Bund und Länder einigen sich beim Thema Migration

Bartsch nennt MPK "Runde der Enttäuschungen"

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz (SPD)

Bund und Länder haben sich nach stundenlangen Verhandlungen beim Thema Migration geeinigt. Man sei sich mit den Ländern einig, dass die Kontrollen an den deutschen Grenzen fortgeführt werden sollten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am frühen Dienstagmorgen nach der Bund-Länder-Runde. Im Streit um die Kosten für die Bewältigung der Migration habe man sich auf eine Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro geeinigt.

Es sei ein „historischer Moment“, fügte der Kanzler hinzu, weil man gezeigt habe, dass eine Einigung möglich sei. Zu den weiteren vereinbarten Maßnahmen in Sachen Migration gehört eine beabsichtigte Beschleunigung und Digitalisierung der Verfahren: Asylanträge sollten künftig immer in den Erstaufnahmeeinrichtungen gestellt werden, die Verwaltungsentscheidungen und etwaige Gerichtsverfahren sollen innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden, sagte der Kanzler. Wenn das nicht klappt, bekommen Flüchtlinge anstatt bislang 18 Monaten künftig 36 Monate lang Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – die deutlich niedriger sind als die regulären Leistungen wie das „Bürgergeld“.

Die Höhe der Einsparungen bezifferte der Bundeskanzler auf etwa eine Milliarde Euro. Vereinbart habe man zudem, dass die Länder Bezahlkarten als Ersatz für Bargeldleistungen an Flüchtlinge einführen: der Bund werde dies unterstützen, sagte Scholz. Früher am Abend hatten Bund und Länder schon die Einigung auf rund hundert Maßnahmen für eine Planungsbeschleunigung in Deutschland verkündet. Auch die Zukunft des „Deutschlandtickets“ soll nun gesichert sein. Die Ministerpräsidenten hatten seit dem Mittag unter sich getagt, ab 18 Uhr kamen sie dann mit dem Kanzler und der Bundesregierung zusammen, erst nachts um 2:30 Uhr war die Bund-Länder-Runde beendet.

Esken stellt Asylverfahren in Drittstaaten infrage

SPD-Chefin Saskia Esken blickt kritisch auf die Forderung nach Migrationszentren in außereuropäischen Drittstaaten. Der Bundeskanzler habe bereits darauf verwiesen, „dass sich erst einmal Herkunftsländer finden müssten, die überhaupt bereit wären, solche Migrationszentren einzurichten und zu verwalten“, sagte Esken dem Nachrichtenportal T-Online. „Es stellen sich zudem erhebliche rechtliche Fragen.“ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte gefordert, Flüchtlinge sollten nach einem Aufgreifen in Europa in Partnerländer entlang der Fluchtrouten gebracht werden, ähnliche Forderungen kamen aus den Reihen der FDP und von CDU-Chef Friedrich Merz. Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser hatten sich bereits kritisch zu den Vorschlägen und deren Umsetzbarkeit geäußert. SPD-Parteichef Lars Klingbeil zeigte sich hingegen offen: In der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ sagte Klingbeil: „Wenn das am Ende dazu führt, dass dann dort auch die Asylverfahren durchgeführt werden können, dann finde ich, muss man überlegen, ob man diesen Weg geht.“ Esken sieht das anders als ihr Co-Vorsitzender: „Ich verstehe und teile aber durchaus die Intention, das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden und die Schleuserkriminalität auszutrocknen“, so die Parteichefin.

Bartsch nennt MPK „Runde der Enttäuschungen“

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens als „Runde der Enttäuschungen“ kritisiert. „Es ist insbesondere für die Kommunen, für Bürgermeister und Landräte ein rabenschwarzer Tag“, sagte Bartsch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Deutschland sei „zweifellos am Limit“, daher bräuchten die Kommunen maximale Unterstützung. „Die Kosten sollten nicht länger vom normalen Steuerzahler getragen werden.“ Vielmehr müsse es nun eine stärkere Belastung für Superreiche geben: „Höhere Steuern für Milliardäre und Multimillionäre sind nicht zuletzt zur Bewältigung der Flüchtlingskrise notwendig. Das wäre auch ein Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden“, so Bartsch. Er beklagte, dass sich die Ministerpräsidenten entgegen einer vorherigen einmütigen Beschlusslage am Montag doch wieder selbst zerstritten haben, weil die von Union und Grünen regierten Länder überraschend Asylverfahren in Drittstaaten forderten. „Dass auch die Minis  terpräsidenten ins Chaos abgeglitten sind und die Menschen verunsichern, ist äußerst problematisch für unser Land“, sagte der Linken-Politiker. +++

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