Unter dem Vorsitz von Helge Mühr (FDP) tagte gestern erstmals der neue Ausschuss „Digitalisierung, Wirtschaft und Verkehr“. In seiner Eröffnungsrede wies Mühr auf den zukunftsweisenden Auftrag des Ausschusses hin, zugleich jedoch auch auf das Spannungsfeld, in dem sich ihre Arbeit abspielen wird. Das Tempo der digitalen Entwicklung mit ihrem Einfluss auf Wirtschaft und Verkehr und natürlich auch auf die kommunale Verwaltung sei atemraubend. „Was sich in rasender Geschwindigkeit entwickelt und verändert, wird oft aber nur langsam reflektiert.“ In diesem Auseinanderklaffen liege der Sprengstoff.
Einerseits müsse man mit der Kritik jener rechnen, die das überkommene Organisations- und Verwaltungsmodell vehement verteidigen werden. Zum anderen würden die Ideen, Pläne und Beschlüsse manchem digitalen Enthusiasten nicht weit genug gehen. „Für mich stehen die einen dem Museum näher als dem Markt und die anderen stehen mit beiden Beinen fest in der Luft“, befand Mühr, diplomierter Informatiker und IT-Projektleiter bei einer hessischen Landesbehörde, launig. Digitalisierung sei eine Querschnittaufgabe, die heute alle Verantwortungsbereiche einer jeden Stadt einschließe: die Verwaltungen, Ämter, Schulen, Institutionen, Verbände, die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Bürgerservice, ebenso die Wirtschaft und den Verkehr. Daher brauche es eine digitale Agenda, ein ganzheitliches Konzept und eine umfassende Strategie dafür, wie Fulda künftig moderner, sinnvoller, effizienter und effektiver, bürgernäher, sozialer und nachhaltiger gemanagt werden kann.
In der Wirtschaft, gerade beim Einzelhandel, der mit am schwersten von den Corona-Maßnahmen betroffenen Branche, weil Geschäfte lange schließen mussten und Verbraucher zunehmend online shoppen gingen, habe eine digitale Einkaufskultur erheblich an Zuspruch gewonnen. Einige Händler hätten aus ihrem klassischen Ladengeschäft bereits einen hybriden Betrieb mit zwei Standbeinen – offline und online – gemacht. Mit Digitalisierung könnten zudem Kundenkommunikation, Buchhaltung, Terminbuchungen und viele andere Prozesse optimiert werden. Nun sei es Aufgabe dieses Ausschusses, die lokale Wirtschaft wiederzubeleben und die Kaufkraft in die Innenstadt zurück zu holen. „Was können wir außer Unterstützung bei der digitalen Präsenz tun, damit sich der stationäre Handel ein Stück weit neu erfindet? Und dabei ein neues Einkaufserlebnis bietet?“ Man müsse beispielsweise über die Rahmenbedingungen für ein neues innerstädtisches Einkaufsambiente mit neuen Kultur- und Erlebnisangeboten nachdenken – eingeschlossen die von Corona gebeutelte Gastronomie. Die Vision von OB Heiko Wingenfeld (CDU), von einer neuen Durchmischung des Stadtbildes, das neben Ladengeschäften einen Nutzungsmix aus Büros, Hotel und Wohnen vorsieht, erwähnt der Freie Demokrat anerkennend.
Beim Verkehr sieht Helge Mühr in einer vernetzten Mobilität und Infrastruktur einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Zudem würde sich die Effizienz der Verkehrsmittel durch Informationsaustausch spürbar erhöhen. Zum Beispiel, durch die Vernetzung der einzelnen Verkehrsoptionen wie Carsharing, Fahrrad-Verleihsystem, Bus, Bahn oder eine Mitfahrgelegenheit von Privatpersonen für Privatpersonen. So könnte man je nach Verkehrsaufkommen oder Verspätungen beim Öffentlichen Personennahverkehr flexibel reagieren und auf andere Routen und Verkehrsmittel ausweichen. Das gelte gleichermaßen für Autofahrer bei Staugefahr. Auch schaffe Vernetzung mehr Verkehrssicherheit. Mit einer derartigen Fulda-Verkehrs-App wäre ebenso ein effizientes Parkraum-Management möglich. Das spare Nutzern eine Menge Zeit und der Stadt jeden Tag schädliche Umweltbelastungen. „Fulda neu denken“, schloss Mühr seine Eröffnungsrede, „was gibt es Spannenderes?“ +++ pm