Anschlag von Mannheim: Steinmeier fürchtet Gewöhnung an Gewalt

Ermittler gehen verdächtigem Chat nach

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einem Gedenken für den getöteten Polizeibeamten in Mannheim vor einer Gewöhnung an Gewalttaten gewarnt. „Genau eine Woche ist es her, dass Polizeihauptkommissar Rouven Laur in dieser Stadt – unter Einsatz von Leib und Leben – alles getan hat, um andere Menschen vor dem Attentäter zu beschützen“, sagte Steinmeier am Freitag. „Unser Land wird ihn nicht vergessen. Wir werden ihn nicht vergessen.“

Der Täter habe „mit offenbar politischem, mutmaßlich islamistischem Hintergrund, einen blutigen Terrorakt begangen“. Auch an anderen Orten des Landes habe man in den vergangenen Wochen und Monaten weitere Akte politisch motivierter Gewalt erlebt. „Angriffe auf Bürgermeister; Angriffe auf Minister und Abgeordnete; Angriffe auf Menschen, die sich ehrenamtlich für unser Gemeinwesen engagieren“, zählte der Bundespräsident auf. „Wir, die Demokratinnen und Demokraten dieses Landes, dürfen und werden uns an Gewalt in der politischen Auseinandersetzung niemals gewöhnen. Wir sagen – und sagen gerade heute und hier in Mannheim: Diese Gewalt muss aufhören.“ Die Demokratie lebe von der freien und offenen Debatte, vom respektvollen und vernünftigen Streit der Argumente. „Und das heißt: Die demokratische Auseinandersetzung endet dort, wo zur Gewalt gegriffen wird“, sagte er. „Es ist die Aufgabe des demokratischen Staates, das Gewaltverbot in der politischen Debatte durchzusetzen. Und es ist unsere Aufgabe von uns allen, der Verrohung unserer Umgangsformen entgegenzutreten.“ Gewalt zerstörte Freiheit und Demokratie, so der Bundespräsident. „Wir müssen Gewalt ächten, von wem auch immer sie ausgeht und gegen wen auch immer sie sich richtet.“ Steinmeier dankte den Polizisten für Ihren Einsatz und allen Bürgern, die im Alltag Zivilcourage beweisen. „Hier in Mannheim war es vor einer Woche auch ein Passant, der mithalf, weitere Opfer zu verhindern, als er sich dem Angreifer mutig entgegenwarf und dabei selbst verletzt wurde. Jemand der selbst Zuflucht in unserem Land gesucht hat“, sagte das Staatsoberhaupt. „Und dieser mutige Mann hat gesagt, dass er noch tausendmal so handeln würde. Auch er ist ein Vorbild, auch ihm gebührt Dank.“

Ermittler gehen verdächtigem Chat nach

Nach dem tödlichen Anschlag von Mannheim sind die Ermittler auf eine verdächtige Audiodatei gestoßen. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge konnten Techniker des Landeskriminalamts Baden-Württemberg auf dem Handy des Täters einen Telegram-Chat rekonstruieren, der eigentlich gelöscht zu sein schien. Bei der unmittelbar vor der Tat verschickten Botschaft könnte es sich um eine „islamistische Motivationsnachricht“ handeln, heißt es in Sicherheitskreisen. Bislang ist unklar, mit wem der Täter kurz vor der Bluttat noch kommuniziert hat und ob er Mitwisser hatte. Der Afghane, der 2013 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland floh, hatte in der vergangenen Woche einen Wahlkampfstand der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung Pax Europa“ angegriffen und mehrere Menschen mit einem Messer verletzt, darunter den Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger. Einen Polizisten, der einschritt, tötete er durch Stiche in Kopf und Nacken. Der Generalbundesanwalt hat den Fall übernommen. Die Ermittler gehen von einem islamistischen Motiv aus. +++

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