung lagen ihm am Herzen.
Als langjähriger Kreistagspolitiker stellte Thomas Grünkorn (CWE) zunächst das Konzept seiner Wählergemeinschaft vor, die im Besonderen ohne parteibedingte Zugehörigkeiten „echte Kommunalpolitik“ betreibe. Die hier engagierten Politiker setzten sich für deren regionale und lokale Politik ein, weil sie ein echtes Interesse an Beteiligung und Bürgernähe zeigten.
Marion Klotzsche (FDP) unterstellte den Vorrednern, kein wirkliches Programm zu zeigen und zeigte vier Themen auf: Verbesserung der Notfallversorgung im Klinikum Fulda, Stopp des Ausbaus der Windkraftanlagen, Ausbau der Bildungsregion Fulda und Förderung der digitalen Wertschöpfung. Für den Ausbau von regionalen Windkraftanlagen unter Bürgerbeteiligung warb Michal Wahl (Die Linke), der gerade diese dezentrale Energieerzeugung unter Ausschluss der Großkonzerne favorisierte. Neben bezahlbarem Wohnraum wies Wahl auf die hohe Anzahl an Bezieher von Sozialleistungen hin, die durch entsprechende Sozialtarife am öffentlichen, auch kulturellen Leben beteiligt werden sollten.
Die AfD schickte ihren Beisitzer Dr. Wolfgang Strecker ins Rennen, der sich in seinem Statement lautstark gegen die „Lügenpresse“ verwehrte und gegen die „Fäkalisierung“ im Umgang mit der AfD eintrat. Als lokalpolitische Themen forderte Strecker, dass der Kreishaushalt einer realen Prüfung unterzogen werde, ein „Kassensturz“ sei notwendig, weil es an Transparenz fehle, was nicht nur mit Kopfschütteln seitens der beteiligten Politiker honoriert wurde. Er forderte eine Aufhebung der Studiengebühren, die es in Hessen nur für eine sehr kurze Episode bis 2008 gab, wurde auch auf diesen Fehler nicht nur von dem neben ihm stehenden Klotzsche hingewiesen.
In der sich anschließenden Diskussion zeigte sich, dass Meysner auf die Kritik zu den Wahlplakaten der CDU, es gehe nicht um Berlin, sondern um Fulda, gelassen reagierte, weil er eben die regionalen Themen im Vordergrund sehe. Man wolle sich im Landkreis von den Turbulenzen auf Bundesebene nicht seinen „Einser“ in der Bewertung eintrüben lassen; Kömpel zeigte sich irritiert, dass man sich so von der Bundespolitik distanziere und im Gegensatz in positiven Seiten Merkel als Werbung sehe. Vor allem störte sie sich aber an den Wahlplakaten der AfD und forderte Strecker heraus, zu erklären, warum es keine lokalpolitischen Themen gebe, was der Moderator, Rene-André Kohl bestätigte, da er bei der Suche nach dem Wahlprogramm auf das zur Bundestagswahl 2013 auf Bundesebene weitergeleitet wurde, was sich im Verlauf der weiteren Diskussion um so fragwürdiger darstellte, da Dr. Strecker sich von Aussagen der Bundes-Parteiführung distanzierte, da es „nicht alles seine Meinung sei.“ Er zeigte sich trotz allem optimistisch, dank seines aussichtsreichen Listenplatzes in den Kreistag „einzumarschieren“ – ein Sprachgebrauch, der daran erinnerte, dass auch im Deutschen Reichstag 1933 eine Partei ‚einmarschierte‘. Er forderte, dass die Politikerentscheidungen wieder mehr an „Logik und Menschenverstand“ anknüpfen sollten und von Kompetenz geprägt werden, forderte aber gleichzeitig, dass man ihm und seiner Partei eine 100 Tage Frist gönne, um sich einzuarbeiten – ein Umstand, den nicht nur Herrn Grünkorn, sondern auch Frau Kömpel zum Einwand und Kopfschütteln brachte.
Gerade in der Fragerunde zeigte sich, dass neben den Personenbeförderungsproblemen im ländlichen Raum vor allem ein Interesse daran bestand, die AfD und mit ihr Herrn Dr. Strecker mit ihren eigenen Aussagen und Themen zu konfrontieren. Eine Schülerin mit Migrationshintergrund des Beruflichen Gymnasiums stellte sich in feinem Deutsch vor, fragte sehr provokativ bezogen auf ihre eigene Biografie, dass sie mit ihrer Familie aus Afghanistan geflohen sei, auf wen man denn an der Grenze geschossen hätte, auf sie, ihre Geschwister, oder nur ihre Mutter und den Vater? Im Plenum brandete hierzu Beifall auf, was die aufgeheizte Stimmung gegenüber der AfD zeigte. Auch eine weitere Frage bezog sich auf die Äußerungen Martin Hohmanns auf dem Aschermittwochstreffen in Neuhof, woraufhin Strecker sich wieder auf die „Lügenpresse“ und „unwahre Behauptungen“ berief, da er bei dieser Veranstaltung teilgenommen habe und schließlich wisse, was dort gesagt wurde. Er rief alle dazu auf, zu wählen, betonte, dass er und seine Partei nicht dazu aufriefen, eine andere Partei nicht zu wählen, wie dies andere täten. Insgesamt erweckte es den Eindruck, man versuche sich als AfD in eine Opferrolle zu bringen, die von den anderen Parteien gefordert wurde. „Ich kann die AfD und Herrn Strecker nicht verstehen, sie stellen sich als Opfer dar, brüllen aber derart aggressiv ins Mikro, dass man sich nicht vorstellen kann, dass dieser Mann Gewalt grundsätzlich ablehnt, wie er es gesagt hat“, so eine Schülerin in der Reflexion der Diskussion. Geleitet wurde die Diskussion durch Lisa Weisgerber (LiV) und Rene-Andre Kohl, die sich am Ende für das rege Interesse und das Erscheinen der Kandidaten bedankten. +++ fuldainfo