Wasser predigen und Wein saufen. Biber fressen in der Fastenzeit – weil das ja ein Wassertier ist und man folglich mit dem angeblichen „Fisch“ fangen und essen in dieser, eigentlich enthaltsamen Periode das Gebot zur Buße gut „umschiffen“ kann. Verheiratete Päpste mit dutzenden, außerehelichen Bälgen. Hexenverbrennungen und Ketzerkreuzigungen mit zehntausenden, Kreuzzüge mit Millionen Toten. Der 30-Jährige (Glaubens-)Krieg mit dem größten Inferno der Menschheitsgeschichte. Wahrheiten aus dem dunklen Mittelalter? Mitnichten! Die größte Mafia ever seit es kriminelle Organisationen auf diesem Planeten gibt liefert auch heute noch Stoff en masse, den sich früher ein Marquis de Sade, ein Hollywoodhorrorfilmregisseur der 1970er Jahre, der perverseste Krimiautor heutzutage oder ganz aktuell die Macher von „Babylon Berlin“ nicht nur nicht im Entferntesten auszudenken, sondern auch mit den tiefsten aller abartigen Abgründe in abscheulichste Taten umzusetzen getraut hätten. Doch all das ist bittere Realität – und der Brandfulder spricht hier nicht von der japanischen Yakuza, der neapolitanischen Camorra oder der kalabrischen Ndrangheta. Nein, die Rede ist von der Katholischen Kirche, dem Sündenpfuhl schlechthin, von Sodom und Gomorra, zwei in der Bibel genannten Städten, die durch Gott unter einem Regen aus Feuer und Schwefel begraben wurden, weil sie der Sünde anheimgefallen waren.
Wollen wir um Himmels Willen dieses apokalyptische Szenario nicht auf die Barockstadt projizieren und den Stab über Fulda brechen. Nein – Gott bewahre. Doch was sich dieser Tage bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Grab des Heiligen Bonifatius an menschlichen Abgründen auftat, spottet jeder Beschreibung und ist an Unsäglichem kaum zu beschreiben. Der Brandfulder versucht trotzdem in Worte zu fassen, was im Zusammenhang mit den sexuellen Übergriffen seitens des katholischen Klerus‘ in den vergangenen Jahrzehnten endlich lückenlos aufgeklärt, vor allem aber strafrechtlich sanktioniert werden muss. Das waren (und sind auch heute noch) keine „Kavaliersdelikte“, sondern die Taten kirchlicher Krimineller, die in den Knast gehören. Nie hätte ich „geglaubt“ (das Wort allein in diesem Zusammenhang ist schon pervers genug), dass Priester und Ordensleute zu solchem fähig seien. Nun gut (besser schlecht): Kirchenkritik galt schon zu allen Zeiten als schick. „Ich bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich mit der Amtskirche nichts anfangen kann und deren Würdenträgern nicht einverstanden bin – und die Kirchensteuer spare ich mir damit auch noch“, so lauteten die pauschalen Einlassungen vorwiegend links-grün-liberal verblendeter Protagonisten. Auch als mir ein Schulfreund später von seinen Erlebnissen in einem katholischen Internat erzählte, dass ihn beispielsweise der Pater wegen willkürlicher Nichtigkeiten körperlich mit Stockhieben und psychisch mit dem Verbot des Wochenendbesuchs bei den Eltern „züchtigte“, die Nonne ihm das Mittagessen verweigerte, nur weil er unmittelbar nach dem Aufstehen um 5.30 Uhr kurz danach beim Morgengebet in der Kirche eben noch mal eingenickt war, er jedoch just diesen Pfarrer und besagte Ordensfrau am Abend lauthals lechzen hörte und beim Blick durch das Schlüsselloch der Kapelle beim Schnackseln beobachten konnte/durfte/ musste… (meine Töchter habe ich jedenfalls nicht auf solche „Mädchenbildungswerke“ geschickt). Später habe ich großherzig und demütig darüber hinweggesehen, dass sich der „Finanzminister“ des Vatikans, der oberste Banker des Papstes, nach zwielichtigen Finanztransaktionen unter einer Brücke in London erhängt hatte. Auch, dass – so hatten wir es im Geschichtsunterricht gelernt – viele Kirchenfürsten bei der Deportation der Juden im Dritten Reich die Augen verschlossen oder sogar mit den Nazis kollaborierten. Wie auch bei der „Colonia Dignidad“ in Chile. Kolonie what? Kolonie der Würde!? Wie unwürdig! Eines, eigentlich enthaltsam zu leben habenden Gottesdieners unwürdig (bestenfalls kann man es so nennen) war auch das vergoldete Luxusbad und der 20-Millionen-Bischofspalast eines Franz-Peter Tebartz-van-Elst. Oder die Harakiri-Börsenspekulationen oder Tausche-Kirchenkunst-gegen-Immobilien-Geschäfte von Bistumsmitarbeitern in Eichstätt oder dem benachbarten Würzburg. Doch die jüngsten bekanntgewordenen Missbrauchsskandale in der deutschen, chilenischen, amerikanischen und irischen katholischen Kirche, ja man kann fast sagen weltweit (und es dürfe auch nur die Spitze eines in der Glaubens- und Gläubigengunst dahinschmelzenden Eisbergs sein), hat mich nun endgültig an Gott und der Welt zweifeln lassen. „Ich habe fertig“. Nicht mit Gott, aber vielen seiner Repräsentanten und Stellvertreter auf Erden.
Da sind es eigentlich nur Peanuts, die dem Brandfulder dieser Tage auf den Fotos eines Presseberichts schwer aufgestoßen sind. Doch eigentlich setzt das Ganze – im wahrsten Sinne des Wortes und Kontexts – dem Fass nur noch die Krone auf. Da war doch tatsächlich während eines Gottesdienstes auf dem Fuldaer Frauenberg Reklame am Altar platziert – für das „Flora Klostercafé“ und die „Frauenberger Frohnatur“, ein Bier. Gleichwohl geschmack- und schamlos, eigentlich unglaublich. Und wieder ist eine Grenze gefallen. Der Brandfulder möchte gar nicht darüber nachdenken, für was demnächst noch alles in einem Gottesdienst geworben werden könnte: Meßner-Tee zur Beruhigung für den alten Küster nach der Jugendmesse, Messwein vom Frauenberg zum letzten Abendmahl, -pardon vorletzten Abend(b)rot am Andreasberg, oder Oblaten aus Fulda für die Opladen in Leverkusen. Reklame der harmloseren Art. So richtig geil und geschmacklos wäre es erst dann, wenn irgendwann einmal mit „Prostata fort?“ für den potent poppenden Priester, Nässeschutzslipeinlagen „Ninja night fucking“ für die inkontinente Nonne oder Kondome in der Geschmacksrichtung „Guave“ für notgeile Geistliche am Altar Werbung be-/geTRIEBEn würde. Sie sagen: Undenkbar. Ich sage: In der katholischen Kirche ist nichts unmöglich. So absurd, abwegig und abartig es auch sein mag. +++
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