Der Klima- und Energieforscher Manfred Fischedick hat die von der Union geplante Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes nach der Bundestagswahl und eine mögliche Rückkehr zur Atomkraft deutlich kritisiert. „Das Heizungsgesetz abzuschaffen, ist mit Blick auf die Klimaschutzlücke im Gebäudebereich nicht zielführend“, sagte der Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie der „Rheinischen Post“. „Sinnvoll sind allenfalls Anpassungen an der komplexen und bürokratischen Förderstruktur.“
Die Pläne der Union aus ihrem Wahlprogramm, an der „Option Kernenergie“ festzuhalten und die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke zu „prüfen“, hält der Klimaforscher für vergleichsweise unbedeutend für die Erreichung von Klimaneutralität. „Für den Klimaschutz ist der Ausbau der erneuerbaren Energien die Schlüsselstrategie schlechthin. Hier kommt es darauf an, durch eine konsistente Politik die Ausbaudynamik der letzten beiden Jahre noch einmal zu verstärken“, sagte er. „Die Kernenergie kann demgegenüber keinen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“
Die theoretisch mögliche Reaktivierung der letzten abgeschalteten Reaktoren scheitere „einerseits an der fehlenden Bereitschaft der Kraftwerksbetreiber, dieses Wagnis einzugehen – zudem haben sie längst ihre Strategien umgestellt und setzen auf erneuerbare Energien“, erklärte Fischedick. „Andererseits scheitert es an den hohen Investitionen, die notwendig wären, um die Anlagen, die über mehr als zehn Jahre nicht ertüchtigt worden sind, auf ein hinreichendes Sicherheitsniveau zu bringen. Der Neubau von Kernkraftwerken ist energiewirtschaftlich unsinnig, das haben die hohen Kosten und extrem langen Bauzeiten der in Finnland und Frankreich vor Kurzem in Betrieb gegangenen Anlagen gezeigt“, sagte der Klimaforscher weiter.
Die Themen Klimaschutz, aber auch Klimaanpassung seien im Bundestagswahlkampf „im Vergleich zu ihrer Bedeutung deutlich unterrepräsentiert“, sagte Fischedick. „Mit Blick auf die zahlreichen Wetterextreme, die es im Jahr 2024 weltweit, wie auch in Deutschland, gegeben hat, und der Tatsache, dass die Weltmitteltemperatur in 2024 zum ersten Mal um mehr als 1,5 Grad höher lag gegenüber dem vorindustriellen Niveau, ist das weder nachvollziehbar noch sachgerecht.“
Umweltbundesamt fürchtet Vernachlässigung des Klimaschutzes
Der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, befürchtet, dass der Klimaschutz künftig eine untergeordnete Rolle spielen könnte. „Vielfältige Krisen drohen Klima- und Umweltschutz von der politischen Agenda zu verdrängen“, sagte Messner der „Rheinischen Post“.
„Das macht mir große Sorgen, denn die Wissenschaft zeigt, dass verheerender Klimawandel nur noch vermieden werden kann, wenn ambitionierter Klimaschutz rasch umgesetzt wird. Ansonsten verlagern wir enorme Risiken auf folgende Generationen, die uns später als Egoismus-Generation betrachten werden, die, trotz aller Kenntnisse zu den Folgen des Klimawandels, nicht angemessen gehandelt hat“, so der UBA-Chef.
Ohne Klimaschutz werde man den Wohlstand nicht sichern können. „Die Kosten des Klimawandels übersteigen die Investitionen in Klimaschutz um ein Vielfaches. Die Verwüstungen im Ahrtal durch Extremwetter, die Schäden in Höhe von über 30 Milliarden Euro zur Folge hatten, waren ein Vorgeschmack darauf“, sagte Messner.
Dabei sieht er vor allem die demokratischen Parteien in der Pflicht. „Populistische Parteien sind wissenschaftsfeindlich und leugnen den Klimawandel. Ambitionierter Klimaschutz, als Strategie der Wohlstandsicherung und der Stärkung unserer Lebensqualität, sollte ein gemeinsames Anliegen der demokratischen Parteien sein“, so Messner weiter. +++
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