Berufsorientierungsprozess: Landkreis und regionale Partner gestalten Plattform

Konkrete berufliche Erfahrungen ermöglichen

Ulrich Nesemann (links) und Matthias Feuerstein haben federführend die Online-Plattform zur Berufsorientierung ausgearbeitet, die Schülern, Lehrern, Eltern und Betrieben in Zukunft zur Verfügung stehen wird. Foto: Lisa Laibach

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auf dem regionalen Ausbildungsmarkt bereits spürbar. Die im Vergleich zum Vorjahr merklich rückläufigen Bewerberzahlen machen deutlich, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Viele Jugendliche brauchen Unterstützung, um in der Vielfalt der Berufswahlmöglichkeiten den für sie passenden Ausbildungsplatz zu finden. Die hierfür notwendige Begegnung und Beratung kann aktuell jedoch nicht wie gewohnt stattfinden. Deshalb arbeiten der Fachdienst Kommunaler Arbeitsmarkt und das Bildungsbüro des Landkreises Fulda gemeinsam mit starken Partnern an einer Online-Plattform zur Berufsorientierung.

Regional und bundesweit gibt es zahlreiche Unterstützungsangebote, die Schülerinnen und Schüler in ihrem Berufsorientierungsprozess begleiten. Bei den Maßnahmen handelt es sich vornehmlich um Präsenzangebote, die in Schulen, auf Messen oder über Praktika in den Betrieben stattfinden. Dabei sollen konkrete berufliche Erfahrungen ermöglicht oder über Beratungen wichtige Informationen ausgetauscht werden. „Bereits im vergangenen Jahr mussten wir mit ansehen, dass viele bedeutende Bausteine der Berufsorientierung nicht durchgeführt werden konnten. Da nicht abzusehen ist, dass sich die Situation im laufenden Schuljahr noch wesentlich ändert, müssen wir jetzt handeln“, so Ulrich Nesemann, Leiter des Fachdienstes Kommunaler Arbeitsmarkt. Gemeinsam mit dem Bildungsbüro wurde eine Online-Plattform ausgearbeitet, die Schülern, Lehrern, Eltern und Betrieben in Zukunft zur Verfügung stehen wird. „Der Schwerpunkt unseres Angebots liegt auf der Interaktion. Wir wollen digitale Begegnungsräume schaffen“, erläutert Matthias Feuerstein, Bildungsmanager beim Landkreis Fulda das Vorhaben. Ausbildungsinteressierte sollen über die Plattform die Möglichkeit erhalten, direkt mit Beratungsstellen oder Betrieben in Kontakt zu treten. Technisch wird dies über Videokonferenzen, Diskussionsforen und Chats ermöglicht.

Insbesondere die in diesem Jahr abgesagte Bildungsmesse wird über die Plattform als Live-Event vom 23.-24. April realisiert werden. Dabei können sich die regionalen Ausbildungsbetriebe mit ihren Angeboten präsentieren und Interessierte für sich begeistern. Ziel ist es, die Maßnahmen zur beruflichen Orientierung in der Region so weit wie möglich zu bündeln und den Schülerinnen und Schülern auf einfache Art und Weise zugänglich zu machen. „Uns war schnell klar, dass wir ein solches Vorhaben unmöglich alleine realisieren können. Die Berufsorientierung ist ein komplexes Handlungsfeld, in dem vielen regionalen Akteuren eine wichtige Rolle zukommt“, so Ulrich Nesemann. In der Folge konnten als Partner die Industrie- und Handelskammer, die Kreishandwerkerschaft, die Region Fulda GmbH, die Agentur für Arbeit, die Stadt Fulda und das Staatliche Schulamt gewonnen werden. Allen gemeinsam ist es ein großes Anliegen, die jungen Menschen im so wichtigen Entscheidungsprozess für ihre berufliche Zukunft zu unterstützen. Auch die regionalen Betriebe, welche das deutliche Übergewicht an Ausbildungsplätzen im Vergleich zu Bewerbern seit einigen Jahren zu spüren bekommen, erfahren durch die Plattform eine nachhaltige Unterstützung zur Sicherung der Fachkräfte von morgen. „Die Ausbildungsregion Fulda ist attraktiv für junge Menschen. Wir müssen das vorhandene Angebot aber besser mit der Nachfrage zusammenbringen. Deshalb wird die Online-Plattform auch über Corona hinaus wichtig sein und wir arbeiten mit Hochdruck daran, das Angebot in den kommenden Wochen allen Interessierten zur Verfügung zu stellen“, so Ulrich Nesemann, der die weiteren Entwicklungen skizziert. Nähere Informationen zum Start der neuen Online-Plattform sowie zur Ausgestaltung der digitalen Bildungsmesse gehen den Betrieben und zukünftigen Nutzern zu.

