Erste große „Jamaika“-Sondierungsrunde beendet

Unions-Wirtschaftsflügel will von Jamaika-Koalition Schuldenabbau

Berlin. Die erste große Sondierungsrunde zwischen Union, FDP und Grünen ist am Freitagabend kurz vor 22 Uhr zu Ende gegangen. Der grüne Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach anschließend von einer „Generaldebatte mit Blitzen, einigen Geistesblitzen, ein paar dunklen Wolken“. Ein „großer Donner“ sei aber ausgeblieben. FDP-Unterhändlerin Nicola Beer sagte, die Parteien hätten im Wesentlichen ihre Parteiprogramme vorgetragen. Insgesamt standen zwölf Themenpakete auf der Tagesordnung.

Unions-Wirtschaftsflügel will von Jamaika-Koalition Schuldenabbau

Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU (MIT), Carsten Linnemann (CDU), hat ein gemeinsames Bekenntnis zum Schuldenabbau als Grundlage für eine Jamaika-Koalition gefordert. „Die beteiligten Parteien sollten sich zum Auftakt von Jamaika auf die Geschäftsgrundlage zum echten und wirklichen Schuldenabbau von fünf bis zehn Milliarden Euro jährlich bekennen“, sagte Linnemann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Das wäre zugleich auch ein wirkliches Europa-Signal: Deutschland könne nicht nur Geld ausgeben und investieren, sondern auch wirklich sparen. „Nachdem der Sozialhaushalt in der Großen Koalition auf mehr als 50 Prozent der Gesamtausgaben angestiegen ist, brauchen wir ein Zeichen für diejenigen, die diesen Sozialstaat mit ihren Steuern finanzieren und ihn überhaupt erst möglich machen“, sagte der CDU-Politiker. „Der Bund spart allein durch die Null-Zinsen beim Schuldendienst jedes Jahr rund 25 bis 30 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen sprudeln. Jamaika könnte also etwas historisch Einmaliges für die Bundesrepublik schaffen: erstmals wirklich Schulden abbauen“, so Linnemann. Um zugleich bei den Investitionen einen weiteren Anreiz zu setzen, sollten zügig die Telekom-Aktien des Bundes verkauft werden, forderte der CDU-Politiker. Der so zu erwartende zweistellige Milliardenerlös sollte eins zu eins in den Ausbau des Glasfasernetzes investiert werden, forderte Vorsitzende von MIT. „Grüne und FDP sind schon jetzt dieser Meinung. Wir als Mittelstandsvereinigung fordern das auch. Dann stünde so für Jamaika sogar noch eine zusätzliche Einnahmequelle bereit.“

Grüne Jugend warnt Parteispitze vor „Regierungsbegeisterung“

Die Sprecherin der Grünen Jugend, Jamila Schäfer, hat das Sondierungsteam um Parteichef Cem Özdemir und Kathrin Göring-Eckardt zu größerer Rücksichtnahme auf die Partei aufgerufen. „Die Lage ist nun mal so, dass wir mit Union und FDP sondieren müssen – gerade für uns Grüne sind aber Zerreißproben zu erwarten, die uns spalten können“, sagte Schäfer dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Deshalb erwarte ich von der Sondierungsgruppe eine gesunde Skepsis und Fingerspitzengefühl für die Partei statt freudestrahlender Regierungsbegeisterung“, sagte Schäfer. „Es schwächt unsere Verhandlungsposition, wenn wir den Eindruck erwecken, dass wir unbedingt in eine Jamaika-Koalition gehen möchten.“ Parteiintern käme ein Foto von Göring-Eckardt und Özdemir mit CSU-Chef Horst Seehofer schlecht an, auf dem alle drei in der Grünen-Parteizentrale in die Kamera lächeln, so „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Ein Jamaika-Bündnis stellt laut Schäfer die Grünen vor eine Existenzfrage. „Wir sollten uns keine Illusionen machen: Es ist schwer vorstellbar, als kleiner Partner an der Seite von drei Parteien, die alle dem konservativ-neoliberalen Lager angehören, eine emanzipatorische, linke Politik zu machen. Unsere Glaubwürdigkeit als progressive Partei steht auf dem Spiel“, so Schäfer weiter. +++