Caritas Fulda: Minijobs sind keine wirkliche Lösung

Caritas sieht Vorstoß des Gesetzgebers im Bereich geringfügiger Beschäftigung kritisch

Mit Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung möchte die Bundesregierung zum Herbst hin die geringfügige Beschäftigung mit dem gesetzlichen Mindestlohn synchronisieren. Im Zuge dessen soll die Arbeitsentgeltgrenze – orientiert an einer 10-Stunden-Woche mit Mindestlohnbedingungen – auf 520 Euro angehoben werden, heißt es in einer Mitteilung. Gleichzeitig soll die Aufnahme einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung gefördert werden, um das Risiko zu mindern, dass Minijobs noch mehr verstärkt reguläre Arbeitsverhältnisse ersetzen.

Der Deutsche Caritasverband teilt diese Zielsetzung der Bundesregierung, gibt sich aber in einer Stellungnahme skeptisch, dass der derzeitige Gesetzesentwurf und vor allem die damit einhergehende geplante Erhöhung der so genannten Geringfügigkeitsgrenze dieser Intention gerecht werden kann. Die Caritas-Experten vermuten eher im Gegenteil eine weitere Manifestierung der Minjobs auf dem Arbeitsmarkt und nennen dabei zahlreiche Punkte, die sich dadurch negativ auswirken, u. a. Verlust der Minijobber auf Dauer für qualifiziertere Tätigkeiten und damit verbunden ein fortschreitender Verlust von Fach-Know-how sowie eine fortschreitende Dequalifizierung der Minijobber durch fehlende Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen.

Auch bei der Caritas im Bistum Fulda betrachtet man das gesetzliche Vorhaben in der jetzigen Form mit Vorbehalt. „Wir sehen einige Entwicklungen, die mit den Minijobs Hand in Hand gehen, und die nicht gut sind“, erläutert Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch. „Ein erhöhter Verdienstrahmen beim Minijob bedeutet für Manchen sicher erhöhte Attraktivität, denn das Brutto ist da ja auch immer zugleich das Netto. Demgegenüber müssten Minijobs aber unserer Meinung nach zu Gunsten regulärer sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse viel energischer zurückgedrängt werden: Zum einen bleiben nämlich vor allem Frauen, die auch heute noch viel häufiger als Männer Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen, in der ‚Minijob-Schleife‘ hängen und schaffen keine Rückkehr in normale Jobs. Je länger sie aber Mini-Jobber sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit später von Altersarmut betroffen zu sein – genau diese Menschen mit solchen Arbeitsbiografien tauchen dann im Rentenalter verstärkt in unseren Sozialberatungsstellen auf.“ „Weitere Aspekte, die wir kritisch sehen“, ergänzt der fachlich zuständige Caritas-Ressortleiter für Soziale Dienste, Franz Meyer, „sind zum einen der hohe Anteil von Menschen ohne Berufsabschluss, die in Minijobs tätig sind und dort in der Regel ohne Chancen auf beruflichen Aufstieg und Qualifizierung verharren werden. Umgekehrt bedeutet der Einstieg vieler Qualifizierter in einen Minijob den Beginn eines fast zwangsläufigen beruflichen Abstiegs.“

Minijobs haben sicher – das sieht man auch in Fulda so – ihre Berechtigung am Arbeitsmarkt, um zeitlich befristete Tätigkeiten oder Jobs mit geringer notwendiger Qualifikation und begrenztem Arbeitsumfang erledigen lassen zu können. Sie sind aber kein Ersatz für Dauer-Arbeitsplätze. „Alle gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten daher nach unserem Ermessen in erster Linie darauf abzielen, eine solide soziale Absicherung der Berufstätigen – eben durch die damit verbundene Sozialversicherung – sicherzustellen, und Minijobs könnten – klug eingesetzt – ein Instrument sein, um Menschen den Berufseinstieg oder den Wiedereinstieg hin zum regulären Arbeitsmarkt zu erleichtern“, so Caritasdirektor Juch in seinem Statement. „Minijob ja, aber nur im eng begrenzten Rahmen und nur auf Zeit. Die Regel muss ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz bleiben!“ +++ pm

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