„Gut im dualen System ausgebildete Fachkräfte sind der Schlüssel zum Erfolg unserer überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen bestehenden Wirtschaft, die landesweit eine der höchsten Ausbildungsquoten hat. Die Online-Plattform ist insofern eine hervorragende Chance, zukünftige Auszubildende und Fachkräfte mit den Unternehmen zusammen zu bringen“, so Christoph Burkard, Regionalmanager.

„Bei den eingetragenen Ausbildungsverträgen verzeichnen wir einen Einbruch von knapp 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die klassische Berufsorientierung ist aufgrund der Corona-Pandemie stark eingeschränkt. In Deutschland gibt es rund 325 anerkannte Ausbildungsberufe. Allerdings wird es für junge Menschen immer schwieriger, sich für den passenden Beruf zu entscheiden. Aus Unkenntnis konzentriert sich die Hälfte der Jugendlichen auf etwa 15 Berufe und erschließt somit nur einen Bruchteil der beruflichen Möglichkeiten. Hier setzen die digitale Berufsorientierung und die virtuelle Bildungsmesse an. Die jungen Menschen erhalten einen umfassenden und niederschwelligen Einblick in die Welt der Ausbildungsberufe und lernen ganz nebenbei noch die regionalen Ausbildungsbetriebe kennen. Unsere gemeinsamen Ziele sind es, junge Menschen nicht ohne eine berufliche Perspektive ins Leben zu entlassen und die regionale Wirtschaft dabei zu unterstützen, die Fachkräfte von morgen zu gewinnen und an der Ausbildung festzuhalten“, erklärt Michael Konow, IHK-Hauptgeschäftsführer.

„Gerade jetzt ist es wichtig, junge Menschen bei der Berufsorientierung zu unterstützen und sie umfassend über ihre beruflichen Möglichkeiten zu informieren. Viele der bewährten Angebote, wie z.B. Bildungsmessen, Schulpraktika und die Werkstatttage im Rahmen des bundesweiten Berufsorientierungsprogramms, sind seit Beginn der Coronakrise nicht mehr bzw. nur noch bedingt möglich. Schülern fehlen somit nicht nur Informationsquellen, sondern auch die Gelegenheiten, in „Ausbildungsberufe“ hineinzuschnuppern und mehr über die jeweiligen Ausbildungsinhalte zu erfahren. Mit dieser Online-Plattform zur Unterstützung des Berufsorientierungsprozesses geht der Landkreis Fulda jetzt neue Wege. Die Kreishandwerkerschaft ist dabei, weil wir junge Menschen dabei unterstützen wollen, zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für ihren beruflichen Lebensweg zu treffen. Dabei lassen wir uns auch von Corona nicht ins Handwerk pfuschen.
Das Handwerk braucht, wie viele andere Branchen auch, motivierte und qualifizierte Nachwuchskräfte. Also holen wir die jungen Leute dort ab, wo wir sie auch erreichen, wo sie sich bestens auskennen und wo sie vorwiegend unterwegs sind, in der digitalen Welt“, so Gabriele Leipold, Geschäftsführerin Kreishandwerkerschaft Fulda. +++