Der Fall Karstadt – ein Skandal

Essen. Die Geschichte von Karstadt ist ein bitterböses Lehrstück darüber, wie desinteressierte Eigentümer, unfähige Manager und geldgierige Investoren ein alteingesessenes und angesehenes Unternehmen vor die Wand fahren können. Und es ist ein Lehrstück darüber, wer am Ende dafür bezahlen muss: Nicht die Manager, nicht die Investoren, sondern in erster Linie die Mitarbeiter. Als sich der Milliardär und selbst ernannte Philanthrop Nicolas Berggruen im Juni 2010 als Heilsbringer von Karstadt feiern ließ, hatten die Mitarbeiter bereits eine Leidensgeschichte hinter sich.

Mehrere Manager hatten sich an der Rettung versucht, Thomas Middelhoff sollte es dann mit Eigentümerin Madeleine Schickedanz im Rücken richten. Er hat, wie seine Vorgänger auch, den Mitarbeitern massive Gehaltseinbußen abverlangt – und ihnen im Gegenzug immer wieder Besserung und sichere Arbeitsplätze versprochen. Nichts von alledem hat Middelhoff gehalten – und am Ende Karstadt und den Mutterkonzern Arcandor in den Abgrund gerissen. So kam Berggruen ins Spiel. Er versprach, keinen Arbeitsplatz zu streichen und Geld zu investieren in die „Herzensangelegenheit“ Karstadt.

Drei Jahre später wissen wir: Der vermeintlich gute Investor könnte zum Totengräber der einst stolzen Warenhauskette werden. Er hat kaum eigenes Geld investiert – was zur Rettung aber unvermeidlich gewesen wäre – dafür aber die Kette finanziell ausgepresst, indem er jedes Jahr Millionen für die Markenrechte kassiert hat. So einen Investor könnte sich Franz Müntefering vorgestellt haben, als er das Bild der Heuschrecke prägte. Mit der Ankündigung des Karstadt-Aufsichtsratschefs, dass nun jeder vierten Karstadt-Filiale das Aus droht, zeigt sich endgültig, was Berggruen im Sinn hat: nichts mehr investieren und möglichst raus aus der Verantwortung. Zudem mischt auch noch der schillernde österreichische Immobilienjongleur René Benko mit, dem bereits zahlreiche Karstadt-Immobilien sowie die lukrativen Karstadt-Luxushäuser mehrheitlich gehören. Die Investoren werden sich wohl die Rosinen noch rauspicken und sich dann verabschieden – auf der Strecke bleiben die Beschäftigten. Ein Skandal. +++ fuldainfo | Annette Ludwig – wz

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