Bericht: Länder-Chefs einigen sich bei Lockdown für Ungeimpfte

Ökonom Sinn sieht "neues Inflationsregime"

Vor dem Corona-Gipfel von Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder haben sich die Länder geeinigt, ab wann künftig bundesweit in Bars, Restaurants, Hotels, Friseuren oder bei Veranstaltungen die 2G- oder sogar 2G-Plus-Regel in Kraft tritt. Das berichtet das Portal „Business Insider“ unter Berufung auf eine Beschlussvorlage. Bei der 2G-Regel wird der Zugang demnach nur Geimpften und Genesenen erlaubt. Bei 2G-Plus brauchen beide zusätzlich noch einen tagesaktuellen negativen Corona-Test. In jedem Fall wird Ungeimpften der Zugang verwehrt, auch mit negativem Schnelltest. Laut „Business Insider“ einigten sich die Ministerpräsidenten nach dem Länder-Treffen und vor dem Gipfel mit Merkel in einer Telefonschalte darauf, dass künftig ab einer Hospitalisierungsrate von 3,0 in einem Bundesland es Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte gibt (2G-Regel). Bei einer Hospitalisierungsrate von 6,0 Prozent gilt dann 2G-Plus. Ab 9,0 können die Länder weitergehende Verschärfungen wie Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte erlassen.

Dreyer pocht auf bundeseinheitliche 2G-Regelungen

Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) hat kurz vor dem Start der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) zur Corona-Lage auf bundeseinheitliche 2G-Regelungen gepocht. „Ich halte es für sinnvoll, dass wir bei der MPK eine bundeseinheitliche Regelung für die Umsetzung finden, für welche Bereiche künftig nur noch Genesene und Geimpfte Zutritt haben“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Für sie bestehe eine geringere Gefahr, selbst schwer zu erkranken und von ihnen gehe gleichzeitig ein geringeres Risiko aus, andere anzustecken. „Das gilt natürlich nicht für Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, oder für Kinder, für die es noch gar keine Impfempfehlung gibt.“ Als Sozialdemokratin sei ihr außerdem wichtig, dass man mit den Schutzmaßnahmen auch den sozialen Schutz stärke, so Dreyer.

Ökonom Sinn sieht „neues Inflationsregime“

Der Ökonom Hans-Werner Sinn warnt vor einer „massiven Inflation“. Man erlebe ein „neues Inflationsregime“, sagte er dem „Handelsblatt“. Der Prozess der Preissteigerung verlaufe wie die Pandemie in Wellen und sei bereits im Gange. „Am Horizont warten weitere Anstoßeffekte, vor allem durch die Energiewende. Die Abwendung von der Kernenergie und sämtlichen konventionellen Brennstoffen wird einen lang anhaltenden Kostendruck im Produktionsprozess entfalten, wie wir ihn noch nie erlebt haben.“ Das sei „die Ölkrise im Quadrat“, so Sinn. Der Ökonom sieht schon jetzt klare Anzeichen einer Stagflation. Das Ifo-Institut habe ausgerechnet, dass die Lieferengpässe im Jahr 2021 immerhin 40 Milliarden Euro an Sozialprodukt gekostet haben. „Das ist deutlich mehr als ein Prozentpunkt Wachstumsverlust, ein klares Stagflationsphänomen“, sagte Sinn.

Ex-Verfassungsgerichtspräsident gegen Impfpflicht für Berufsgruppen

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat mit Blick auf eine mögliche Impfpflicht harsche Kritik geübt. „In der Debatte um die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen werden viele Bürger den Ausdruck von Hilfslosigkeit und Kopflosigkeit erkennen“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Ungeachtet der Frage, ob solch eine gesetzliche Impfpflicht verfassungsrechtlich zulässig und überhaupt umsetzbar wäre, wird doch jeder sehen, dass eine berufsspezifische Impfpflicht die vierte Welle nicht mehr wird aufhalten oder gar beenden können.“ Aber auch an der Zulässigkeit einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen hat Papier starke Zweifel: „Es wäre zu prüfen, ob mit der Impfung des Personals überhaupt die Ansteckungsgefahr minimiert oder gar ausgeschlossen würde“, so Papier. „Wenn das nicht oder nicht hinreichend gesichert ist, trotz Impfung, dann hätte ich starke Bedenken“, sagte der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident. „Geht es allein um den Selbstschutz, hielte ich eine gesetzliche Impfpflicht bestimmter Personengruppen für problematisch.“ Der Jurist kritisierte weitere Versäumnisse der Politik: „Ich denke hier an die schleppende Durchführung der dritten Impfung, selbst bei den Risikogruppen, obwohl die Unerlässlichkeit des Boosterns seit längerem feststeht.“ Er vermisse „die risikoadäquate, grundrechtsschonende Vorsorge, damit eine derart dramatische Lage wie im Moment erst gar nicht eintritt, was massive Grundrechtseingriffe dann unumgänglich macht“. +++