Bericht: EMA prüfte bei Biontech übergründlich

Österreich fordert schnellere Zulassung von Corona-Impfstoffen

Neben der schleppenden Bestellung ist auch die verzögerte Zulassung durch die EU ein wichtiger Faktor dafür, dass Deutschland so wenig Impfstoff hat. Das geht aus umfangreichen Dokumenten zum Zulassungsprozess des Biontech/Pfizer-Impfstoffes bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA hervor, über die das Magazin Business Insider berichtet. Die Unterlagen zeigen demnach: Die EU hat bei der Zulassung wichtige Zeit verloren, während etwa US-Amerikaner, Briten und Israelis schnell gehandelt haben. Biontech und Pfizer belieferten die Länder zuerst, die als erstes eine Zulassung erteilt hatten.

Die EMA-Dokumentation mit der Kennung EMEA/H/C/005735/RR enthält einen sehr umfangreichen Fragenkatalog sowie Einwände zur Produktionsqualität des Impfstoffs von Biontech und Pfizer. So stelle unter anderem das belgische Pfizer-Werk in Puurs ein Problem dar, heißt es darin. Dieser Produktionsstandort sollte neben einem US-Werk in Kalamazoo in Michigan in großem Maßstab Impfstoff herstellen. Beim Pfizer-Werk im belgischen Puurs vermerkt der EMA-Bericht etwa spezifische Bedenken zur Qualität des dort hergestellten Impfstoffs. „Die Vergleichbarkeit zwischen dem klinischen und dem kommerziellen Material wurde noch nicht gezeigt“, heißt es da etwa. Der Bericht wirft zudem die Frage auf, ob die Qualität des Impfstoffs aus Puurs mit dem aus der Mainzer Biontech Produktionsanlage vergleichbar ist. Die EMA verlangte weitere aufwendige Analysen, welche die Vergleichbarkeit der Impfstoffe besser belegen sollte. Weiter bemängeln die Rapporteure die Art der Informationsaufbereitung von Biontech. „Die Ergebnisse der Studien sollten vorzugsweise in Tabellen und Grafiken dargestellt werden“, heißt es zum Beispiel. Ein Insider sprach gegenüber „Business Insider“ bei dieser Art der Mängelerhebung von „Schikane“. Die US-Zulassungsbehörde FDA zumindest teilte die Einwände der EMA vor allem bei der zentralen Frage nach der Bedeutung der RNA-Integrität nicht. Auf der Webseite schreibt sie am 20. November: „Die FDA hat die vorgelegten Daten für die Produktion dieses Impfstoffs eingesehen und bestimmt, dass die Information zur Herstellungsqualität konform mit den Empfehlungen der FDA in ihrem Leitfaden für Notzulassung von Covid-19-Vakzinen ist. Die FDA hat bestimmt, dass der Hersteller adäquate Informationen vorgelegt hat, die sicherstellen, dass die Qualität und Vereinbarkeit des Impfstoffs zur Genehmigung im Rahmen einer Notzulassung bestehen.“ Auf Anfrage wollten weder Biontech noch die EMA den Bericht bestätigen.

Österreich fordert schnellere Zulassung von Corona-Impfstoffen

Österreich kritisiert das Tempo der europäischen Arzneimittelagentur EMA bei der Marktzulassung von Impfstoffen gegen Covid-19. „Jetzt ist prioritär, dass die Menschen, die eine Impfung möchten, so rasch wie möglich eine bekommen. Daher ist es entscheidend, dass die Ema unbürokratisch Impfstoffe zulässt“, sagte die österreichische Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) dem „Handelsblatt“ in Brüssel. „Es ist jetzt nicht die Zeit für Bürokratie und Umständlichkeit.“ Österreich setzt im Kampf gegen die Pandemie auf Massentests, um sowohl Einheimische als auch Gäste zu schützen und dem Tourismus wieder eine Perspektive zu geben. „Österreich hat die Testkapazitäten massiv ausgebaut und testet pro Woche mehr als eine Million Menschen. Damit sind wir im europäischen Spitzenfeld. Ich halte ein engmaschiges Testen daher für den entscheidenden Schritt“, sagte die Vertraute von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). ien plädiert auch für ein  europäisches Impfzertifikat und fordert eine europaweite Koordinierung zur raschen Einführung. Edtstadler besucht an diesem Donnerstag Berlin und trifft dort Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). An der Entscheidung der Bundesregierung, die Grenze zu Tirol zu schließen, übt die österreichische Europaministerin deutliche Kritik. Sie fordert einen anderen Umgang Deutschlands mit Österreich: „Ich erwarte mir, dass unter Nachbarn anders vorgegangen wird. Sowohl die Kommunikation als auch das einseitige Vorgehen waren kontraproduktiv“, sagte Edtstadler. Gerade in eng verbundenen Regionen müsse es möglich sein, gemeinsam „lebensnahe und pragmatische Lösungen“ zu finden. „Zu Beginn der Pandemie haben wir bereits abrupte Grenzschließungen erlebt, und eine der großen Lehren war es, genau das nicht zu wiederholen, sondern abgestimmt und besonnen vorzugehen“, sagte die österreichische Europaministerin. Sie plädiert dafür, das kleine deutsche Eck – die für die Wirtschaft wichtige Verbindung von Tirol über Lofer im österreichischen Bundesland Salzburg ins bayerische Bad Reichhall – wieder zu öffnen. „Das kleine deutsche Eck ist eine wirtschaftliche Lebensader. Daher ist die De-facto-Sperre des kleinen deutschen Ecks inakzeptabel“, sagte Edtstadler. +++

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