AOK fordert mehr Einlagerung von Medikamenten

In Frankreich sind die Regeln strenger

Die Pflicht zur Lagerhaltung sollte auf weitere wichtige Arzneimittel ausgeweitet werden, fordert die AOK. Bisher gilt nur für patentfreie sogenannte Generika, für die zwischen Krankenkassen und Pharmafirma ein Rabattvertrag besteht, eine sechsmonatige Bevorratungspflicht.

Antibiotikasäfte für Kinder, aber auch Arzneimittel gegen Krebs, die den Wirkstoff Tamoxifen enthalten, fallen nicht unter die Regelung. „Das ist ein offensichtlicher Systemfehler, der dringend abgestellt werden muss“, sagte Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, die in der AOK-Gemeinschaft für die Verhandlungen der Generika-Rabattverträge zuständig ist, dem „Spiegel“. Sowohl bei den Antibiotikasäften als auch bei den Krebs-Medikamenten gibt es Lieferengpässe. „Wir brauchen für alle versorgungsrelevanten Arzneimittel eine entsprechende Mindestlagerhaltung, unabhängig von Rabattverträgen“, sagte Bauernfeind.

Ob eine Pflicht zur Lagerhaltung überhaupt etwas bringt, ist allerdings umstritten. Statt Produktionsanreize zu schaffen, entstünden unter anderem zusätzliche Kosten, befürchten Kritiker. Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Lagerpflicht seien seitens des Gesetzgebers nicht vorgesehen, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium.

In Frankreich sind die Regeln strenger: Die dortige Behörde für Arzneimittelsicherheit ANSM verhängte im September Strafzahlungen in Höhe von insgesamt knapp acht Millionen Euro gegen elf Pharmaunternehmen. Der Grund: Sie konnten nur unzureichende Lagerbestände vorweisen. In Deutschland konnte die Verpflichtung zur Lagerhaltung, die hierzulande seit Ende Juli 2023 gilt, die Situation rund um Lieferengpässe bisher nicht entscheidend entschärfen. Das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führt derzeit 737 gemeldete Engpässe, im Vorjahr waren es 1.017.

Erklärt das Bundesgesundheitsministerium einen „Versorgungsmangel“, dürfen Medikamente vereinfacht aus dem Ausland importiert werden. Dies gilt derzeit etwa für Tamoxifen, für Kochsalzlösung oder für Impfstoffe gegen das RS-Virus, einen Erreger akuter Atemwegsinfektionen, mit dem sich insbesondere Säuglinge und Kleinkinder anstecken. +++

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