BDI-Präsident warnt vor gravierenden Folgen des Shutdowns

Grüne kritisieren Seehofer wegen Verlängerung der Grenzkontrollen

BDI-Präsident Dieter Kempf warnt vor gravierenden Folgen, sollten die Kontaktsperren in der Coronakrise weiter verlängert werden. „Jede Woche eines Shutdowns kostet die deutsche Volkswirtschaft einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag an Wertschöpfung“, sagte Kempf den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Ein derartiger Einschnitt lässt sich nicht über Monate aushalten und erzeugt massive Wohlstandsverluste und dauerhaften Schaden in Wirtschaft und Gesellschaft.“

Die Politik müsse kontinuierlich daran arbeiten, den Wiedereinstieg so schnell und so verlässlich sicherzustellen, wie es möglich sei, verlangte der Präsident des Industrieverbands – und stellte ein Ultimatum: „Unsere Unternehmen wollen und müssen wissen, in welchen Stufen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder anlaufen soll – und zwar nach dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am 6. Mai.“ Ziel müsse ein  verbindlicher Planungshorizont für die Unternehmen sein. Zudem forderte Kempf eine deutliche Ausweitung der Corona-Tests. „Derzeit beträgt die Kapazität rund 900.000 Tests pro Woche. Es ist inakzeptabel, dass in der Phase der anhaltenden Unsicherheit über die Dimension der Corona-Erkrankungen etwa die Hälfte dieser Kapazitäten ungenutzt bleibt“, kritisierte er. „Nur mit verlässlichen Testergebnissen lässt sich wirtschaftliche Aktivität hochfahren.“ Ungefähr zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Industrie befänden sich auf dem Land. „Die örtlichen Gesundheitsämter sollten mobile Testeinrichtungen an den Zentren industrieller Aktivität einrichten.“

Grüne kritisieren Seehofer wegen Verlängerung der Grenzkontrollen

Die Grünen haben Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wegen der geplanten Verlängerung der Grenzkontrollen zu europäischen Nachbarländern scharf kritisiert. Eine langanhaltende Schließung aller Grenzen ohne klaren Plan zur erneuten Öffnung sei nicht hinnehmbar und vor allem für die Bewohner der Grenzregionen eine große Belastung, heißt es in einem an Seehofer gerichteten Schreiben von Grünen-Politikern aus dem Bundestag, dem EU-Parlament und mehreren Landtagen, über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe ebenfalls berichten. Die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner, sagte den Funke-Zeitungen, Grenzbeschränkungen und Einreiseverbote müssten virologisch begründet, verhältnismäßig und vor allem zeitlich befristet sein. „Die aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung erfüllen diese Kriterien aber nicht, sie sind widersprüchlich und willkürlich. Die Grenzen zu einigen Nachbarstaaten werden kontrolliert, zu an  deren nicht“, sagte Brantner. Seehofer müsse dringend „das Chaos beenden“ und auf Basis gemeinsamer, nachvollziehbarer Kriterien mit den Nachbarstaaten die Grenzen jetzt öffnen. In dem Schreiben verweisen Brantner und die anderen Grünen-Politiker, darunter Parteivize Jamila Schäfer, unter anderem auf Probleme von nicht verheirateten oder eingetragenen Lebenspartnern, die nicht im selben Land wohnten und sich nun seit fast sieben Wochen nicht mehr besuchen könnten. Seehofer müsse so schnell wie möglich Regelungen treffen, die es den Betroffenen ermöglichten, zu Besuchszwecken nach Deutschland einzureisen. Der geforderte Stufenplan solle dann in einem ersten Schritt insbesondere allen Bewohnern der Grenzregionen wieder den Übertritt ins Nachbarland erlauben. „Die unkoordinierten Grenzschließungen haben Partnerschaften und Familien auseinandergerissen und tun dies zum Teil noch immer“, sagte der europapolitische Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, Florian Siekmann, den Zeitungen.

Bartsch: Coronakrise nicht mit DDR-Zusammenbruch vergleichbar

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hält zuweilen gezogene Vergleiche zwischen der Coronakrise und dem Zusammenbruch der DDR für unangebracht. „Der Zusammenbruch der DDR und die Corona-Pandemie sind unvergleichbar“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „1989 war eine Riesenveränderung für alle Ostdeutschen.“ In Westdeutschland sei aber im Kern alles gleich geblieben. „Außerdem trifft die Corona-Pandemie die gesamte Welt. Und schließlich bedeutete 1989/90 auch Aufbruch.“ Einen solchen Aufbruch werde es nicht geben. Die Feststellung des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), die Ostdeutschen seien auf die jetzige Situation besser vorbereitet, auch weil sie es aus DDR-Zeiten gewohnt seien, sich an staatliche Direktiven zu halten, kommentierte Bartsch mit den Worten: „Ich teile diese Einschätzung ausdrücklich nicht. Viele Ostdeutsche wurden erst nach 1989 oder in den Jahren davor geboren, viele leben längst im Westen.“ Man solle nicht versuchen, problematische Images anzuwenden. „Solche Parallelen sind unangebracht und verstellen den Blick auf die aktuellen Herausforderungen. Wir sollten sie nicht ziehen“, sagte der Linksfraktionschef.

Bartsch lehnt einen von der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise geplanten Immunitätsausweis ab. „Ich finde einen Immunitätsausweis, der womöglich reguliert, wer raus darf und wer nicht, völlig falsch“, sagte er dem „RND“ weiter. Das sprenge einen Rahmen. „Ich will keinen Überwachungsstaat“, so Bartsch. Er fügte mit Blick auf die Einschränkung von Freiheitsrechten hinzu: „Wir müssen immer wieder laut aussprechen, dass es solche gewaltigen Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte noch nie gegeben hat und alles getan werden muss, damit diese Einschränkungen so schnell, wie es gesundheitspolitisch möglich ist, aufgehoben werden.“ Bei manch einem Minister habe er aber das Gefühl, dass er mit mehr autoritärem Agieren ganz gut leben könnte. „Da werden wir nachdrücklich gegen halten, hier übrigens gemeinsam mit FDP und Grünen“, so der Linksfraktionschef. Die Bundesregierung plant, einen Corona-Immunitätsausweis einzuführen, der ähnlich wie der Impfpass nachweisen könnte, dass eine Covid-19-Erkrankung überstanden ist. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde. Voraussetzung für die Einführung eines solchen Dokuments sei jedoch, dass wissenschaftliche Beweise dafür vorlägen, dass sich Menschen nach einer Corona-Erkrankung nicht wieder anstecken können, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dazu der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Diese habe man bislang noch nicht. Bei dem Gesetz handele es sich deshalb um eine „vorsorgliche Regelung“. +++