Bundesrechnungshof soll Vergabe von Pkw-Maut prüfen

Bundesregierung hätte den Auftrag "nicht an Private vergeben dürfen"

Der Bundesrechnungshof soll klären, ob Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Erhebung der gescheiterten Pkw-Maut überhaupt an private Betreiberfirmen hätte vergeben dürfen. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler und der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn bitten in einem Brief an den Präsidenten des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, darum, die Auftragsvergabe zu überprüfen: Sie hätten „den begründeten Verdacht, dass die Vergabe den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verletzte“, heißt es in dem Schreiben, über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten.

Kindler und Kühn vermuten, dass der Staat die Pkw-Maut selbst hätte billiger erheben können. Dies ergebe sich aus den Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit, die das Verkehrsministerium selbst angestellt habe. Die Dokumente hatten Scheuers Beamte auf Drängen der Opposition zur Verfügung gestellt. „Wären alle Kosten und Risiken korrekt abgebildet worden, dann hätte das Betreibermodell wahrscheinlich keinen Kostenvorteil von circa 84 Millionen Euro mehr gegenüber dem Staatsmodell realisieren können“, heißt es in dem Brief an den Rechnungshofpräsidenten. Erhebung und Kontrolle der Maut durch Private wäre gar nicht billiger gewesen. Die Bundesregierung hätte den Auftrag „nicht an Private vergeben dürfen“, heißt es in dem Brief von Kindler und Kühn. Die Frage, ob die Pkw-Maut überhaupt in private Hände gegeben werden durfte, habe sich den beiden Grünen-Politikern gestellt, nachdem sie die vorläufige und die abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des Verkehrsministeriums geprüft und verglichen hätten.

In der zweiten Untersuchung werde die Möglichkeit, dass der Staat die Maut selbst betreibt, 207 Millionen Euro teurer bewertet als bei der ersten Wirtschaftlichkeitsprüfung, heißt es in dem Schreiben weiter. Damit sei die private Erhebung der Pkw-Maut plötzlich um 84 Millionen Euro billiger erschienen als der Staatsbetrieb. Ursachen für die Kostensteigerung seien vor allem zwei Posten gewesen, heißt es in dem Schreiben der Grünen-Politiker an den Bundesrechnungshof. Erstens habe das Ministerium mit überhöhten Portokosten für Briefe gerechnet, die im Zusammenhang mit der Maut verschickt werden sollten. Zweitens sei mit erhöhten Kosten für ein „Informationscenter“ gerechnet worden, das über die Pkw-Maut aufklären sollte, heißt es in dem Brief, über den die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. Im Falle der Portokosten berichten die Grünen-Politiker dem Rechnungshofpräsidenten, dass Scheuers Beamte nur eine Schätzung vorgenommen hätten. Das Verkehrsministerium habe selbst eingeräumt, dass man bei der Deutschen Post nicht nach Großkundenrabatten gefragt, sondern einen Rabatt von 25 Prozent angenommen habe. Tatsächlich gewährt die Post aber bis zu 43 Prozent Großkundenrabatt. Die Kosten des Informationscenters habe das Verkehrsministerium „selbst definiert“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Sie würden nicht auf konkreten Erfahrungswerten aus vergleichbaren Prozessen beruhen. Darüber hinaus habe die Bundesregierung die Leistungen nicht berücksichtigt, die der Lkw-Maut-Betreiber Toll Collect für die Pkw-Maut hätte erbringen sollen. „Dies ist vor allem deswegen überraschend, weil der Staat seit dem 1. September 2019 in Besitz von Toll Collect ist und daher einen Kostenvorteil realisieren kann, den private Betreiber nicht ohne weiteres erbringen können“, schreiben die Grünen-Politiker Kindler und Kühn. Auch dies stärke den „Verdacht, dass die Wirtschaftlichkeit nicht auf Basis der tatsächlichen Rahmenbedingungen hin geprüft wurde“, heißt es in dem Brief von Kindler und Kühn, über den die Zeitungen berichten. +++